Hochtour auf den elegantesten Berg der Ostalpen

Bergporträt: Der Hochgall (3.436 m)

Der Hochgall bietet wie kaum ein anderer Berg in den Hohen Tauern Routen für jeden Geschmack. Keiner der Wege auf seinen Gipfel ist leicht, nicht einmal die beiden Normalwege. Da der Aufstieg von südtirolerischen Rein über das Graue Nöckl und den Nordwestgrat die sicherste Variante darstellt, lohnt sich ein Ausflug zu den italienischen Nachbarn allemal.

Der Hochgall (3.436 m)
© Herbert Raffalt

Der Hochgall: Grenzberg zwischen Österreich und Südtirol in den Hohen Tauern

Die Hohen Tauern, dieses nahezu rein österreichische Hochgebirge, nehmen ihren südwestlichen Ausgangspunkt in der Rieserfernergruppe – und die gehört mehrheitlich zu Italien. So ist auch der höchste Gipfel der Rieserfernergruppe, der Hochgall, ein echter Südtiroler, steht doch sein höchster Punkt ganz eindeutig und vollständig auf Südtiroler Territorium. 

Aber auch die Osttiroler haben ihren Hochgall-Gipfel, und der ist mit 3425 Metern wirklich nur unwesentlich niedriger als der Hauptgipfel.

Der Hochgall: Die Besteigungsgeschichte

Der Osttiroler Nebengipfel des Hochgall wurde nachweislich auch als erster erstiegen: im Jahre 1854 anlässlich der Triangulierung durch Oberleutnant Hermann von Acken mit zwei Messgehilfen aus dem Defereggental. Den Hauptgipfel holten sich 14 Jahre später am 3. August 1868 Karl Hofmann und V. Kaltdorff mit den Reiner Führern Georg Weiss und Hans Oberarzbacher. Damit hatten sie die Südtiroler Schauseite des Berges erschlossen.

Der Hochgall: Welche Routen führen zum Gipfel?

Ganz besonders wegen des großartigen Anblicks, den der Hochgall von Rein herauf abgibt, zählt er bei Weitem zu den elegantesten Bergen der Ostalpen. An seinen beiden Gipfeln laufen fünf Grate zusammen, drei davon sind von topografischer Bedeutung. 

<p>Die Kasseler Hütte hoch über dem Bachertal bietet den idealen Stützpunkt für den Nordwestgrat des Hochgalls.   </p>

Die Kasseler Hütte hoch über dem Bachertal bietet den idealen Stützpunkt für den Nordwestgrat des Hochgalls.

© Herbert Raffalt

Der Nordwestgrat mit dem Grauen Nöckl ins Bachertal hinab, der Nordostgrat von der Barmer Spitze herüber und der Südwestgrat von der Schwarzen Scharte herauf. Die ersten beiden tragen die anspruchsvollen Normalwege, der Südwestgrat bietet eine zauberhafte, wenngleich nicht sehr bekannte Kletterei an griffigem Granit im III. und IV. Schwierigkeitsgrad.

Die schwierigsten Routen am Berg ziehen durch die bis zu 800 Meter hohe Südwand oberhalb des Antholzer Sees: sehr ernste alpine Anstiege im IV. und V. Grad mit ziemlich abenteuerlichem Charakter. Trotzdem war das Schaustück des Hochgalls immer die Nordwand: In früheren Zeiten einer der berühmtesten Eisanstiege der Ostalpen, ging die gesamte Eisauflage mittlerweile den Gang alles Irdischen. Die Wand ist bestenfalls in den Frühlingsmonaten noch eine Reise wert, wenngleich der ausgeaperte und damit schwer abzusichernde Ausstieg mit den Jahren immer heikler geworden ist.

<p>Hochgall: Die Tour in der Übersicht.</p>

Hochgall: Die Tour in der Übersicht.

