Frage von U. Wälde, per E-Mail:
Nach den sehr zahlreichen Unfällen von Tourengehern mit Lawinen-Airbags sollte endlich einmal das Thema aufgegriffen werden, ob die Verwendung von Airbags das Tourenrisiko nicht eher – deutlich? – erhöht.
Wenn man ohne Airbag unterwegs ist, wird man automatisch Routen mit sehr geringem Lawinenrisiko auswählen, während die stolzen Airbag-Besitzer sich – fälschlicherweise – viel sicherer fühlen und dann auch öfters in die Steilhänge bei Stufe 3 oder gar 4 hineinlaufen – mit erheblich erhöhtem Risiko für eine oft tödliche Verschüttung.
Durch die Werbekampagne der Industrie und diverse Tests fühlen sich nun viele Tourengänger mit dem teuren Airbag viel zu sicher – mit oft verheerenden Folgen.
Aufgeblasene Airbags reduzieren das Verschüttungsrisiko um 50 Prozent.
Diese Notfallausrüstung muss mit
Skitouren: Diese Notfallausrüstung ist Pflicht!
LVS-Gerät
Ein LVS-Gerät (auch Lawinen-Piepser genannt) sollte möglichst einfach und intuitiv in der Bedienung sein. Wer sich heute ein neues Gerät zulegt, kauft auf jeden Fall eines mit drei Antennen. Vorsicht bei dem Kauf von gebrauchten LVS-Geräten, insbesondere, wenn man sich nicht gut auskennt. Das kann in die Hose gehen. Fast alle Hersteller haben ein preiswertes Basisgerät und ein teures High-End-Modell mit allen möglichen Zusatzfunktionen und Einstellmöglichkeiten im Programm. Für 99 Prozent der Anwender reicht auf jeden Fall die Basisversion der Geräte.
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Antwort von Olaf:
Die Diskussion ist so alt wie die Airbags. Es lässt sich bei den Nutzern von Airbags aber keine einheitliche Handlungsweise ableiten. Es gibt die Leute, wie Sie sie beschrieben haben. Es gibt aber auch viele Nutzer, die nicht risikobereiter sind, nur weil sie einen Airbag am Rücken haben.
Und spätestens, wenn sich Airbag- Besitzer mit den Statistiken zu dem Thema beschäftigen, werden sie kein höheres Risiko im Gelände mehr eingehen, nur weil sie einen Airbag nutzen. Denn: Langjährige Statistiken zeigen, dass aufgeblasene Airbags die Verschüttungswahrscheinlichkeit um ca. 50 Prozent verringern können. Wohlgemerkt: aufgeblasene Airbags.
Denn es gibt viele Fälle, in denen Lawinenopfer ihren Airbag nicht ausgelöst haben. Nicht aufgeblasene Airbags sind nach wie vor der wichtigste limitierende Faktor bei der Nutzung von Airbags. Richtig eingesetzt (also ohne ein höheres Risiko einzugehen, nur weil man sich auf den Airbag verlässt) sind diese Rucksäcke ein wirkungsvolles Instrument, um eine Verschüttung im Falle einer Lawine zu verhindern.
Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet Ihr unter: alpin.de/olaf.
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Olaf ist ALPIN-Testredakteur & staatl. gepr. Bergführer. Er versucht, für Euch auch auf die kniffeligsten Fragen die richtige Antwort zu finden.
Klickt Euch durch unseren Airbag-Rucksack-Test:
Acht Airbag-Rucksäcke im Test
ABS s.LIGHT Base 30
© Birgit Gelder
Preis & Ausstattung
Preis: 699,90 Euro, mit Auslöseeinheit: Stahl 789,85 Euro/Carbon 859,85 Euro +++ Kosten bei Austausch der Auslöseeinheit: 24,95 Euro +++ Ausstattung: Ski und Snowboardhalterung, Brillenfach, Befestigung für Eispickel, Helmhalterung +++ Bedeutung der *: *das Volumen für Schaufel und Sonde mitgemessen; **bezogen auf das Volumen in der leichtesten Version
Airbag-System
Volumen der Airbags: 170 L (2x85 L) +++ Anzahl der Airbags: 2 +++ Bedienung des Auslösegriffs: 5/5 Sternen +++ Scharf-Machen des Systems: 4/5 Sternen +++ Reaktivieren nach Auslösung (bezogen auf das Volumen in der leichtesten Version): 5/5 Sternen +++ Packen der Airbags nach Auslösung 4/5 Sternen
Gewicht & Sonstiges
Gewicht lt. Hersteller o/s/c (ohne Auslöseeinheit/mit Stahl/mit Carbon): 2380 g/2890 g/2660 g; Gewicht nachgewogen o/s/c: 2450 g/2995 g/2800 g +++ Testeindruck: Der Tragekomfort des ABS s.Light ist gut, das Polster des Hüftgurtes aber recht klein. Sehr gut ist die Erreichbarkeit des Auslösegriffes, den man auch mit dicken Handschuhen immer irgendwie zu greifen bekommt. Will man den Rucksack packen, merkt man, dass das Extrafach für Schaufel und Sonde fehlt, die Teile müssen ins Hauptfach. Das Erste-Hilfe-Paket kann in der Base Unit verstaut werden (das Volumen haben wir mitberechnet). Beim Auslösen hat sich bei unserem Test einer der RVs der Airbags ausgehängt.
Das sagt der Hersteller
Der ABS s.Light Base Unit Compact Lawinen-Rucksack überzeugt durch sein geringes Gewicht von unter 2 kg (nur die Base Unit!) und seine hohe Funktionalität. Das bewährte TwinBag-System sorgt für eine große Fläche, was zugleich größtmögliche Sicherheit bedeutet. Der Auslösegriff lässt sich sowohl für Linkshänder als auch für Rechtshänder anbringen.
Fazit
Der Klassiker unter den Airbag-Systemen mit einem Auslösegriff, den man gut erreicht und gut packen kann. Der ABS ist mit einem Gesamtgewicht von unter 3 Kilo deutlich leichter geworden als alle ABS-Vorgänger und auch preiswerter. Was uns fehlt, ist ein Extrafach für die Notfallausrüstung. Der defekte RV ist ein Reklamationsfall.
- gut erreichbarer Auslösegriff
- kein Extrafach für die Notfallausrüstung
1 Kommentar
Kommentar schreibenMeine These, ich verfolge das Thema schon viele Jahre, eine große Mehrzahl der Lawinenverunfallten waren mit dem Lawinenrucksack unterwegs, ob das Nichtaufgehen auf technische Mangel oder einfach nicht mehr die Zeit oder die Möglichkeit der Auslösung bestand spielt eigentlich nicht die Rolle.
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Langjährige Statistiken zeigen, dass aufgeblasene Airbags die Verschüttungswahrscheinlichkeit um ca. 50 Prozent verringern können. Wohlgemerkt: aufgeblasene Airbags.
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Herr Olaf Perwitzschkys, gerne hätte ich diese Statistik auch gelesen, haben Sie hierzu einen Link?