Streit um "Nanga Parbat"

Klaus Herrligkoffer: "Schwere Ehrverletzung eines Toten"

Wenige Tage nach dem Kinostart von "Nanga Parbat" gibt es Zoff um den Streifen. Klaus Herrligkoffer, Sohn des Expeditionsleiters von 1970, spricht von "schwerer Ehrverletzung eines Toten". Und auch andere, wie Bergfotograf Jürgen Winkler oder Manfred Sturm, sehen vieles ganz anders, als in dem Vilsmaier-Film dargestellt…

Klaus Herrligkoffer: "Schwere Ehrverletzung eines Toten"

Bei einer Veranstaltung im Saal des Alpinen Museums in München kam es während der Diskussion zwischen dem Ex-Expeditions-Teilnehmer Max von Kienlin und dem Filmemacher Joseph Vilsmaier zu wechselseitigen Anschuldigungen. Von Kienlins Vorwurf an die Adresse der "Nanga Parbat"-Macher: "Der Film verfälscht, fügt hinzu, was nicht geschehen ist und lässt weg, was geschehen ist." Vilsmair konterte unter der Gürtellinie: "Der Reinhold Messner soll Ihnen doch die Frau ausgespannt haben, vielleicht sind sie ja deshalb sauer auf ihn." DAV-Präsident Heinz Röhle hatte zu Anfang der Veranstaltung - scheinbar vergeblich - um eine "moderate" Diskussion gebeten.

Informativer war eine Diskussionsveranstaltung am Freitag, 15. Januar im Presseclub in München. Neben den ehemaligen Expeditionsteilnehmern Gerhard Baur, Jürgen Winkler, Max von Kienlin und Günther Kroh waren viele Bergsteiger anwesend, wie der erste Deutsche, der ohne künstlichen Sauerstoff am Mount Everest stand, der Waakirchner Hans Engl. Gerhard Baur hatte seine Haltung bereits in einem Interview mit Spiegel online deutlich gemacht : "Das ist eine konstruierte Geschichte, das ist nicht die Wahrheitl Der Film kommt als Spielfilm daher, erhebt aber den Anspruch, dokumentarisch zu sein. Was die Zuschauer sehen, entspricht in wesentlichen Punkten nicht den Fakten."

Sieht die Ehre seines Vater verletzt: Klaus Herrligkoffer. Bild: dpa.
Sieht die Ehre seines Vater verletzt: Klaus Herrligkoffer. Bild: dpa.

Herrligkoffer sieht Verunglimpfung seines Vaters

Auf dem Podium auch Dr. Klaus Herrligkoffer, Sohn des im Film stark überzeichneten Expeditionsleiters von 1970: "Ich kann in der von Karl Markowicz dargestellten Figur nicht meinen Vater erkennen. Was erzähle ich meinen Kindern, wenn dieser Film einmal im Nachmittagsprogramm ausgestrahlt wird?"

Klaus Maria Herrligkoffer wird in dem Film als in den Ideen der 1930er Jahre stecken gebliebener Deutscher gezeichnet, der Werte wie Befehl und Gehorsam und Ideale wie Blut und Boden hochhält. Sein Sohn dazu: "Ich empfinde die Darstellung meines Vaters als Schmähung und Verunglimpfung. Das ist schwere Ehrverletzung eines Toten. Ich fordere, dass die Senator-Film im Vorspann des Films darauf hinweist, dass einige Figuren aus dramaturgischen Gründen stark überzeichnet wurden und dass die Film-Firma dies bedauert." Unterstützung erfährt Herrligkoffer durch Gerhard Baur auf spiegel.de: "Bis zur bösen Karikatur überzeichnet ist die Figur unseres Expeditionsleiters Karl-Maria Herrligkoffer. Der erscheint hauptsächlich als alter Tyrann. Ich habe ihn völlig anders erlebt, und ich finde diese Darstellung einfach unseriös." Zur Diskussion um die Tragödie am Nanga Parbat in der alpin-Community Besonders empört zeigten sich die Teilnehmer von 1970 über die Darstellung der inzwischen verstorbenen Bergsteiger Felix Kuen und Peter Scholz. Im Film sieht man, wie die beiden den Gipfel nach Günter und Reinhold Messner erreichen. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits klar, dass die Messner-Brüder vermutlich nicht heil zurückkommen werden, wahrscheinlich sogar tot sind. Wie finden Sie den Film? Vergeben Sie eine Schulnote... Die Darstellung dieser Szene suggeriert, dass sich Kuen und Scholz über einen möglichen Tod der Brüder gefreut hätten: "Wir sind die Gipfelsieger", stoßen die beiden erregt aus. Bergfotograf Jürgen Winkler ist darüber außer sich: "Das ist eine solche Frechheit. Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass sie das nicht gesagt haben."

Hatten einiges zu sagen: Manfred Sturm, Bergsteiger und Stiftungsvorstand der Herrligkoffer-Stiftung, Klaus Herrligkoffer, Sohn des Bergsteigers und Expeditionsführers Herrligkoffer, und der Bergsteiger und Expeditionsteilnehmer Gerhard Baur. Foto: dpa.
Hatten einiges zu sagen: Manfred Sturm, Bergsteiger und Stiftungsvorstand der Herrligkoffer-Stiftung, Klaus Herrligkoffer, Sohn des Bergsteigers und Expeditionsführers Herrligkoffer, und der Bergsteiger und Expeditionsteilnehmer Gerhard Baur. Foto: dpa.

Gerade gegenüber den inzwischen Verstorbenen Karl Maria Herrligkoffer, Peter Scholz und Felix Kuen, habe der Film eine besondere Verantwortung, sagte Manfred Sturm, Vorsitzender der Herrligkoffer-Stiftung. Denn für den normalen in der alpinen Historien nicht bewanderten Kinobesucher wirkt der Film wie eine Dokumentation: "Es geht um die Ehrenrettung von Herrligkoffer, Kuen und Scholz, die alle nicht mehr leben und sich nicht mehr wehren können. Dr. Herrligkoffer war bestimmt kein einfacher Mensch, aber er hatte wenig gemein mit dem im Film gezeigten Autokraten. Die allermeisten Teilnehmer seiner 25 Expeditionen zwischen 1953 und 1989 schätzten ihn als fairen Expeditionsleiter, der zahlreichen jungen Menschen die Möglichkeit bot, ihr Können an den großen Bergen der Welt zu zeigen. Auch Reinhold erhielt und nutzte diese Chance."

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