Interview mit Heiko Mittelstädt

Singletrails: "Ein pauschales Verbot geht an der Lebenswirklichkeit vorbei"

Vertreter der Deutsche Initativen Mountainbike e.V. äußert sich zu den neuen Verwaltungsvorschriften in Bayern.

Singletrails: "Ein pauschales Verbot geht an der Lebenswirklichkeit vorbei"
© picture alliance / Udo Bernhart

Schöne Bescherung: Die am 16.12. veröffentlichten neuen Vollzugshinweise des Bayerischen Naturschutzgesetzes bezüglich der "Erholung in der freien Natur" des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz haben in der Mountainbike-Szene hohe Wellen geschlagen.

Viele fürchten erhebliche negative Konsequenzen für ihren Sport, da die neuen Verwaltungsvorschriften viele Sperrungen (alpiner) Singletrails möglich zu machen scheinen (zur Meldung mit ausführlichen Informationen zum Inhalt der Vollzugshinweise geht es hier). 

Der gemeinnützige Verein hat sich zum Ziel gesetzt, durch seine Arbeit umweltverträgliches Mountainbiken zu fördern (hier die Trail Rules des Vereins). Dazu gehört nach der Selbstauskunft der DIMB auch Lobbyarbeit in den Parlamenten sowie die Arbeit in Gremien und Verbänden, um bei gesetzlichen Regelungen die Interessen von Biker*innen zu vertreten. 

Wir haben Heiko Mittelstädt von der DIMB zu den möglichen Auswirkungen der neuen Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz befragt.

ALPIN: Rechtlich scheinen die Voraussetzungen für viele Sperrungen für Singletrails für Mountainbiker*innen in Bayern mit den neuen Verwaltungsvorschriften gegeben. Glaubst Du, dass die Behören davon nun tatsächlich rege Gebrauch machen werden?

<p>Engagiert sich mit der DIMB für naturverträglichen Bike-Sport: Heiko Mittelstädt.</p>

Engagiert sich mit der DIMB für naturverträglichen Bike-Sport: Heiko Mittelstädt.

Heiko Mittelstädt: Es gibt Regionen wo wir seit längerem beobachten, dass die Mountainbiker reglementiert werden sollen. Vor allem von den Grundbesitzern im Alpenbereich wurde auf die Politik Druck ausgeübt. Ich befürchte daher, dass jetzt von den Grundbesitzern auch Druck auf die Behörden ausgeübt wird, die Vorschriften streng umzusetzen.

Dabei sind viele der Kriterien zu hinterfragen. Warum sollte es auf einem schmalen Weg denn nicht möglich sein, kurz anzuhalten und auf die Seite zu treten? Das ist ein völlig regelkonformes Verhalten, das in der Praxis so gelebt wird. Ein pauschales Verbot solcher Wege geht an der Lebenswirklichkeit vorbei.

Auch bei der Erosion haben wir angeführt, dass diese bei allen Nutzungsarten gegeben ist und von weiteren Faktoren, wie Witterung, abhängig ist. Aber nur beim Mountainbiken scheint das ein Grund für Sperrungen zu sein. Ähnlich ist es mit dem Verbot auf den maschinell und dauerhaft angelegten Rückewegen zu fahren. Da gibt es sogar ein Urteil des AG Aichach, dass die Nutzung solcher Wege erlaubt ist. Wo ein Schlepper regelmäßig fährt, da kann doch ein Fahrrad keinen Schaden anrichten.

<p>Sollte es verboten werden können, solche schmalen Trails mit dem Rad zu befahren?</p>

Sollte es verboten werden können, solche schmalen Trails mit dem Rad zu befahren?

© Holger Rupprecht

Wie dürften euren Einschätzungen nach Grundbesitzer*innen mit den neuen Bestimmungen umgehen?

