Best Practice Beispiele plus hilfreiche Tipps für eine bessere Zukunft

Ökotourismus in den Alpen: Wie nachhaltig ist er?

Den Schutz der Natur aufrecht zu halten, ohne Besuchern die Berge vorzuenthalten - geht das?

Den Schutz der Natur aufrecht zu halten, ohne Besuchern die Berge vorzuenthalten - geht das?
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Pure Natur erleben inmitten von mächtigen Bergwelten – die Besteigung des Gipfels ist für viele abenteuerlustige Menschen der Ausgleich zum Alltag. Ob Sommer- oder Wintertourismus, es zieht jährlich tausende von Menschen in die Alpen. Dabei wirkt sich dieser Massentourismus insbesondere auf unsere Umwelt sehr schädlich aus. Der Ökotourismus hat das Ziel inne, den Schutz der Natur aufrecht zu halten, ohne Besuchern die Berge vorzuenthalten.

Was ist Ökotourismus?

Der sogenannte "sanfte Tourismus" oder Ökotourismus (engl. Ecotourism) will verantwortungsvolles, nachhaltiges Reisen ermöglichen, um Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten.

Dabei wird bereits von der Anreise über Aktivitäten vor Ort bis hin zur Abreise darauf geachtet, natürliche Gegebenheiten möglichst wenig zu ändern und umweltfreundlich zu agieren. Zudem soll das Einkommen der Bevölkerung gesichert werden, ohne komplett auf den Tourismus verzichten zu müssen.

Beliebte Freizeitaktivitäten wie Skifahren in den Tiroler Alpen, Tourengehen in den Ortler Alpen (Italien) oder Wandern in den Salzburger Alpen locken zahlreiche Besucher auf den Berg. Die Frage dabei ist, wie wir selbst zu einem nachhaltigen Tourismus beitragen können. Im folgenden Beitrag zeigen wir hilfreiche Tipps und Best Practice Beispiele mit Vorbildfunktion auf.

Die Relevanz des Ökotourismus im Alpenraum

Tourismus zu verhindern, um die Alpen zu retten, ist aufgrund der gesellschaftlichen Verankerung und der großen wirtschaftlichen Bedeutung nahezu unmöglich. Der Tourismus im Alpenraum ist zudem eine Existenzfrage – die Bevölkerung braucht ihn. Plus: Bereits stark ausgebaute Infrastrukturen wie Seilbahnen, Skipisten etc. bestehen und sind in eine stark entwickelnde Marktwirtschaft eingebunden.

Ökotourismus sorgt dafür, dass die Nachfrage an Bewegung in freier Natur nicht gestoppt, sondern umweltfreundlich gestaltet wird. Die Einführung und Vernetzung von attraktiven, ökonomischen Angeboten in Einbeziehung von lokaler Landwirtschaft, regionaler Kulinarik und Aufrechterhaltung der heimischen Kultur stehen hierbei an erster Stelle.

Tipps wie jeder Einzelne von uns zum sanften Tourismus beitragen kann

Menschen müssen dazu gebracht werden, die Natur und somit notwendige Lebensräume zum Schutz der Artenvielfalt mehr zu schätzen und das Bewusstsein auf die natürliche Umgebung zu stärken. Mit folgenden Tipps kann jeder Einzelne dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck möglichst gering zu halten.

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Bei der Anreise sollte man möglichst auf das Auto und unbedingt auf Flugreisen verzichten. Dazu werden lieber Aktivitäten in nahen Alpengebieten ausgewählt, bei denen die Anfahrt mit Bus und Bahn unkompliziert möglich ist. Viele Gemeinden bieten zum Beispiel Shuttle- oder Busfahrten direkt von der Unterkunft zum Skigebiet/ Wandergebiet an.

Nachhaltiges Übernachten

Anstatt in großen Hotelketten zu übernachten, gibt es genügend kleine Pensionen, Hütten oder Ferienapartments. Zudem etablierten sich in letzter Zeit viele Öko-Portale, bei denen aus einer großen Auswahl an umweltfreundlichen Unterkünften gewählt und gebucht werden kann.

Müllentsorgung

Die Müllvermeidung auf den Alpen ist vermutlich der wichtigste Punkt. Dazu bietet es sich an, bereits für die Versorgung auf Plastik und Co. zu verzichten. So reichen eine stabile Trinkflasche und eine Brotdose leicht aus. Wird Müll auf den Wegen entdeckt, nimmt man ihn am besten mit und entsorgt ihn später auf der Almhütte oder am Parkplatz.

Gekennzeichnete Wege verwenden

Ob im Sommer oder Winter: Man sollte auf gekennzeichneten Wegen bleiben, um Pflanzen nicht zu zertreten oder Tieren zu schaden. Vor allem auf besonders geschützten Flächen, wie Naturschutzgebieten, jagdlichen Einrichtungen, Forstkulturen etc., gibt es sogar ein Verbot vorgeschriebene Wege zu verlassen. Die Natur wird es euch danken!

