Der Südtiroler zur Corona-Krise

Messner: "Es besteht das Risiko, dass wir verschwinden"

Die 75-jährige Bergsteigerlegende ist mit seiner Lebensgefährtin in München gestrandet.

Messner: "Es besteht das Risiko, dass wir verschwinden"
© Imago / Bildwerk

Günter Klein, Chefreporter der Sportredaktion des Münchner Merkur, hat Reinhold Messner zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie befragt. Wir veröffentlichen Auszüge aus dem Interview vom 01.04. 2020 mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Gerade flüchten sich die Menschen auch in die Berge.

Ja, ist das in Bayern noch erlaubt? In Südtirol ist es verboten, mein Sohn, der ein sehr guter Kletterer ist, aber fürchtet, seine Kondition zu verlieren, hat mir erzählt, dass sie einen mit Helikopter und Drohnen verfolgen. Er geht nicht mal mehr auf unseren Hausberg, weil sonst eine mächtige Strafe droht.

Übertriebene Regierungsmaßnahme, oder?

Ich denke, wenn ich auf den Berg steige, bin ich keine Belastung. Man muss aber diskutieren – und das tut man in der Schweiz –, was ein Unfall im Gebirge bewirken würde an Einsätzen mit vielen Rettungskräften. Und man sollte die Kliniken derzeit mit nichts anderem belasten. Einer meiner Brüder ist Arzt, das Krankenhaus in Bozen hat ihn zurückgeholt, er kriegt alles mit, was sich bei uns abspielt.

Nochmals zu den Bergen. Auf denen fühlt man sich erhaben, die irdischen Probleme liegen unter einem. Doch gerade in der Bergwelt ist es vermehrt zu Ansteckungen gekommen.

Wo ist es passiert? In den berühmten Topdestinationen, in Ischgl, in Südtirol. Wegen der engen Kabinen, wegen des Aprés-Ski. Pistenskifahren hat mit Alpinismus gar nichts zu tun, das war es noch vor dem Ersten Weltkrieg, als man noch selbst aufstieg und mit den Brettern runterfuhr. In den 30er-Jahren fing man an, zu präparieren, die Hänge gegen Lawinen abzusichern. Man brachte die Menschen zu Tausenden auf den Berg. Die Leute fuhren ins Gebirge, um die Stille zu erleben. Doch weil es alle machten, wurde daraus das Gegenteil. Man ist beim heutigen Skifahren in inszenierten Landschaften unterwegs. 90 Prozent der Berge sind übrigens nicht überlaufen, dort sind die Wildnis und die Einsamkeit, die die Bergsteiger suchen. An einem Prozent der Bergwelt treffen sich fast alle anderen – wenn also etwas ausbricht, ist es kein Wunder, dass sich dort etwas vermehrt.

Was muss geschehen?

Der Mensch ist nun mal ein Mängelwesen, wir haben mehrere Schwachpunkte in uns. Es besteht das Risiko, dass wir verschwinden. Wir hatten schon die Spanische Grippe, die Millionen das Leben gekostet hat, und es wird eine nächste Pandemie kommen. Wir müssen Geld in die Wissenschaft investieren und im Fall von Corona alle durchimpfen, dann werden wir dieser Sache Herr. Einen Ausbruch in Afrika möchte ich nicht erleben. Italien erlebt eine Katastrophe, das aber wäre eine noch größere.

Warum Reinhold Messner derzeit in München festsitzt, wie er auf Fans reagiert, die ein Selfie mit ihm wollen und wie es den Angestellten seiner zahlreichen Betriebe in Südtirol geht, erfahrt Ihr weiter im Interview auf merkur.de.

5 Kommentare

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Holohorst

@olliS. Klar hat der Messner Lebenserfahrung. Wie übrigens jeder andere 75jährige auch. Nur ob er sie uns auch in solchem Kurzinterview offenbart, das wäre die Frage.

"Wir müssen Geld in die Wissenschaft investieren und im Fall von Corona alle durchimpfen, dann werden wir dieser Sache Herr."

Sind das wirklich Worte, die aus der Mitte des Menschen kommen? Oder vielleicht doch aus der Blaupause einer unbenannten Organisation, die nur das Beste für uns alle will?

Mich jedenfalls macht schon der frivole Vergleich von Corona mit Spanischer Grippe hellhörig. Es scheint, Herr Schneider, Sie legen hier eine sehr bequeme, leider immer noch mehrheitstaugliche Blauäugigkeit an den Tag.

