Kletter-Know-how vom Bergführer

Zu dritt am Einfachseil?

Kann man ein Einfachseil im alpinen Gelände auch zu dritt nutzen? Und ist das sinnvoll? Unser ALPIN Test-Chef und Bergführer Olaf beantwortet eure Fragen zum Thema "Klettern".

Zu Dritt am Einfachseil?
© Brook Anderson / Unsplash

Ist das Klettern zu dritt an einem Einfachseil wirklich "neue Lehrmeinung"?

Philip auf alpin.de: Ich hatte kürzlich eine recht hitzige Diskussion mit einem Bekannten bezüglich eines Einfachseils beim (alpinen) Plaisirklettern. Inhalt war: Mein Bekannter erzählte, dass sie zu dritt mit einem Einfachseil geklettert seien.

Der Erste hatte den Seilanfang, stieg 20 Meter vor und sicherte sich. Dann band sich der Zweite ein, ging hoch zum Stand. Dann kam der Dritte nach dem Zweiten hoch. Ich finde: vollkommener Blödsinn. Mein Bekannter meinte aber: "Es war immer nur einer gesichert, es kann doch nichts passieren." Meinen Einwand, dass man zu dritt nicht mit einem Einfachseil klettert, ließ er nicht gelten, das sei "alte Lehrmeinung" und überholt. 

Was sagst du dazu? Wie soll man es besser machen? Und wenn unbedingt am Einfachseil, was soll man dann beachten?

Zu dritt an einem Einfachseil? Möglich, aber nicht sinnvoll

Antwort von Olaf: Von der sicherheitstechnischen Seite her ist das gar kein Thema. Es klettert ja immer nur ein Nachsteiger am Seil. Wenn die Absicherungs- und Platzverhältnisse diese Art des Kletterns/Sicherns hergeben, kann man das machen. 

Ich frage mich nur, wie weit dein Bekannter mit dieser Methode kommen will. Sie ist ja sehr mühsam und zeitaufwendig. An einem Einfachseil können im Nachstieg auch zwei Personen nachgesichert werden. Dazu bindet sich der Zweite (also der Mittlere) der Seilschaft mit einer sogenannten Weiche ein. 

Der einfachere, bequemere und schnellere Weg wäre natürlich die Nutzung eines Halbseils. Da kann dann jeder Nachsteiger sein Tempo klettern und eine Dreier-Seilschaft kann auch die volle Seillänge ausgehen. Mit etwas Übung ist sie kaum langsamer als Zweier-Seilschaften.

Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet Ihr unter:alpin.de/olaf

Habt Ihr auch eine Frage an Olaf? Dann nutzt die unten stehende Kommentarfunktion!

Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und Eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter der allseits bekannten Rubrik "Olaf klärt das schon!".

Text von Olaf Perwitzschky

2 Kommentare

Kommentar schreiben
Mb

Hallo,

wenn am gleitenden Seil im Gratgelände bis UIAA 3 gegangen wird, halte ich das Einfachseil auch für sinnvoll. Dort kann sich der Seilschaftszweite in der Seilmitte einbinden und jeweils der vordere und hintere können einen Seilabbund machen oder den Seilrest in den Rucksack stopfen. Insbesondere bei kombinierten Gletscher-/Grattouren halte ich diese Vorgehensweise für sinnvoll. Natürlich nur, wenn jeweils mindestens 1-2 Sicherungspunkte zwischen den Kletterern angebracht sind. Gelegentlich kann man Nachsichern, um Material oder die Führung zu tauschen.

Einwände?

Gruß
Mb

Herpfar

Spannend, dass unsere sicherungstechnischen Diskussionen manchmal hitzig werden können;).
Grundsätzlich ist es abhängig von der Art der Kletterei, ob wir zu dritt an einem Einfachseil unterwegs sind.
Hochtour: Ja, von Vorteil. Der zweite mit Seilweiche (schneelastig mit Prusik, felslastig evtl. mit Rockgrab = muss speziell trainiert werden) eingebunden. Jedoch nicht in der Seilmitte, sondern kurz vor dem Seilschaftsdritten am Seilende.
Felsklettertour: Bis UIAA III ok. Ab dem IV. Grad evtl. besser zwei Seile benutzen. Bei kurzen Seillängen geht oft auch ein 60m Halbseil, welches doppelt genommen zwei Nachsteiger individuell bestens gesichert klettern lässt.