Kletter-Know-how vom Bergführer

Kann man Halb- und Zwillingsseil kombinieren?

Wann setzt man Halbseiltechnik und wann die Zwillingsseiltechnik ein? Kann man die beiden Techniken auch kombinieren? Und ist das überhaupt sinnvoll? Unser ALPIN Test-Chef und Bergführer Olaf beantwortet eure Fragen zum Thema "Klettern".

Kann man Halb- und Zwillingsseil kombinieren?
© Luke Helgeson/Unsplash

Kann man Halbseiltechnik und Zwillingsseiltechnik kombinieren?

Jonas S., per E-Mail: Im alpinen Einsatz wird ja viel mit zwei Seilen geklettert. Wann setzt man sinnvollerweise die Halbseiltechnik und wann die Doppelseiltechnik ein? Kann man die beiden Techniken auch kombinieren?

Man kann die beiden Techniken kombinieren

Antwort von Olaf: Ich gehe mal davon aus, dass du mit Doppelseiltechnik die parallele Führung der beiden Seile meinst, also Zwillingsseiltechnik. Eines vorneweg: Wenn du darüber nachdenkst, die Techniken zu kombinieren, brauchst du Seile, die auf jeden Fall (auch) die Zertifizierung für Halbseile haben (und nicht nur die für Zwillingsseile). Allerdings gibt es fast keine Seile mehr, die ausschließlich die Norm für Zwillingsseile haben. 

Halbseiltechnik, um Seilreibung zu reduzieren

Halbseiltechnik (also nur einen der beiden Stränge in eine Zwischensicherung einhängen) wendet man vor allem in zwei Situationen an: Wenn du Zwischensicherungen hast, die sehr weit rechts und links der Kletterlinie liegen, kannst du z. B. das rote Seil immer in die Zwischensicherungen links und das grüne in die rechts einhängen. So ist der Seilverlauf begradigt und du hast weniger Seilreibung. Du kannst im weiteren Verlauf einer Seillänge dann auch wieder beide Seilstränge in eine Zwischensicherung einhängen. 

<p>Im alpinen Gelände ist man mit einem Doppelseil oft im Vorteil.</p>

Im alpinen Gelände ist man mit einem Doppelseil oft im Vorteil.

© Birgit Gelder

Was ich aber nicht machen würde: In die ersten zwei Zwischensicherungen nur eines der beiden Seilstränge einhängen. Denn wenn dann ein Sturz auftritt, hast du die komplette Sturzbelastung nur auf einem Strang und da ist dann die Frage, ob der Sichernde das hält (dünnes, glattes Seil, hohe Sturzlast, je nach Sicherungsgerät und Art schwierig zu halten).

Halbseiltechnik, um die Belastung auf die Zwischensicherungen zu minimieren

Halbseiltechnik wendet man auch an, um die Belastung auf die Zwischensicherunge so gering wie möglich zu gestalten, also bei fragwürdigen Sicherungspunkten. Denn der die Seildehnung des einen belasteten Strangs ist größer (und damit der Fangstoß geringer), als wenn du beide Seile eingehängt hättest. Das ist aber eher Expertenanwendung. Der Normalkletterer sollte kalkulieren, dass die Zwischensicherungen halten.

Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet Ihr unter:alpin.de/olaf

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Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und Eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter der allseits bekannten Rubrik "Olaf klärt das schon!".

Text von Olaf Perwitzschky

2 Kommentare

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Anonym

Hallo W.,
diese Sorge wurde indirekt auch in Bergundsteigen (Halbseiltechnik – wieso, weshalb, warum?) beleuchtet und dennoch empfehlen sie die Variante wie sie oben im Alpin Artikel erklärt worden ist.

Wurscht

In der ersten Sicherung beide Stränge einzulegen und in den nachfolgenen nur je einen Strang halte ich persönlich für kritisch.
Noch kritischer (hier nicht beschrieben) mal einen mal 2 Stränge einzuhängen.
Im Falle eines Sturzes bewegen sich beide Stränge mit erheblicher Differenzgeschwindigkeit. Insbesondere wenn dynamisch gesichert wird, rutscht das belastete Seil evtl. durch, während das andere steht.
In unglücklicher Konstellation können die Seile in der Zwischensicherung direkt beieinander liegen und werden dann thermisch belastet.