Michael T. Heck

Der Herr Messner erzählt heute dies und morgen das,

abgesehen von seinen inzwischen unüberschaubar vielen Versionen zu den Geschehnissen am Nanga Parbat 1970, wo mal der Herrligkoffer, mal seine Kameraden am Berg "schuld" gewesen sein sollen, was ihn aber nicht gehindert hat, später den Vorsitz der Herrligkoffer-Stiftung zu übernehmen,

ist er einmal für den Flughafen Bozen, ein anderes Mal befürwortet er den Anschluss der A27 an die A23/E55 durch die Dolomiten östlich des Piave, findet sowieso, dass Südttirol wie Destinationen in der Schweiz mehr Touristen vor allem aus Asien anlocken müsste,

spricht sich aber andererseits gegen den Neubau der Höllentalangerhütte aus, ihm wäre überhaupt am liebsten, wenn der Alpenverein doch einfach seine Hütten stilllegen und die Wege aufgeben würde. Mit dem Alpenverein hat er sowieso grundsätzlich ein Problem, da ihm von diesem "dasselbe angetan worden" sei "wie Juden durch Deutsche während des Zweiten Weltkrieges." Man sieht also, der Mann ist nicht zimperlich, wenn es gilt auszuteilen, dann sollte er selbst aber auch ein wenig Kritik vertragen können.

Einmal vergleicht er Gerlinde Kaltenbrunner mit Paris Hilton, ein anderes Mal gratuliert und und verteidigt er Oh Eun Sun.

Ja, man kann schon irgendwie nachvollziehen, dass der Alpenklub "Berggeist" die Aufnahme Messners "wegen diffuser Charaktereigenschaften" abgelehnt hat.

Ich habe zu diesem Thema eigentlich nur noch zwei abschließende Fragen:

Mir möge bitte jemand erklären, wieso es verwerflicher sein soll, wenn sich die Touristen in der engen Gondel beim Skilaufen in Ischgl anstecken, als wenn sie dies in der engen Gondel am Kronplatz tun, wenn sie das dortige MMM besuchen.

Und dann hätte ich gerne noch gewußt, woraus sich eine erhöhte Kompetenz des ehemaligen Bergsteigers in Sachen der Corona-Epedemie ergeben sollte.

olliS.

Jemand mit solch einer Lebenserfahrung muss man ernst nehmen ! Er ist eine absolute Ausnahmeerscheinung und sein Lebenswerk ist unglaublich - nicht nur bergsteigerisch. Es mögen sich also bitte schön alle Kritiker etwas mehr mässigen in ihren Ausführungen.

olli Schneider

aircontroller

@Herr Heck - schon ein kleines Lächeln Ihrerseits könnte "Berge" versetzen.
Was muß Ihnen widerfahren sein, daß Sie so garstig sein können?
Damit steigen Sie bestimmt nicht in den Kreis der Denker und Dichter.

Michael T. Heck

Darauf habe ich gerade noch gewartet. Es ist alles gesagt, nur offenbar noch nicht von jedem. Nach so ziemlich jedem Politiker und auch solchen bedeutenden Denkern und Geistesgrößen der Gegenwart wie "Greta", Meike Lobo, Stephanie Probst, Richard D. Precht, Jakob Augstein, Johannes B. Kerner, Oliver Pocher, Jogi Löw und Boris Becker (Um nur einige zu nennen, aber die verdienen es wirklich, in einem Atemzug genannt zu werden!), spricht es nun endlich auch aus dem GröBaZ. Er kreiste für seine Verhältnisse wahrlich lange und gebar:

Subtext: Er in seiner Zeit durfte noch die Berge "nutzen", wie er lustig war. O.K. an einem guten Tag gesteht er sowas dann vielleicht auch einem Paul Preuß oder Hermann Buhl zu... Jedenfalls nahm er sich auch das Recht, seine Abenteuer durch Verbeitung in jegleicher Form zu monetarisieren. Mit Erfolg: Nicht zuletzt er hat das Rekordstreben im Alpinismus und den Run auf die Berge im Allgemeinen mitzuverantworten. Dinge, die er jetzt scheinheilig kritisiert, obgleich er mit seinem sogenannten "Museumsprojekt" Massentouristen aus aller Welt nach Südtirol und in die Dolomiten locken möchte. Der Mann verdient bis heute selbst am Massentourismus. Bösere Menschen, als ich es bin, würden sein oberlehrerhaftes Geschwätz mit den biblischen Pharisäern in Verbindung bringen.

Und am Ende beschwört Messner gar noch die Apokalypse herauf: "Es besteht das Risiko, dass wir verschwinden." Ich dachte, der Mann sei ehemaliger Mittelschullehrer, Profibergsteiger, Politiker und Museumsstifter... ist er jetzt auch noch Epidemiologe oder sowas wie ein Prophet?