Aktuelle Infos zur Bergung

Billi Bierling über den Tod von Luis Stitzinger am Kangchenzönga

Bergführer und Spitzenalpinist Luis Stitzinger ist am 25. Mai 2023 am Kangchendzönga verunglückt. Der erfolgreiche deutsche Höhenbergsteiger hatte zuvor gegen 17 Uhr den 8.586 Meter hohen Gipfel solo und ohne Flaschensauerstoff erreicht. Billi Bierling, Vorsitzende der Himalayan Database, gab uns schriftlich Auskunft zu den Ereignissen um die Suche und der aktuellen Situation an den Achttausendern.

Luis Stitzinger mit Ehefrau Alix von Melle.
© goclimbamountain.de/Luis Stitzinger

ALPIN: Wie verlief die versuchte Rettung?

Es war keine Rettung im klassischen Sinne, sondern eine Suchaktion. Wir erfuhren von Luis' Verschwinden am Freitag morgen und haben sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass am nächsten Tag ein Helikopter mit einem Sherpa Team zum Basislager fliegt. Leider ließ das Wetter zwei Tage lang keinen Flug zu, (das passiert oft am Kangchenjunga) und der Helikopter konnte das Team erst am Montagmorgen ins Basislager bringen.

Die Sherpas sind gleich bis ins Lager 2 aufgestiegen und haben dann am Dienstag, 30.5. Lager 4 erreicht. Von dort sind sie noch höher aufgestiegen und haben Luis auf ca. 8.300m, ca. 50m neben der Route entdeckt. Von dort brachten sie ihn ins Lager 4 und am Mittwoch, 31.05. wurde er ins Lager 2 gebracht von wo er mit dem Helikopter nach Kathmandu geflogen wird.

ALPIN: Wie gut kanntest du Luis? Wie hast du ihn erlebt?

Ich kenne Luis und seine Frau Alix aufgrund meiner Tätigkeit bei der Himalayan Database und habe die beiden vor Jahren kennen und schätzen gelernt. Es war immer schön, sie hier in Kathmandu zu sehen. Luis war ein sehr positiver und energiegeladener Mensch. Als ich 2014 auf Expedition am Makalu war, waren die beiden auch dort und wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Mit Luis haben wir fast jeden Nachmittag Schafkopf gespielt, was immer ein Highlight war.

Ich habe Luis als extrem positiven und einfühlsamen Menschen kennengelernt. Er wurde von allen gerne gesehen und war ein richtiger Sonnenschein. Ich kannte Luis nicht SEHR gut, aber hatte immer Freude, ich ihn sah. Er war ein wichtiger Teil der Bergsteigerszene, in den Alpen sowie im Himalaya und ich werde ihn hier sehr vermissen.

ALPIN: Wie beurteilst du die aktuelle Saison an den 8000ern?

Die aktuelle Saison an den 8000ern ist eine Weiterführung der Entwicklung, die wir schon seit einigen Jahren beobachten. Immer mehr Menschen wollen die 14 8000er in kurzer Zeit besteigen und es ist bereits gang und gäbe, dass man mehr als einen 8000er pro Saison besteigt. Es gab diese Jahr Leute, die zuerst auf der Annapurna I, dann auf dem Dhaulagiri I und dann noch auf dem Kangchenjunga waren. Oder sie stiegen auf den Lhotse, Everest und Makalu.

Die Helikopterflüge haben ihren Höchststand erreicht und die Menschen am Everest haben teilweise sehr wenig Erfahrung, was zu einigen Unfällen und vielen Erfrierungen geführt hat. Ich denke aber, dass die Art diese hohen Berge zu besteigen in unsere heutige Zeit passt. Es geht darum, Rekorde zu brechen, wobei die Berge dabei leider oft an zweiter Stelle stehen.

Die Menschen wollen Geschichte schreiben und da an den Normalrouten der hohen Berge schon alles gemacht wurde, wollen sie damit glänzen, beispielsweise die erste Frau mit den längsten Haaren zu sein. Was mich ein wenig traurig macht, ist dass teilweise der Respekt vor den Bergen verloren gegangen ist, da sie in den sozialen Medien oft als so einfach dargestellt werden. Niemand soll Angst vor den hohen Bergen haben, aber Respekt, und ich hoffe, dass das die Menschen in den kommenden Jahren wieder lernen werden, denn ich denke, dass dann auch weniger passiert.

Faszination nicht nur für Höhenbergsteiger. Die 14 höchsten Berge der Welt ziehen jährlich tausende Bergsteiger in Ihren Bann. Wir stellen die 14 Achttausender der Erde kurz vor:

Text von Lubika Brechtel