Der Eifelsteig ist ein etwa 320 Kilometer langer Fernwanderweg, der von Aachen nach Trier führt. Wer die gesamte Strecke erwandern möchte, dem wird gemeinhin empfohlen, dies in 15 Etappen zu tun.
Trailrunner Holger Lapp (trampelpfadlauf.de) hat den Fernwanderweg auch in Etappen absolviert. Und zwar in einer einzigen.
Am frühen Morgen des Gründonnerstags lief der 43-Jährige los und kam etwa acht Marathons und knapp 8.000 Höhenmeter später völlig erschöpft und tief bewegt am Karsamstag an der Porta Nigra in Trier an. 52 Stunden und 49 Minuten hatte der laaaange Lauf auf dem Eifelsteig insgesamt gedauert.
Wir haben uns mit Holger Lapp über sein Projekt unterhalten.
Interview mit Holger Lapp: Eifelsteig Nonstop@(zwischenHeadlineTag)>
Holger, erst Mal Riesen-Gratulation zu Deiner Leistung. Wie geht es Dir aktuell?
Prinzipiell geht es mir gut. Körperlich fühlt es sich ein bisschen so an, als hätte ich eine klassische Grippe hinter mir und wäre davon noch geschwächt. Ich bin sehr schlapp, schlafe auch noch nicht wieder gut, meine Beine schmerzen, der Rücken auch ...
Mental bin ich auch noch in einer Art Schwebezustand. Am Samstag am "Finish-Tag" des Laufs hatte meine Frau Geburtstag, am Sonntag ich, am Montag mussten wir einiges organisieren. Über die Tage sind unzählige Mails und Anfragen gekommen, seit Dienstag bin ich wieder beruflich im Home-Office und am Dienstagabend war ich beim WDR in einer Live-Schaltung im Fernsehen. Verarbeitet habe ich den Lauf noch nicht.
Wie bist Du auf die Idee für dieses Projekt gekommen?
Ich wohne direkt am Eifelsteig und dachte mir schon lange, dass ich die Strecke mal komplett absolvieren möchte. Mein erster Gedanke war, eine viertätige Etappen-Wanderung daraus zu machen. Dann kam die Idee, ihn in drei Tagen zu laufen. Und irgendwann dachte ich mir: 'Ich lauf' den einfach nonstop!'. Aufgrund der enormen Distanz hatte ich aber großen Respekt vor der Herausforderung und es war bis dato nur eine Idee.
Im Winter bin ich dann mal mit einem Kumpel eine ganze Nacht durchgelaufen und habe von dieser Aktion ein Foto an den WDR geschickt. Der rief dann bei mir an und fragte, ob ich denn für dieses Jahr noch so eine 'bekloppte" Idee vorhabe, das würden sie gerne begleiten ... Das war dann gewissermaßen der Funke, den es noch brauchte.
Du hast schon viele Ultras gefinished. Aber 317 Kilometer sind auch für Dich eine noch nie dagewesene Herausforderung gewesen. Wie hast Du Dich darauf vorbereitet, wie hast Du trainiert?
Mein längster Lauf bis dahin war der Persenk Ultra in Bulgarien mit 160 Kilometern und 7.500 Höhenmetern. Sprich, die Hälfte an Kilometern und eine ähnliche Zahl an Höhenmeter habe ich schon mal geschafft.
Das Trainining zu strukturieren war herausfordernd. Vor meinen 100 Kilometer- bzw. 100 Meilen-Rennen bin ich im Training höchstens die Hälfte der Distanz in einem Stück gelaufen. Aber bei einer Strecke von 320 Kilometern kommt das nicht in Frage. Das hätte zu lange Regenerationszeiten nach sich gezogen. Auch die Faustformel für Ultra-Trainingspläne, in einer Woche insgesamt auf die Kilometer des geplanten Laufs zu kommen, war zu hart.
Meine längsten Vorbereitungsläufe waren so 70 Kilometer und in einer Traingswoche kamen 120 Kilometer bis maximal 170 Kilometer zusammen. Dazu viel Krafttraining.
Mindestens genauso wichtig wie das körperliche Training war aber die mentale Vorbereitung. Da kam mir meine Ausbildung als systemischer Coach zu Gute. Da habe ich gewisse Methoden wie etwa Zielfokussierung oder Ressourcenarbeit gelernt. Das hat mir viel geholfen.
Unterwegs habe ich mir viele kleine Ziele gesetzt, die Strecke in viele kleine Einheiten unterteilt und bin letztlich von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation gelaufen. So war das nächste Ziel eigentlich nie mehr zwei Stunden entfernt.
Hattest Du mal ein richtiges Tief, in dem Du ans Aufgeben dachtest?
Nach etwa 77 Kilometern war ich kurz davor abzubrechen. Ich hatte Magenstechen, Krämpfe, meine Beine waren komplett leer. So dreckig ging es mir noch nie bei einem Lauf. Und da hatte ich ja noch 240 Kilometer vor der Brust ... Grund war vermutlich die ungewohnte Frühjahrs-'Hitze' mit 23 Grad an diesem Tag. Ich kann prinzipiell gut mit Hitze umgehen, aber es war einfach der erste richtig warme Lauftag seit vielen Monaten. Das hat meinem Körper zugesetzt.
Was hat Dich weitermachen lassen?
