Stimmen zum Skandal um Christian Stangl

Christoph Hainz: "Fall Stangl ist nur die Spitze des Eisberges"

Christian Stangl hatte behauptet, am 12. August am Gipfel des K2 gewesen zu sein. Am 07. September dann das Geständnis: Auf einer Pressekonferenz gab der "Skyrunner" zu, den höchsten Punkt des K2 nicht erreicht zu haben. Inzwischen zweifeln viele auch an Stangls auf der Pressekonferenz verbreiteten Version. Wir haben Stimmen zu Stangls K2-Schwindel gesammelt. Lesen Sie, was Alexander Huber, Stephan Siegrist, Uli Steck, Reinhold Messner und Co zu sagen haben...

Christoph Hainz: "Fall Stangl ist nur die Spitze des Eisberges"

Christoph Hainz gegenüber ALPIN:

Beim Fall Stangl sieht man wieder mal, wie klein wir "großen" Bergsteiger sind.

Der Fall Stangl ist nur die Spitze eines Eisberges und stellt für mich mehrere Spitzenleistungen im Himalaya-Bergsteigen in Frage! Schwarzer Tag, was die Glaubwürdigkeit des Höhenbergsteigens angeht!

Dass die Koreanerin.... auch "nur" auf 13 8.000ern war, rückt das Ganze auch nicht grad in ein besseres Licht! Wieder mal eine Bestätigung des Sprichwortes "Ehrlich währt am längsten" - auch wenn schon mal der eine oder andere Sponsor abspringen könnte!!!

Falls Stangl weiterhin solche Besteigungen vor hat (und das nehme ich wohl an!), wird er wohl peinlichst genau alles dokumentieren müssen! Wünsche ihm weiterhin viel Erfolg.

Weitere Meldungen zu Christoph Hainz auf alpin.de:

Alexander Huber gegenüber ALPIN:

Was der Stangl tun sollte? Vor allem sollte er nicht mit der nächsten ,G´schicht‘ daherkommen. Der Stangl und Halluzinationen auf 7400 Meter? So viel Mist auf einmal hat doch noch nie einer verzapft …

Weitere Meldungen zu Alexander Huber auf alpin.de:

Mehr Stimmen (u.a. Kammerlander, Papert) zum Stangl-Skandal finden Sie in ALPIN 11/10 (ab 13.10. am Kiosk).

Stephan Siegrist gegenüber ALPIN:

Eine unglaubliche Geschichte.

Was Christian Stangl mit "Erfolgsdruck" meint, kann ich nachvollziehen. Immer mehr geht es im Alpinismus um "noch schneller", denn höher geht ja nicht mehr. Dass es nach wie vor viele wunderschöne schwere Berge und technisch anspruchsvolle Wände auf unserer Welt gibt, wird teilweise vergessen. Diese lassen sich natürlich auch - da meist der breiten Öffentlichkeit unbekannt - nicht so gut vermarkten.

Es gibt heutzutage viele verschiedene Spielformen im Alpinismus. Jede hat ihren Platz. Das wichtigste ist, dass immer alles kommuniziert wird. Doch es werden viele Lügen und Halbwahrheiten erzählt. Das hat im Alpinismus keinen Platz. Dass es auch mit Ehrlichkeit geht, zeigen ja einige auf internationaler Ebene.

Ich denke, nun spürt Christian langsam, was er für einen "Schmarren" gemacht hat und das ist auch nicht zu entschuldigen. Im Gegensatz zu einigen anderen hat er sich aber zumindest (wenn auch unter Duck) zu seiner Lüge bekannt. Und das muss man ihm anrechnen. Weitere Meldungen zu Stephan Siegrist auf alpin.de:

Luis Stitzinger gegenüber ALPIN:

Der "Fall Stangl" hat mich vor allem deswegen irritiert, da ich mir immer wieder die Frage stellen musste, aus welcher Notwendigkeit heraus dies denn nun geschehen musste? Christian Stangl hat so viel erreicht und ist weiß Gott kein "Nobody" mehr, der sich durch eine K2-Besteigung ins Rampenlicht hätte stellen müssen bzw. "können" - nach seinen ganzen Speed-Begehungen war diese Besteigung im "Otto-Normal-Stil" doch eher eine Sache, die hinter seinen anderen Leistungen zurücksteht und der von Seiten der Medien und Öffentlichkeit her geringere Beachtung geschenkt worden wäre - wäre sie nicht irgendwann Teil einer neuen "Kollektion" geworden.

Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn man nach wochenlangem Herumsitzen am schuttbedeckten Konkordiaplatz nur noch nach Hause möchte und nach x-fachen Versuchen unter zumeist gefährlichen Bedingungen nicht noch einmal dasselbe durchleben will. Aber wer zwingt einen denn, überhaupt wieder dorthin zu gehen? Lässt sich bergsportliche Leistung denn heute der breiten Öffentlichkeit tatsächlich nur noch durch abstruse Sammlungen vermitteln? In diesem Fall fehlt dann natürlich ein Abziehbuidl im Panini-Album der 14 ganz Großen oder der "Seven Summits" oder "Seven Second Summits" oder was es da noch so alles gibt.

Derartige Vorfälle hat es aber im (Höhen-)Bergsteigen immer schon gegeben, insofern wäre es übertrieben nun plötzlich eine Krise im modernen Höhenbergsteigen zu proklamieren. Da gibt es schon seit langem schwelende Konfliktpotentiale mit viel höherer Brisanz für den Sport (Verwendung von Sauerstoff, Ethikfrage bei Unfällen/Todesfällen, etc.). Natürlich ist der Druck der Öffentlichkeit (oder der, den man sich selbst ihretwegen macht) sehr hoch, ein Erfolg wird schon beinahe zwangsläufig erwartet, gerade von einem "Profi".

Insofern glaube ich schon, dass eine zunehmende Professionalisierung im Bergsport auch vermehrt zu solchen Dingen führen wird. Grundsätzlich gilt aber damals wie heute dasselbe: Bei allem, was ich tue oder sage, muss ich mir auch in Zukunft noch beim Zähneputzen im Spiegel in die Augen schauen können.

Weitere Artikel zu Luis Stitzinger auf alpin.de:

Ueli Steck gegenüber ALPIN:

"Heutzutage geht es sehr viel um Prestige. Hauptsache Gipfel. Der Everest! Von Firmen wird das auch ganz bewusst gefördert. Hauptsache die haben eine gute Story. Wichtig ist, dass man Fotos hat, Filmaufnahmen. Ob eine Route geklettert ist oder nicht, scheint egal zu sein, hauptsache ein gutes Bild. Es ist ja auch nicht gelogen, wenn man nicht aktiv kommuniziert, dass der Kletterer auf dem Bild die Route nicht Rotpunkt oder frei geklettert hat. Aber eben doch nicht ganz ehrlich!

Irgendwelche Abenteuerreisen werden als Extremtour verkauft. Solche Touren werden dann in der Öffentlichkeit mit den schweren Expeditionen verglichen. Meist kriegt dieser "Fotoshootingalpinismus" noch mehr Aufmerksamkeit, rein aus dem Grund weil man das Ganze sehr schön illustrieren kann! Otto Normalverbraucher kann das nicht unterscheiden und wird so bewusst zum Narren gehalten. Für mich kreiert das eine gewisse Verfälschung des Alpinismus.

Ich finde es einfach schade, langsam wird der Mythos Bergsteigen zerstört. Es geht um das persönliche Erlebnis, um die Eindrücke. Nicht um Prestige, Geld, Sponsoren und gute, spektakuläre Bilder! Chris hat sich aus meiner Sicht zu sehr unter Druck setzen lassen. Ich kann das gut nachvollziehen. Aber ich finde es sehr stark, dass er seinen Fehler zugegeben hat. Das können nicht viele! Es gibt etliche solcher Storys seit Beginn des Alpinismus' und es wird weitere geben." Weitere Artikel zu Ueli Steck auf alpin.de:

Pressefoto: Gerfried Göschl im Aufstieg auf den Broad Peak. Bild: www.gerfriedgoeschl.at.
Pressefoto: Gerfried Göschl im Aufstieg auf den Broad Peak. Bild: www.gerfriedgoeschl.at.