Umweltschädliche Aktivitäten vermeiden

  • Künstlich angelegte Funparks mit Skygliders.

  • Fahrten mit Motorbooten am See.

  • Mit Schneemobilen die Piste herunterrasen.

…das alles sind nicht umweltfreundliche Funsport-Arten und sollten möglichst vermieden werden.

Regionale Wirtschaft stärken

Indem Lebensmittel in regionalen Geschäften gekauft, das Abendessen in lokalen Restaurants genossen oder Eier vom ansässigen Bauer geholt werden, wird die Wirtschaft vor Ort angekurbelt und die einheimische Bevölkerung unterstützt.

Best Practice des Ökotourismus in den Alpen: Die Schweiz als Pionier

Die Schweiz zählt schon länger zu den Vorreitern in Sachen nachhaltige Entwicklung. So wurden bereits zahlreiche Maßnahmen zum Thema Ökotourismus umgesetzt. Dazu gehören folgende:

  • Die Schweizerische Bundesbahnen (SBB) werden mit 90 % Wasserkraft von eigenen Wasserkraftwerken betrieben.

  • Postautos, die Besucher unter anderem zu den Zentralalpen bringen, sind in den meisten Fällen Hybrid-Fahrzeuge.

  • Der erste Solarlift der Welt wurde in der Schweiz eingeführt. Er produziert sogar mehr Strom als er braucht.

  • Die Monte Rosa Hütte auf 2333 Metern besitzt ein eigenes Blockheizkraftwerk und Wasserreinigungsanlage. Zudem werden 90 % der Energie mit Solarenergie gedeckt.

  • Die Grimselwelt liegt an den Alpenpässen Susten und Grimsel. Das Besondere daran ist: Es gibt geführte Touren in den Wasserkraftwerken der KWO, E-Tankstellen sind gratis und das lokale Handwerk wird vorgestellt.

  • Langsame Mobilität: Mit einem Wanderweg-Netzwerk von 65.000 km (1,5-mal die Distanz um die Erde) bestehend aus 23 nationalen, 151 regionalen und 535 lokalen Routen fördert die Schweiz das Wandern als naturnahe, erlebnisreiche Freizeitaktivität.

Am Beispiel der Schweiz sieht man, dass es möglich ist Ökotourismus in den Alpen umzusetzen und die Natur zu schützen. So bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Jahren möglichst viele Länder diesem Beispiel folgen, um gemeinsam die nachhaltige Form des Reisens zu etablieren.

Damit jeder ein weiteres Stück dazu beitragen kann, der Umwelt zu helfen, kann neben den bereits erwähnten Tipps zusätzlich die Art des Reisens bewusster geplant werden. Das Ziel: Sinneseindrücke aktiv wirken lassen. Diese Form des Tourismus nennt sich Slow Tourism.

Der Übergang vom sanften Tourismus zum Slow Tourism

Während der sanfte Tourismus auf das Thema Nachhaltigkeit und Schutz der Natur abzielt, gibt es eine weitere Möglichkeit, wie das Reiseverhalten geändern sowie entschleunigt werden kann – nämlich anhand des Slow Tourism. In Verbindung mit dem umweltbewussten Gedanken bezieht sich der Slow Tourism, oder auch „Langsamer Tourismus“ auf das Reisen im selbstbestimmten Tempo.

Das bewusste Wahrnehmen der Umgebung und das Genießen eindrucksvoller Erlebnisse stehen hierbei an erster Stelle. Anstatt Pauschalreisen zu buchen oder möglichst viele Destinationen in kürzester Zeit zu bereisen, ist der Slow Tourism eine alternative Art des Reisens, die in letzter Zeit immer mehr Anklang findet. Die Intensität der Erlebnisse – das Erlebte auf Körper, Geist und Seele wirken zu lassen ­– ist Teil dieser bewussteren Art des Tourismus.

Dabei ist der Bezug zur Regionalität ebenfalls wichtig. Dazu gehören dieselben Verhaltensmaßnahmen wie beim Ökotourismus: der Kauf von regionalen Produkten, die Unterstützung lokaler Geschäfte und die Vermeidung von Müll. Und das alles stets mit dem Hintergedanken der Achtsamkeit. Darin beinhaltet ist ebenfalls der Austritt aus der digitalen Welt: Handy, Laptop und Co. sind nur weitere Störfaktoren, die langsames Reisen beeinflussen können.

Wie die Alpen zum Slow Tourism beitragen

Da es für einen Alpenbesuch in den meisten Fällen keine lange Anreise benötigt, bieten sich Alpenregionen in Österreich, Italien oder der Schweiz besonders an. Slow Tourism kann besonders beim Wandern ideal umgesetzt werden.