Grundbesitzer dürfen unseres Erachtens einen Weg nicht mit Fahrradverboten versehen. Das sollte eine hoheitliche Aufgabe sein und nur auf Anordnung einer Behörde möglich. Die Interessen der Radfahrverbände sollten dabei gehört werden.

Wir sehen in der Verwaltungsvorschrift das Recht für solche eigenmächtigen Sperrungen durch den Grundbesitzer als viel zu weit ausgelegt. Auch weil ein Grundbesitzer als Betroffener kaum in der Lage sein wird einen Weg neutral zu beurteilen. Das kann zu einem Wildwuchs an Verbotsschildern führen.

Auch wenn solche Verbote vom Grundbesitzer bei der Behörde angezeigt werden müssen, so ist zu befürchten, dass die Kontrolle in der Praxis unterbleibt. Niemand weiß dann mehr, ob ein Verbotsschild rechtmäßig ist oder nicht und das kann den Rechtsfrieden nachhaltig gefährden. Unsere Aufforderung an Mountainbiker ist, dass sie sich bei neuen Verbotsschildern an die Behörde wenden und nachfragen, ob dieses Schild genehmigt ist.

© Holger Rupprecht

Fürchtest Du "nur" Sperrungen im alpinen Gelände oder glaubst Du, dass auch in Mittelgebirgsregionen wie der Fränkischen Schweiz Sperrungen von traillastigen und stark frequentierten Wanderwegen drohen?

Wir wissen aus Umfragen, dass nur wenige Wanderer sich von Mountainbikern gestört fühlen. Die Aufforderung, die Verwaltungsvorschriften zu überarbeiten, kam aus den Reihen der Grundbesitzer Verbände, nicht von den Wanderern. Deshalb wundert es uns auch, dass die Frequentierung ein Kriterium sein soll, das Radfahren einzuschränken.

Die Verwaltungsvorschrift kann jetzt aber landesweit einzelne Mountainbike-Gegner auf den Plan rufen, die Behörde aufzufordern, Verbote umzusetzen. Damit ist das gute Miteinander, das seit Jahren gepflegt wird, gefährdet. Haben die Verbände doch erst kürzlich, mit der Empfehlungen der Arbeitsgruppe "Bundesplattform Wald - Sport, Erholung, Gesundheit" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die gemeinsame, rücksichtsvolle Nutzung der Wege vereinbart. (Für mehr Infos, bitte diesen Link klicken)

Die DIMB hat bereits angekündigt, sich mit dem Bayerischen Radsportverband, dem DAV, dem ADFC, sowie dem Kuratorium für Sport und Natur zu vernetzen und noch einmal gemeinsam an das Ministerium herantreten zu wollen. Was genau erhofft Ihr Euch? Siehst Du die Chance ein, dass die Verordnung nochmals überarbeitet wird?

Wir Verbände haben im Sommer Stellungnahmen zu dem Entwurf der Vollzugsbekanntmachungen abgegeben, die in vielen Punkten nicht berücksichtigt worden sind. Auch wurden wir vor der Veröffentlichung nicht noch einmal mit einbezogen. 

Dass eine so breit getragene Ablehnung der Natursportverbände quasi übergangen wurde, dafür hätte ich schon gerne eine Erklärung. Ein Ministerium sollte ja versuchen, alle Interessen zu berücksichtigen und für Ausgleich zu sorgen. Danach sehen wir dann weiter. Es wäre in jedem Fall schade, wenn eine Lösung nur so herbeigeführt werden kann, dass wir gegen offensichtlich rechtswidrige Sperrungen gegebenenfalls sogar klagen müssen.

Bereits unser erster Facebook-Post zu diesem Thema wurde stark diskutiert.

Mountainbiker in Sorge: Neue Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Umweltministeriums könnte weitreichende Folgen haben.

Gepostet von ALPIN - Das Bergmagazin am Dienstag, 22. Dezember 2020

Wir freuen uns auch weiter, eure Meinung zu lesen. Kommentiert diesen Artikel oder diesen Facebook-Post. Bitte verhaltet Euch dabei so, wie es auch auf dem Trail wünschenswert wäre: Höflich und respektvoll. 

