Was passiert bei einem Sturz?

Klettern: Kann die Anseilschlaufe reißen?

Uns hat mal wieder eine Leserfrage von euch erreicht: Soll man sich nicht mehr direkt in die Anseilschlaufe einbinden? Unser Testredakteur beantwortet die Frage!

Klettern: Kann die Anseilschlaufe reißen?
© picture alliance / dpa / Tobias Hase

Frage: Neue "Lehrmeinung" nicht mehr in Anseilschlaufe einbinden?

Tobi, per E-Mail: Eine Kletterin hat mir letzte Woche gesagt, dass es mittlerweile eine neue Lehrmeinung vom DAV gäbe, dass die Anseilschlaufe bei einem Sturz reißen kann, wenn sie durch das direkt eingebundenes Seil zu sehr gedrückt wird. 

Für mich war die Erklärung nicht nachvollziehbar und ich konnte weder im Netz noch in einschlägiger Literatur dazu was finden. Die Kletterin hat ihre Information aus einem Lehrgang. Wisst ihr mehr darüber?

Antwort: Die Anseilschlaufe heißt so, weil man sich da einbinden soll!

Antwort von Olaf: Ja, da wissen wir mehr drüber: Das ist totaler Unsinn! Kannst du mal versuchen rauszubekommen, von wem diese "Lehrmeinung" verbreitet wird? Die Anseilschlaufe heißt so, weil man sich da anseilen kann/soll. Selbst wenn der Hersteller es anders empfiehlt, muss die Schlaufe die geforderten 15 kN halten. Das sind Kräfte, die in der Praxis nicht auftreten können. 

Und nur, weil du dich mit einem Seil in die Anseilschlaufe einbindest (also das tust, wofür die Schlaufe da ist), verringert sich nicht die Festigkeit. Ich habe den Eindruck, dass auch im Klettern langsam Verschwörungstheorien Einzug halten und dann auch noch als Lehrmeinung weitergegeben werden.

Eine Bildergalerie der häufigsten Fehler beim Einbinden:

Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet ihr unter: alpin.de/olaf.

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Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter "Olaf klärt das schon!"

9 Kommentare

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Rudini

Hallo,

ich kanne das auch so und wurde beim DAV so geschult das man sich durch Bein/Hüft Schlaufe einbindet, wie gesagt am besten mit doppelten Bulin.Ich sehe hier wie von Felix beschrieben ganz klar Vorteile beim Abstand und der Redundaz.

LG

Julian

Beim ÖAV ist man der Meinung, die Anseilschlaufe wäre nicht zum Anseilen da. Ich nutze mit einem Einfachseil die Anseilschlaufe, wenn ich mich mit dem Boulin einbinde und mit Halbseilen und Achterknoten direkt durch Hüft- und Beinschlaufe, weil die Knoten sonst nerven.

Andreas

Dieses Anseilen in die Anseilschlaufe scheint ein deutsches Ding zu sein. Ich klettere sehr häufig mit Kletterern aus anderen Ländern und werde beim Partnercheck stets darauf hingewiesen.

Felix

Die Vorteile, die ein Einbinden in den Anseilring haben soll, würden mich interessieren. Ich erkenne da ehrlich gesagt keinen einzigen, sondern eigentlich nur Nachteile...
zB
- Anseilring hat keinen Verschleißindikator (im Gegensatz zu den beiden anderen Schlaufen, die haben idR andersfarbiges Material innen)
- mehr "totes Seil", weil der Knoten weiter weg vom Körper ist (kann beim Klippen direkt vor der Hüfte echt nerven)
- man kann sich nicht so nahe an eine Exxe ranziehen aus dem selben Grund

Thomas Stephan (Bergführer)

Beim Kauf einer PSA wie z. B. einem Anseilgurt mit der Norm CE 0082 wird immer eine Gebrauchsanleitung mitgeliefert, da steht alles drin oder auf der Webseite des Herstellers. PETZL empfiehlt beim Klettern das Anseilen über die Beinschlaufe und Hüftgurt. Beim Klettersteig wird das Klettersteigset mit Ankerstich durch den Anseilring angebracht, ebenso das GRIGRI und das Abseilgerät. Besuche die Webseite deines Herstellers.

Philip

Hallo Olaf,
da bin ich aber seehr froh das ich das genauso mache wie Du (und ich bleibe auch dabei - auch wenn meine Kollegen es anders sehen ;-))

Danke!

Olaf Perwitzschky

Lehrmeinung ist das "parallele Einbinden". Aber ich bleibe bei meinem Standpunkt: Einbinden in die Anseilschlaufe (in Idealfall mit einem doppelten Bulin) hat mehr Vorteile als Nachteile. Und reißen kann die Einbindeschlaufe an einem intakten Gurt (nicht älter als zehn Jahre, normale Abnutzung) durch die Belastung beim Klettern/Stürzen nicht.

Philip Berner

Hallo Olaf, per Zufall bin ich auf einen Artikel in der DAV Panorama (3/2022 -Seite 48 ff) gestossen der genau das sagt das das Seil in die "Hüftbandschlaufe und Steg" einbinden soll. Ja zefix, was ist denn jetzt richtig? Ich kann gern noch ein Photo vom Artikel dazu posten - dafür bräuchte ich aber bitte deine e-mail Adresse. Besten Dank und Pfiat di, Philip

Nicole auf Facebook

Als jemand der Klettern 1978 angefangen hat kann ich nur eins kommentieren, mein erster Gurt bestand aus getrennten Beinschlaufen & einer Bauchschlinge, die gemeinsam entweder durch Einbinden des Seiles oder durch einen Karabiner verbunden wurden. Eine extra Schlaufe gab es da nicht, daher blieb es für mich auch nachdem die Gurte eine hatten immer bei dem einbinden von beiden „ehemaligen“ Einzelteilen. Später wurde in D das einbinden in die Schlaufe gelernt, ob immer und flächendeckend, keine Ahnung. Aber sicher haben viele der „Älteren Kletterer“ den alten Stil behalten ( so wie ich auch)