Emotionale Debatte über Gipfelkreuze

Söder: "Freistaat stellt sich klar gegen Abschaffung von Gipfelkreuzen"

Tradition, Wander-Ziel oder Selfie-Motiv? Kreuze stehen auf vielen Gipfeln. Aktuelle Diskussionen in Italien und Österreich stellen das Gipfelkreuz und seine christliche Symbolik in Frage. Offensichtlich wird das Thema von einigen nicht sachlich angegangen, sondern für populistische Argumentationen genutzt. Ein Überblick über die Stimmen der Diskussion.

Gipfelkreuz am Hohen Göll in den Berchtesgadener Alpen
© IMAGO / imagebroker

Gipfelkreuze: Tradition, Wander-Ziel oder Selfie-Motiv?

Die meisten größeren und kleineren Gipfel in Deutschland, Österreich und Italien schmückt ein Gipfelkreuz. Allein in Österreich sind rund 4.000 Gipfel mit einem Kreuz versehen. Das Kreuz zu erreichen, ist für viele Wanderer, Bergsteiger und Hochtourengeher häufig der Höhepunkt der Bergtour. Für Social Media ein gutes Bildmotiv, drückt es doch aus, dass man es zu seinem Ziel, nämlich dem Gipfel geschafft hat - und vermeintlich den Anderen im Tal Gebliebenen etwas voraus hat. 

In der Historie wurde dem Gipfelkreuz schon einiges zugedacht: Die ersten Gipfelkreuze wurden von Almbauern aufgestellt. Zumeist aus Dankbarkeit, einen Unfall, eine Krankheit, einen Sturm oder auch einen harten Winter im Gebirge überlebt zu haben. Weitere Kreuze kamen als Dank für die Rückkehr aus einem der Weltkriege dazu. In den letzten Jahren schmücken statt einfachen Holz- oder geschmiedeten Metallkreuzen immer mehr wahre Kunstwerke die Gipfel.

Das Gipfelkreuz auf der Schönfeldspitze im Steinernen Meer ist eine beeindruckende Marienstatue, die den toten Jesus als Querbalken trägt. Das Friedenssymbol am kleinen Gilfert trägt die Symbole aller Weltreligionen, am Hohen Göll wartet ein Bergkristall im Gipfelkreuz als besonderes Fotomotiv auf den Wanderer und auf der Buchsteinwand im Pillerseetal kann man das rund 30 Meter hohes Jakobskreuz aus Holz sogar begehen.

<p>Begehbares Jakobskreuz auf der Buchensteinwand</p>

Begehbares Jakobskreuz auf der Buchensteinwand

© IMAGO / Martin Erdniss

Die aktuelle Diskussion: Brauchen wir noch mehr Gipfelkreuze?

Die Gipfelkreuzdiskussion im Sommer 2023 ist ursprünglich in Italien entbrannt. In einer Podiusmdiskussion des Club Alpino Italiano war die Frage diskutiert worden, ob neben den bereits bestehenden weitere Kreuze auf Gipfel montiert werden sollten. Marco Albino Ferrari vom CAI wird mit der Aussage zitiert, Kreuze würden nicht mehr alle Bergsteiger ansprechen. Die Frage, bereits bestehende Gipfelkreuze abzubauen, stand in der Diskussion nicht zur Debatte. Manche Medien und einige konservative Politiker reklamierten das Thema jedoch für sich und erwecken den Eindruck, es ginge um den Abbau bestehender Kreuze.

Reinhold Messner: "Manie, auf jeden Hügel oder Berg ein Kreuz aufzustellen"

Die Richtlinien von Österreichischem Alpenverein (ÖAV) und Club Alpino Italiano (CAI) sehen keine neuen Kreuze auf den Berggipfeln Italiens und Österreichs, alte Kreuze sollten aber nicht abmontiert und - wenn am Ende ihrer Lebenszeit angekommen - auch ersetzt werden. Der Extrembergsteiger Reinhold Messner, sonst nicht immer einer Meinung mit dem Alpenverein, äußerte sich in der Bild-Zeitung ähnlich: "Überall stehen schon Kreuze, es reicht im Großen und Ganzen." Es sei eine regelrechte "Manie, auf jeden Hügel oder Berg ein Kreuz aufzustellen." Es brauche keine neuen Kreuze, morsche könnten aber ersetzt werden.