© Tyrolia Verlag

Der Hochgall: Über das Graue Nöckl und den Nordwestgrat auf den Höchsten der Rieserfernergruppe

Summa summarum bietet der Hochgall wie kaum ein anderer Berg in den Hohen Tauern Routen für jeden Geschmack passende Touren. Keiner der Wege auf seinen Gipfel ist leicht, nicht einmal die beiden Normalwege. Da aber der Aufstieg von Rein über das Graue Nöckl und den Nordwestgrat die entschieden sicherere Variante darstellt, lohnt der Ausflug zu den Südtiroler Nachbarn allemal.

  • Schwierigkeit: Langer hochalpiner Gratanstieg an meist zuverlässigem Fels, nahezu durchgehend im II. Schwierigkeitsgrad. Die Schlüsselstellen (III–/A0) befinden sich im oberen teilweise versicherten Gratteil. Am Vorgipfel wartet dann noch ein finaler Adrenalinschub: Der Übergang zum Hauptgipfel ist ohnehin schon ausgesetzt genug. Wenn dann im Frühsommer noch Wechten das Fortkommen erschweren, wird’s richtig spannend. Bei der Zeitplanung sollte der lange Abstieg am Grat eingerechnet werden: Man ist nicht viel schneller unterwegs als im Aufstieg. Zudem ist der Nordwestgrat bei Gewitterneigung eine ausweglose Mausefalle: Also nur bei stabiler Wetterlage einsteigen.

  • Höhenunterschied/Länge: 1210 Hm ( 50 Hm Gegenanstieg beim Grauen Nöckl im Abstieg), 4,5 – 5 Std. Aufstieg, 3,5 – 4 Std. Abstieg.

  • Talort: Rein in Taufers, 1595 m

  • Ausgangspunkt: Großer Parkplatz bei der Jausenstation Säge an der Ausmündung des Bachertals, 1580 m.

  • Hütte: Kasseler Hütte, DAV Kassel, 2276 m, bewirtschaftet im März und April sowie im Sommer von Anfang Juni bis Mitte Oktober, 2 – 2,5 Std. von der Säge, kasseler-huette.com

  • Material: Hochtourenausrüstung, Helm, drei bis vier Express-Schlingen und lange Bandschlingen zum Sichern am Grat.

Toureninfos: Hochtour über das Graue Nöckl und den Nordwestgrat auf den Hochgall

  • Route: Von der Hütte wandert man am markierten Steig am Tristennöckl, 2465 m, vorbei nach Süden in Richtung Antholzer Scharte und erreicht so den Rücken, der das Tristenkees im Osten begrenzt. Über diesen Kamm steigt man bis P. 2747 auf, wo an der Beschilderung zum Hochgall eine Querung nach links ansetzt. Genau nach Osten hält man auf das Graue Nöckl, 3084 m, zu, das anschließend über den Westgrat erstiegen wird, 2 Std. von der Hütte. Anschließend geht’s drahtseilversichert steil nach Süden hinab in die Scharte vor dem Hochgall-Nordwestgrat. Nunmehr stets am blockigen Grat in genussreicher Kletterei aufwärts. Bei wirklich gutem Firn lohnt es sich, auf einen Rücken weiter links auszuweichen und parallel zum Grat aufzusteigen. Im oberen plattigen Teil des Grates bleibt man längs der dortigen Versicherungen direkt am Grat und erreicht so den firnigen Vorgipfel. Auf Messers Schneide traversiert man abschließend durch eine wenig ausgeprägte Scharte zum höchsten Punkt.

  • Abstieg: Ebenfalls über den Nordwestgrat, 3,5 – 4 Std.

  • Weitere Route: Normalanstieg aus dem Defereggental über die Barmer Hütte (3 Std. Zustieg): Von der Barmer Hütte bis kurz vor die Riepenscharte, dann über das Rückzugsgelände des Patscher Ferners an die Ostflanke. Durch eine 42 Grad geneigte Firnrinne (aktuelle Verhältnisse bei der Hüttenwirtin erfragen) zum Nordostgrat und über den österreichischen Gipfel zum Hauptgipfel, Firn und Fels bis III–, 4 Std.

<p>Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs</p>

Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs

© Tyrolia Verlag

Mit freundlicher Genehmigung aus:

Text von Robert Demmel

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