Erstmals zwei Männchen in Freiheit entlassen

Neue Bartgeier im Berchtesgadener Land: Vinzenz und Wiggerl ausgewildert

Bereits zum vierten Mal haben der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (kurz LBV) und der Nationalpark Berchtesgaden noch nicht flugfähige Bartgeier in einer Felsnische im Klausbachtal ausgewildert. Dabei wurden erstmals zwei Männchen ausgewählt.

Zwei neue Bartgeier braucht das Land: Vinzenz und Wiggerl ausgewildert
© Markus Leitner LBV

Zwei neue Bartgeier braucht das Land: Vinzenz und Wiggerl ausgewildert

Die beiden Jungvögel "Wiggerl" und "Vinzenz" hausen die nächsten vier Wochen gemeinsam in einer Felsnische auf 1300 Metern Höhe, bevor sie in die Bergwelt des Nationalparks aufbrechen. Einer der beiden Bartgeier, "Wiggerl", stammt aus Finnland, er wurde eigenes per Luftfracht nach Wien und von dort weiter nach Berchtesgaden transportiert. "Vinzenz" stammt aus einer Zuchtstation in Österreich, seinen Namen erhielt er von der Nationalparkverwaltung für die Gemeinde Ramsau. Der Jungvogel ist damit nach dem Schutzpatron der Nationalparkgemeinde benannt. 

"Wiggerl" (Koseform von Ludwig) erhielt seinen Namen von einer großzügigen Spenderfamilie aus München. Die beiden Tiere wurde nach einem Festakt in Tragekisten und auf Kraxen zur Auswilderungsnische hinaufgetragen. Darin waren bereits Nester aus Fichtenzweigen und Schafwolle vorbereitet worden. Am Ziel angekommen wurden die Vögel noch mit GPS-Sendern ausgestattet, untersucht und erhielten Futter. Die 88 und 89 Tage alten Vögel werden ab sofort ohne direkten Menschenkontakt in der Nische aufwachsen.

<p>Aufstieg zur Felsnische.</p>

Aufstieg zur Felsnische.

© Markus Leitner LBV

Bartgeier-Webcam zum Live-Mitverfolgen

Von einem nahegelegenen Beobachtungsplatz aus werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Tiere rund um die Uhr beobachten. Unterstützt wird das Team durch installierte Infrarotkameras und einen Livestream. Das Auslegen von Futter erfolge je nach Bedarf im Abstand von mehreren Tagen, teilten die Verantwortlichen mit. In etwa vier Wochen erwarten die Experten den ersten Ausflug der Bartgeier.

Wer die Entwicklung der beiden "Jungs" und ihre ersten Flugübungen mitverfolgen will, kann dies über Bartgeier-Live-Webcam tun. In den folgenden Monaten und Jahren kann auch der weitere Lebensweg der beiden Vögel begleitet werden. Dank der GPS-Sender auf den Rücken der Vögel können Interessierte auf einer Karte "mitfliegen".

Über das Bartgeier-Wiederansiedlungsprojekt in den Alpen

140 Jahre nachdem der Mensch sie ausgerottet hat, fliegen die gefährdeten Giganten wieder durch die Lüfte der deutschen Alpen. Das Gemeinschaftsprojekt ist auf mindestens zehn Jahre angelegt und soll die zentraleuropäische, alpine Population und dabei vor allem die Wiederansiedlung dieser seltenen Vogelart in den Ostalpen entscheidend unterstützen. In den drei ersten Projektjahren waren bereits fünf Bartgeier-Damen und ein Männchen ausgewildert worden. Insgesamt leben derzeit 300 Tiere in den Alpen.

"Bavaria", ein 2021 ausgewilderten Bartgeier, ist bereits in der Nähe des Nationalparks sesshaft geworden. Sie hat dort möglicherweise bereits ein Revier gegründet, in dem fremde Weibchen bald nicht mehr geduldet werden. Der erste unabhängige Nachwuchs im Nationalpark wird allerdings noch auf sich warten lassen, da Bartgeier erst mit fünf bis sieben Jahren die Geschlechtsreife erreichen. "Vor 2030 rechnen wir deshalb noch nicht mit Bruterfolg in den deutschen Alpen", sagte Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

<p>Bartgeier Wiggerl im Nest.</p>

Bartgeier Wiggerl im Nest.

© Markus Leitner LBV

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