"Christian mag unter hohem Leistungsdruck gestanden und deshalb in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen sein, das mit dem Koma und der Trance ist aber absoluter Schwachsinn, er hat sicher immer gewusst, dass er nicht am Gipfel war. In der Bergbranche gilt es als ungeschriebenes Gesetz ehrlich von Erfolgen, aber auch von Niederlagen zu berichten. Er hat nicht nur sich, sondern der ganzen professionellen Alpinszene einen großen Schaden zugefügt."

Gegenüber ALPIN äußerte sich Göschl später folgendermaßen:

"Im ersten Moment war ich sehr verärgert, derartige Aktionen haben im Bergsport nichts verloren und ich distanziere mich ganz klar davon. Über die derartige Hetzjagd mancher Menschen hier in Österreich war ich aber betroffen und ich finde es reicht jetzt.

Nachdem sich allmählich die Wogen glätten soll man zwei Dinge nicht vergessen: Es gibt den Menschen Christian Stangl, der sympatisch ist und den starken Alpinisten Christian Stangl. Ich wünsche mir für ihn und auch den Rest der Alpinszene, dass jetzt Ruhe einkehrt, positive Themen im Vordergrund stehen und er wieder in Ruhe auf einem hohen Level durchstarten kann."

Bild: Dirk von Nayhauß.
Bild: Dirk von Nayhauß.

"Christian Stangl könnte schon Halluzinationen gehabt haben, ich will ihn aber nicht in Schutz nehmen. Einen Gipfelsieg vorzutäuschen ist sehr unhöflich. So einen Blödsinn zu verzapfen, wäre uns nie eingefallen.

Wir haben immer geschaut, dass wir ein Gipfelfoto vom Berg mitnehmen. Sachen, wie eingeschlagene Haken am Gipfel dienen etwa als Beweis." ( Ein Interview mit Peter Habeler aus dem Jahr 2008 finden Sie hier )

"Mit dem Namen Stangl ist nun Täuschung verbunden. Es ist ungeschickt und traurig, dass jemand zu solchen Mitteln greift. Er hat sich eingebildet, er hat auf dem K2 die Chance auf eine Sensation. Irgendwie tut er mir leid, weil er Opfer seines Erfolgsdrucks ist."

OÖN: "Wie glaubwürdig ist Stangls Aussage, er sei in einem tranceähnlichen Zustand gewesen, und habe angenommen, er sei auf dem Gipfel gestanden?"

Koblmüller: "Ein Stangl ist in diesen Höhen voll zurechnungsfähig. Er hat oft bewiesen, dass er zu phänomenalen körperlichen Leistungen fähig ist."

Ebenso gegenüber den den OÖNachrichten sagte Gerlinde Kaltenbrunner: "Ich kenne ihn persönlich, sein Verhalten ist mir unerklärlich." Dass Stangl seinen Gipfelsieg vorgetäuscht hat, "schadet dem Alpinismus und der Profi-Alpinszene".

Kurier.at: "Herr Messner, wie kann man sich einbilden, am Gipfel zu stehen und in Wahrheit 1000 Meter darunter zu sein?"

Reinhold Messner: "Das dürfen Sie nur den Herrn Stangl fragen. Bis vor kurzem habe ich auch daran geglaubt, dass er den Gipfel erreicht hat, und diese Leistung war die erste, die mich an seinen Touren bisher beeindruckt hat. Noch vergangene Woche habe ich betont, dass dies eine gute bergsteigerische Leistung war. Ich habe immer angenommen, wenn jemand sagt, dass er oben war, dann war er auch oben. Ich persönlich behaupte das nur, wenn ich mir zu 100 Prozent sicher bin.

Aber Herrn Stangl haben Bergsteiger bis jetzt nicht so ernst genommen, er ist nicht wichtig für die Alpingeschichte. Er ist Skyrunner, sicher einer der Besten, aber sein Sport hat nichts mit Bergsteigen zu tun. Ich bin gespannt, wie er sich nun verhält, mit welchen Ausreden er kommt. "

Für eine Fotogalerie zu Reinhold Messner klicken Sie auf das Bild oder auf diesen Link. Kurier.at: "Könnte das was mit dem Höhenrausch bzw. im Zuge dessen verzerrten Wahrnehmungen zu tun haben? Stangl sagte ja wörtlich: "Beim letzten Versuch (der Gipfelbesteigung, Anm.) erreichte ich einen tranceartigen Bewusstseinszustand, an dem ich der Überzeugung war, auf dem höchsten Punkt zu stehen."