Die Österreichischen Volkspartei (ÖVP) gibt sich aufgeregt: "Gipfelkreuze sind Teil unserer christlichen Tradition und unserer alpinen Kultur", sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig laut APA. "Die Gipfelkreuze gehören zu unseren Bergen und dort sollen sie auch bleiben." Ähnliches war aus der FPÖ zu hören. 

<p>Gipfelkreuz der Schönfeldspitze im Steinernen Meer</p>

Gipfelkreuz der Schönfeldspitze im Steinernen Meer

© picture alliance / Peter Kneffel / dpa

Diskussion auch in Bayern: "Lasst unsere Gipfelkreuze in Ruhe!"

Die rechte Regierungspartei Fratelli d'Italia stellt ebenfalls erboste Forderungen: "Hände weg von den Kreuzen auf unseren Bergen." Verkehrsminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega twitterte: "Der Vorschlag, Kreuze auf den Bergen zu verbieten, ist eine Dummheit ohne Herz und Verstand". 

Mittlerweile ist die Diskussion auch in Bayern angekommen. Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die sich selbst als Bergsteigerin mit Gipfelkreuz in der Bildzeitung präsentiert, sagte: "Lasst unsere Gipfelkreuze in Ruhe!" Kreuze seien Teil der bayerischen Kultur und Tradition. In Tibet denke niemand nach, Gebetsfahnen am Berg zu verbieten. 

In der Diskussion zitiert der Merkur nun auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Diskussion: "Wir in Bayern sind weiter dafür, dass das Kreuz auch im öffentlichen Raum sichtbar bleibt – und auch an den Gipfeln", sagte er am Dienstagabend beim Jahresempfang des Erzbistums München und Freising. "Es ist mir unverständlich und ehrlicherweise auch unerträglich, sollten wir auf den Gipfeln die Kreuze abbauen."

Söder wird weiterhin mit den Worten zitiert: Sie stehen nämlich nicht nur für die Mitgliedschaft in einer Konfession, sondern auch für Demut vor der Natur, für die Bewahrung der Schöpfung und Respekt vor dem Allerhöchsten." In einem Post auf Twitter äußert sich der Bayerische Ministerpräsident weiter: Der "Freistaat stellt sich klar gegen die Abschaffung von Gipfelkreuzen." Damit griff Söder eine ältere Debatte, die in Italien und Österreich gerade wieder geführt wird, abermals auf. Auf Instagram hatte er bereits geschrieben: "Das Gipfelkreuz als christliches Symbol ist Zeichen von Heimat und Tradition, das beibehalten werden muss."

Worauf sich Aigner und Söder bezieht, bleibt unklar. Es fordert niemand, Gipfelkreuze abzubauen oder gar zu verbieten, allerdings wird in Bayern am 8. Oktober 2023 ein neuer Landtag gewählt und somit ist aktuell jedes populistische Thema recht, sich zu präsentieren.

<p>Das wohl bekannteste deutsche Gipfelkreuz: Auf der Zugspitze.</p>

Das wohl bekannteste deutsche Gipfelkreuz: Auf der Zugspitze.

© picture alliance / Karl-Heinz Spremberg

Ist ein christliches Symbol auf den Berggipfeln heute noch zeitgemäß?

Erboste Stimmen konservativer Politiker über ein gar nicht gefordertes Gipfelkreuz-Verbot versuchen vom eigentlichen Thema abzulenken: Der Diskussion, ob ein rein christliches Symbol in der heutigen Zeit noch zeitgemäß ist. Vor allem in einer Zeit, in der immer mehr Menschen den christlichen Kirchen den Rücken kehren und Kirchen zumeist nur mehr wegen der schönen Gebäude besuchen. 

Wie ist eure Meinung zum Thema "Gipfelkreuze"?

Was sind Gipfelkreuze für euch? Beliebtes Ziel am Berg, Fotomotiv oder störendes Element am sonst unverbauten Gipfel? Wir wollen's von euch wissen: Stimmt hier mit ab oder hinterlasst unten einen Kommentar!