Text von Holger Rupprecht

9 Kommentare

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Josef auf unserer Facebook-Seite

Die E-Bikes müssen weg. Oder Geschwindigkeit drosseln auf 10 km/h. Wenn die 80-jährigen mit 25 km/h den Berg hochfahren gibt das zu denken

Ul Rich auf unserer Facebook-Seite

Ich fahre schon seit 1989 Mountainbike. Durch diese lange Zeit habe ich natürlich schon viele "Trends" erlebt. Was gab es für schlechte Argumente für Scheibenbremsen, Federgabeln, 29er und viele andere technische Neuheiten. Neu ist im deutschen Kopf schlecht. Fahre ich auf Trails, sind natürlich Rennradfahrer und Forstwegfahrer "blöd". (Nicht meine Haltung, nur die Wahrnehmung, ich verurteile niemand) und werden bekämpft. Heute ist es das e-bike. Ich fahre bio und e-bike. Bedeutet also, am einen Tag bin ich der Gute und am anderen Tag der Schlechte. Ich fahre im Enduro Bereich und ich denke, daß ich meine Fahrzeuge bergauf wie bergab im Griff habe. Auf was ich hinaus möchte: Wir Radler sind ein leichtes Angriffsziel, weil wir uns untereinander schon nicht einig sind. Sogar in der neuen Verordnung steht, daß Bio- und E-bike gleichgestellt sind. Einem Älpler ist es im Grunde scheissegal, Ihn stört allein die fremde Anwesenheit. Jeder hat das Recht für seine Meinung zu diesem Thema, meldet euch aber zu einem Verband wie z.B. die DIMB an, um mit einer Stimme zu sprechen, egal was man fährt.

Michael auf unserer Facebook-Seite

Freitag
Wenn ich als Bikender Tourist nicht mehr willkommen bin, dann gebe ich mein Geld eben woanders aus, da wo man sich Gedanken macht , wie der Mountain Biker sich im Urlaub wohler fühlt. In Südtirol gibt es keine Probleme. Da ist das Wetter sogar viel besser. Und dafür nehme ich die 1 1/2 Stunden Fahrt gerne auf mich.

Thomas auf unserer Facebook-Seite

Ist wie mit der Mode. Alles kommt wieder. Ähnliche Vorbehalte gab es zum ersten Mal vor 25-30 Jahren als die ersten MTBs hier in den Wäldern auftauchten. Wir mühen uns damit heute noch ab. Bemerkenswert heute ist, dass MTBler Vorbehalte gegen MTBler äußern.

Martin auf unserer Facebook-Seite

Ich hoffe das reguliert sich nach der Corona Pandemie wieder von alleine wenn die wieder auf Malle fliegen dürfen.
E-Bikes und vanlife Hype lassen im gesamten Kontext, die Natur und deren einheimische Bewohner an die Grenzen gehen.
Ich fahre seit 25 Jahren Mountainbike und hatte noch nie Probleme.

Herbert auf unserer Facebook-Seite

Machen wir Mountainbiker uns doch nichts vor. Durch die E Komponente hat das Ueberhand genommen. Alle kommen mit Akku auf die Berge und das ist ein Mengenproblem.

Orania

Hallo, ich komme aus Luxemburg,ich und meine Kumpels kommen des öfteren nach Füssen zum Biken,ein singletrailverbot würde für uns définitiv das Aus unserer Ferien in Bayern bedeuten,--->für immer

schönes Fest euch allen

Nico

Es gibt in den Bayerischen Alpen extrem schwer zu fahrende Trails, wo auch immer wieder Unfälle passieren. Die könnte man wegen mir für MTBs sperren. Aber das sind nicht mal 0,001 Prozent der Single-Trails!

Bergguerillero

Bitte keine weiteren Verbote! Nehmt Rücksicht aufeinander und alles ist gut.