Reinhold Messner: "Es kann schon sein, dass man eine verzerrte Wahrnehmung bekommt, aber eher beim Abstieg. Da muss er schon absolut überfordert gewesen sein, wenn er nicht weiß, ob er am Gipfel ist oder nicht. Ausgeschlossen ist es aber nicht. Die Schulter am K2 ist flach."

"Wer hoch steigt, fällt tief. Eine Redewendung, die sich Christian Stangl nach seiner K2-Gipfel-Lüge selbst zuzuschreiben hat. Dass der steirische Skyrunner seinen moralischen Fehltritt mit einer Bewusstseinsveränderung, ausgelöst durch Furcht vor dem Versagen, erklärt, wird die Häme wie Steinschlag auf ihn niederprasseln lassen.

Warum ist es so weit gekommen? Stangl hat sich für einen Weg entschieden, auf dem die Luft nicht nur wegen der extremen Höhe dünn ist. Er hat seinen Sport zum Beruf gemacht. Er muss davon leben, von Sponsoren, von Vorträgen. Die Sponsoren wollen ihre Firmenlogos in Medien sehen. Die Medien wollen eine Geschichte. Und die muss immer wieder neu sein - wie die vom 13-Jährigen, der als jüngster Mensch auf dem Everest stand; wie die vom Wettlauf, wer als erste Frau alle 14 Achttausender besteigt; wie die vom Skyrunner, der so außergewöhnlich ist, dass er innerhalb eines Tages auf den höchsten Gipfel der Welt und wieder zurück ins Basislager läuft.

In diesen Bereichen existiert keine "In die Berg bin i gern"-Naturseligkeit. Da wollen Erwartungen erfüllt werden. Ein Scheitern verkauft sich auf Dauer nicht. Wer diesen Weg einmal eingeschlagen hat, muss mit dem Druck fertig werden."

Fühlte sich unter Druck: Christian Stangl. Bild: apa.
Fühlte sich unter Druck: Christian Stangl. Bild: apa.

"Sie erzählen, dass Versagensängste sie in einen tranceartigen Zustand versetzt hätten, der sie glauben ließ, am Gipfel des K2 zu stehen?"

Stangl: "Das ist die Sache, die ich in den nächsten Wochen und Monaten mit mir ausmachen muss."

"Die Angst vor Steinschlag ist leicht nachvollziehbar, die Angst vor dem Versagen aber nicht."

Stangl: "Ich war 15 Jahre lang in einem Büro als Elektrotechniker. Ich hatte einen mittelmäßigen Job und habe darin mittelmäßig abgeschnitten. Aber im Speedbergsteigen habe ich ein Gebiet gefunden, in dem ich erfolgreich war. Jahrelang ging es bergauf: Erfolg, Vorträge - so etwas taugt dir. Ich bin da richtig in etwas hineingerutscht. Und jetzt sehe ich, dass Bergsteigen eben auch nicht alles ist im Leben, dass es nicht immer nur bergauf geht. Wenn du dir ein Projekt in den Kopf setzt, jahrelang dafür kämpfst und immer am selben Punkt scheiterst dann gibt es so etwas wie ein Burnout. Du kommst drauf, Bergsteigen ist nur eine Facette des Lebens. Stehst du auf der Bühne und bekommst Applaus, dann ist das super. Dann kommt die Angst, plötzlich kann das wegbrechen."

"Warum kam diesmal die Angst? Sie hatten davor ja bereits sieben Anläufe auf den Gipfel des K2 abbrechen müssen."

Stangl: "Dass man am K2 zwei, drei Versuche braucht, ist Durchschnitt. Mir ist vorgekommen, es kann doch nicht sein, dass ich bei aller Trainiertheit und bester Höhenverträglichkeit nicht hinauf komme."

"Also war Ihre Geduld am Ende?"

Stangl: "Es war der Druck, endlich ein Stückerl weiter zu kommen."

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