Eins werden mit der Natur fernab von Stress und Hektik, Übernachten in abgelegten Berghütten, atemberaubende Bergkulissen auf sich wirken lassen – langsamer Tourismus kann wohl kaum an einem anderen Ort so zelebriert werden wie in den Alpen.

Absolute Entschleunigung: Gesäuse als Best Practice Beispiel

Gesäuse: Eine scheinbar kleine, unbekannte Urlaubsregion in der Steiermark in Österreich mit großem Aha-Effekt. Dieser Ort steht wahrhaftig für Slow Tourism und hat den gesamten Fremdenverkehr danach ausgerichtet. Ruhe, Erhabenheit der Natur, Erhaltung der Volkskultur sowie ein starkes regionales Gemeinschaftsgefühl stehen an der Tagesordnung. Und vor allem: Keine Check-Liste zum Abhaken.

Das Gesäuse legt Wert auf Entschleunigung und bewusste Wahrnehmung. Besonders hervorzuheben ist zudem der Ökotourismus. Denn zahlreiche Betriebe sind bereits mit dem Öko-Label ausgestattet. Von der Heizanlage bis zum Spülmittel – hier wird Nachhaltigkeit großgeschrieben.

Da das Gesamtkonzept von Gesäuse auf Slow Tourism ausgerichtet ist und als Vorbild gesehen werden kann, werden kurz die 5 Säulen der Region vorgestellt:

  • Eigenständigkeit: Ob Bewohner oder Gäste, der Ort ist eigenständig in der Verantwortung und Entscheidung gegenüber der Region, der Natur sowie den Menschen.

  • Einfachheit: Mit einer natürlichen und somit erzwungenen Askese macht es das Gesäuse einfach – auch wenn alles rundherum kompliziert erscheint.

  • Demut (Gnade): Die alpine Gesäusenatur verlangt zwangsläufig nach Demut: aus Selbstschutz und unglaublicher Dankbarkeit gegenüber dem unglaublichen Naturschatz.

  • Gleichheit: Das Gesäuse erzwingt naturgegeben die Gleichheit aller Menschen. Berg und Wildwasser machen keinen Unterschied zwischen Alter, Geschlecht, Herkunft, Einkommen oder gesellschaftlichem Status.

  • Selbstironie: Die Welt ist nicht perfekt im Gesäuse und trotzdem ist die Gesäusewelt ein kleines bisschen mehr in Ordnung als anderswo. Plus: Über sich lachen gehört dazu.

Slow Travel: Erholung vom Alltag und Steigerung der Lebensqualität. Es klingt so einfach und doch fällt es den Menschen schwer, diese Art des Tourismus zu erleben. Gesäuse als Beispiel zeigt, dass es möglich ist, den Urlaub achtsam zu erleben und gestärkt nach Hause zu kommen. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Touristen und Regionen auf diesen Zug aufspringen.

Ökotravel, Slowtravel etc. – Den ökologischen Fußabdruck verkleinern

Unser Fazit zum nachhaltigen Reisen? Verantwortungsvoller Tourismus und der bewusste Umgang mit der Natur sind zwingend notwendig um unsere Berge, Regionen, Flora und Fauna zu schützen. Der Wandel zu nachhaltigen Tourismusformen wie Ökotourismus, Slow Travel oder Bio-Urlaub ist der erste Schritt zu einem umweltbewussten und nachhaltigen Umdenken.

Aus diesem Grund sollte jeder von uns bei der nächsten Wanderung die zuvor erwähnten Tipps beachten und (noch) mehr Achtsamkeit für die Umgebung mitbringen. Anhand der Vorbilder in Sachen Ökotourismus, nämlich der Schweiz und dem Ort Gesäuse, bleibt zu hoffen, dass viele Länder, Regionen und Gemeinden diesen Beispielen folgen um die Natur für kommende Generation zu bewahren.

Obwohl viele Regionen ihre Tourismus Strategie auf ökologisch ausrichten, ist dennoch Vorsicht geboten und eine kritische Auseinandersetzung geraten. Diese Art zu Reisen wird vermehrt zum Trend, dadurch erhöht sich das Angebot und kann schnell erneut zu überlaufenen Regionen, Müll- oder Lärmbelastung und Umweltschäden führen. Ein bewusstes Erleben und Entschleunigung ist somit schwierig und das Ziel schnell verfehlt. 

Es kommt hinzu, dass viele abgelegene Orte, die für Ökotourismus gut geeignet sind, nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können. Es empfiehlt sich schon bei der Buchung auf Siegel, Auszeichnungen und Bewertungen zu achten um einen authentischen und nachhaltigen Urlaub zu erleben.


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