Der "Skyrunner" auf dem Weg nach Hause: "Ich hatte gar keine Freude am Gipfel"

Christian Stangl am Gipfel des K2 und am Ziel seiner Träume

2008 hatte er es versucht. Und kam bis auf 8.100 Meter. 2009 ein weiterer Versuch. Wieder das Scheitern. Dieses Mal auf 8.300 Metern. 2010 versuchte er es wieder. Und kehrte zwei Mal um. Aber der "Skyrunner" gab nicht auf und wagte einen weiteren Versuch. Am 12. August um 10:00 Uhr war es endlich soweit: Christian Stangl erreichte als erster Bergsteiger seit über zwei Jahren den Gipfel des K2 (8611 m).

Christian Stangl am Gipfel des K2 und am Ziel seiner Träume
Das Gipfelfoto: Christian Stangl am höchsten Punkt des K2. Bild: Archiv Stangl.
Das Gipfelfoto: Christian Stangl am höchsten Punkt des K2. Bild: Archiv Stangl.

Per Satelliten-Telefon meldete sich Christian Stangl nach seiner Rückkunft im Basislager des K2 bei seinem Sprecher Willi Pichler und gab zu Protokoll:

"Ein Wahnsinn, ich bin fertig - versuche jetzt einzuschlafen, alles tut mir weh! Wenn Bergsteigen immer so wäre wie die letzten 70 Stunden hier am K2 würde ich sofort damit aufhören. Den Gipfelsieg widme ich Charly Gabl - so eine präzise Wettervorhersage zu treffen ist einfach genial! Wenn das Vertrauen in Charly nicht dagewesen wäre - ich wäre nicht aufgebrochen.

Für eine Fotogalerie zu Christian Stangl klicken Sie auf diesen Link. Ich bin am Dienstag um 17 Uhr (Ortszeit) vom Basislager alleine losgestartet, die ganze Nacht über die Abruzzi-Route auf 7.300 Meter hinauf in mein Lager III. Es hat die ganze Zeit geschneit und ich hatte Steinschlag wie bei den beiden Versuchen zuvor schon. Oben im Lager III Rast und dann hat sich das von Charly prognostizierte Wetterfenster aufgetan. Ich wusste, ich habe jetzt nur wenige Stunden Zeit!"

"Ich glaubte schon ich bin deppert"

Am Donnerstag, 10:00 Uhr, steht Stangl dann endlich am Gipfel: "Die Sicht war nicht besonders gut, aber brauchbar. Ich hatte gar keine Freude am Gipfel - es war komisch. Wahrscheinlich realisiere ich das erst in ein paar Tagen! Der Berg ist so saugefährlich! Technisch nicht so schwierig, nicht der höchste aber mit Sicherheit der gefährlichste Berg den ich je versucht oder geschafft habe!

Christian hat sich auch nur kurz am Gipfel aufgehalten und ist dann gleich wieder abgestiegen Richtung Lager III: "Donnerstag um 17 Uhr bin ich dann wieder über den Abruzzengrad abgestiegen. In der der Nacht habe ich mich via GPS orientiert - bin dann eine zeitlang von der Originalroute abgewichen, weil die Seile so durchtränkt waren und ein Abseilen nicht möglich war.

Um Mitternacht habe ich mich dann unter einem Felsvorsprung in Schutz gebracht und bin dann eingeschlafen. Bei Tagesanbruch um ca. 04:00 Uhr bin ich dann aufgewacht. Du musst mir das jetzt glauben: Ein Tier - ähnlich wie eine Katze ist mir gegenüber gestanden... Im Basislager haben Sie mir gesagt, dass das ein Schneeleopard gewesen sein könnte, ich glaubte schon ich bin deppert. Auf 5.600 Meter - aber es ist bis dort oben auch eine apere Rinne hinauf...

Abschließend: "Ich habe die letzten 3 Jahre zusammengerechnet viereinhalb Monate auf diesem Berg verbracht und am einzig schönen Tag davon (Donnerstag) hab' ich den Gipfel machen können. Es ist - wie vorhin gesagt - keine rechte Freude dabei, aber so eine Genugtuung für die Strapazen und die nicht immer einfache Zeit! Ich schau, dass ich jetzt so schnell wie möglich wegkommen kann. Und dass ich bei meinen bevorstehenden Vorträgen im Herbst, endlich wieder unter 'normale' Leute komme."

Für eine Fotogalerie zu Christian Stangl klicken Sie auf diesen Link. Seit Samstag ist Christian Stangl mit zwei Trägern auf dem Weg Richtung Heimat. Es tut ihm alles nach eigener Auskunft alles weh, speziell im Beckenbereich (Nieren?) weil er beim langen Auf- und Abstieg am K2 zuwenig zu trinken hatte. Er "zottelt" jetzt gemütlich und langsam hinter den Trägern her, lockert dabei die vespannte Muskulatur. "Ist besser für die Beine, als oben herum warten". Am Montag oder Dienstag hofft er, die nächste Ortschaft zu erreichen. Wann er schließlich einen Flug zurück nach Österreich bekommen wird ist noch völlig unklar ...

Christian, Herzlichen Glückwunsch!!!

Für sein Projekt " Second Seven Summits " - also die höchsten und die zweithöchsten Gipfel der Kontinente, fehlt dem Steirer nach dem Gipfelsieg am K2 somit "nur" noch der Mount Tyree , den Stangl noch im Dezember 2010 besteigen möchte. Er hätte dieses Ziel dann als erster Mensch überhaupt erreicht. Wie hoch sein Erfolg am K2 einzuschätzen ist, zeigt auch die Tatsache, dass Christian Stangl der erste Bergsteiger seit dem 01. August 2008 war, der den Gipfel des zweithöchsten Berges dieser Erde erreichen konnte.

Ein ausführliches Porträt des "Skyrunners" von Clemens Kratzer lesen Sie in ALPIN 09/2010, ab Mittwoch am Kiosk!

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