Text von Thomas Harrer

28 Kommentare

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Dave

Die Hälfte der Kommentator:innen hat den Artikel wohl nicht gelesen oder verstanden. Es geht nicht darum Gipfelkreuze zu verbieten oder abzubauen sonder nur darum keine neuen Kreuze auf Gipfel zu setzen auf denen noch keine Kreuze stehen. Kaputte Gipfelkreuze sollen ja auch weiterhin ersetzt werden. Ich finde das Gipfelkreuz auch ein schönes Symbol auf dem Gipfel und bin auch für deren Erhalt. Weitere Gipfel müssen aber nicht zugebaut werden meiner Meinung nach.

Viktor

Irgendwas was den Gipfel markiert gerne . Aber das Kreuz ist halt einfach ein brutales Hinrichtungsinstrument. Ich finde man könnte bei neuen Sachen ein Symbol benutzen das weniger grausam ist.

Regina auf der ALPIN Facebook-Seite

Es nervt einfach nur noch, über Luxusprobleme zu diskutieren oder jeden kleinen unwichtigen Mist in Frage gestellt zu bekommen. Ist die Zeit und Energie null wert.
Wer sich an den Kreuzen stört, besucht halt einfach nur Hügel ohne Kreuz oder bleibt unten und spendet Geld und Diskussionszeit/energie an die Tafel, arme Kinder, Forschung zur Anpassung an das Klima etc.
Es gibt so viele Kreuze, die richtig schön sind und mit Mühe auf den Gipfel geschleppt wurden. Es ist auch oft ein schönes Fotomotiv, statt nur blanker Fels. Wir sind doch wirklich alle erwachsen genug, Gipfelkreuze unabhängig von Religion zu betrachten.

Alexandra auf der ALPIN Facebook-Seite

Es nervt einfach nur noch, über Luxusprobleme zu diskutieren oder jeden kleinen unwichtigen Mist in Frage gestellt zu bekommen. Ist die Zeit und Energie null wert.
Wer sich an den Kreuzen stört, besucht halt einfach nur Hügel ohne Kreuz oder bleibt unten und spendet Geld und Diskussionszeit/energie an die Tafel, arme Kinder, Forschung zur Anpassung an das Klima etc.
Es gibt so viele Kreuze, die richtig schön sind und mit Mühe auf den Gipfel geschleppt wurden. Es ist auch oft ein schönes Fotomotiv, statt nur blanker Fels. Wir sind doch wirklich alle erwachsen genug, Gipfelkreuze unabhängig von Religion zu betrachten.

Gertrude auf der ALPIN Facebook-Seite

Es gibt anscheinend Menschen, die nichts Besseres zu tun haben, als durch irgendeine, plötzlich in den Raum gestellte Behauptung, alles schlecht zu machen und damit andere regelrecht zu terrorisieren. So ist es mit unserer Sprache, der Tracht, den Gipfelkreuzen etc. Eine traurige Zeit.

Regina auf der ALPIN Facebook-Seite

Also ich habe mit Gott, Religion und Kirche nix am Hut, aber in den Gipfelkreuzen habe ich auch nie das christliche Symbol gesehen, weiß auch nicht warum. Aber ich finde ein Gipfelkreuz wichtig, als Symbol, das den Gipfel markiert, könnte auch etwas anderes sein. Wäre irgendwie schade drum.

Günther auf der ALPIN Facebook-Seite

Gipfelkreuze sind einfach etwas schönes und sie zeigen den Erfolg einer Besteigung in schöner Weise an. Alle Gipfelkreuze müssen bleiben und es ist irrsinnig, das überhaupt anzusprechen, ob sie stehen bleien sollen... Sie müssen stehen bleiben...!

Angela auf der ALPIN Facebook-Seite

Ich bin weit davon entfernt, religiös zu sein - aber für mich gehört auf den Gipfel ein Kreuz.

Tina auf der ALPIN Facebook-Seite

Natürlich Gipfelkreuz....muss man jetzt jedes bisschen Geschichte versuchen umzuschreiben?

Tatjana auf der ALPIN Facebook-Seite

Gipfelkreuze gehören zu unseren christlichen Kultur. Auch wenn viele Menschen nichts mehr mit christlichen Glauben zu tun haben. Ganz klar, pro Gipfelkreuz!!

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