Wir hatten ein Wohnmobil dabei. Darin saß ich mit meiner Frau und meinen Freunden Björn und Gero. Sie haben mich liebevoll darauf hingewiesen, dass ich ja gar keinen Stress habe und jetzt einfach mal gemütlich und ohne Druck ausruhen darf. Dann habe ich gegessen und getrunken und nach etwa einer halben Stunde habe ich es wieder versucht. Es wurde dann auch schnell kühler und mit einem Mal lief es wieder. Und zwar in einem Tempo durch und bis zum Ende ...
Wie war Deine Unterstützung organisiert? Wie wurde Dir geholfen?
Die wichtigsten Helfer waren Björn und Gero, die das Wohnmobil gefahren sind und - selbst ohne Schlaf - die gesamte Zeit bei mir waren. Ausgemacht war, dass sie bei jedem der 15 Etappenorte stehen und mit Essen und Trinken auf mich warten. Letztlich haben sie mich aber viel öfter in Empfang genommen und mich unterstützt. Das hat mir sehr geholfen und ich bin den beiden unglaublich dankbar.
Das Uhrwerk läuft und läuft...auf die 200km Marke zu...
Gepostet von Trampelpfadlauf am Freitag, 2. April 2021
Unterstützt haben mich zudem etwa 30 Läufer:innen aus meinem erweiterten Bekannten- und Freundeskreis, die mich auf der Strecke begleitet haben. Ein ständiger Wechsel von Gesichtern und Gesprächsthemen. Manche waren 20 Kilometer dabei, manche 50 Kilometer. Ein Kumpel lief 80 Kilometer mit und eine starke Ultra-Läuferin gar 100 Kilometer! Auch das hat mir viel geholfen, gut durchzukommen,
Wie hast Du Dich versorgt und gepflegt während des Laufs?
Ich hatte mich im Vorfeld mit hochwertigen Riegeln, Schokolade, Nüssen und allerlei Leckereien aus dem Bioladen eingedeckt. Gegessen davon habe ich praktisch nichts. Stattdessen habe ich vor allem ein tolles Dinkel-Vollkorn-Brot mit veganen Aufstrichen gegessen. Zweieinhalb Laibe! Und zwei Mal gab's Nudeln. Und ab und an Gemüsebrühe. Zwei Kilo habe ich während des Laufs an Gewicht verloren.
Kurzer Snack fürs "Uhrwerk" und weiter Richtung Trier. Fegt schon mal den Platz und stellt das Bier kalt, viel Bier bitte ??????
Gepostet von Trampelpfadlauf am Freitag, 2. April 2021
In der Nacht habe ich die Klamotten gewechselt, nach 100 Kilometern auch jeweils die Schuhe und die Socken. Dabei habe ich mir dann auch die Füße eingecremt. Auch die Nase hat ein wenig Creme abbekommen. Sonst nichts, kein Massage, Physio oder ähnliches.
In der zweiten Nacht habe ich eine Stunde lang geschlafen. Das habe ich während eines Laufs noch nie gemacht und ich hatte die Befürchtung, danach nicht wieder aufstehen zu können. Es war aber sogar besser als nach den sonst üblichen 15-minütigen Sitzpausen. Ich bin zwar wie ein sehr alter Mann aus dem Wohnmobil gehumpelt, war aber gefühlt wieder relativ frisch.
Nimm uns mal mit auf die letzten Kilometer und vor allem auf die letzten Meter Deines Zieleinlaufs in Trier. Was ging da in Dir vor?
Die letzten Meter vor dem Ziel waren unglaublich emotional. Den ganzen Tag über war es kühl gewesen, plötzlich kam die Sonne raus, die Vögel zwitscherten. Ich lief wie im Tunnel, habe sogar eine rote Fußgängerampel übersehen. Es kamen so viele Gefühle hoch. Meine Frau ist leider zum zweiten Mal sehr schwer erkrankt. Sie hattte zudem an diesem Tag Geburtstag und als ich sie sah und auf sie zulief kamen mir die Tränen. Außerdem waren viele Freunde da und haben mich in Empfang genommen. Kurz gesagt: Es war der schönste Zieleinlauf meines Lebens.
Du bist nicht "nur" für Dich gelaufen, Deine Aktion hatte auch einen karitativen Hintergrund.
Ja, ich habe mit dem Lauf Spenden für die "Hardcore Help Foundation" gesammelt. Das ist eine Non-Profit-Organisation aus der Metal-, Hardcore- und Punk-Szene, in der ich musikalisch beheimatet bin. Sie engagiert sich beispielswiese in der Obdachlosen- und Flüchtlingshilfe. Bis jetzt sind schon über 5.500 Euro zusammengekommen! Das freut mich unglaublich. Wer mag, kann hier spenden, jeder Euro hilft!
Zudem bin ich auch für meine Frau Ina gelaufen. Sie ist an Krebs erkrankt und ich hoffe, ihr und anderen mit einem Lauf wie diesem zeigen zu können, was mit mentaler Stärke möglich ist. Auch wenn man meint, es geht nicht mehr und man aufgeben möchte, geht es oft doch noch weiter. Wir können so viel schaffen, wenn wir daran glauben.
11 Kommentare
Kommentar schreibenEin zum Heulen schöner und emotionaler Lauf....ich wünsche Holger und Ina alles Liebe dieser Welt. Ich weiss durchaus, wie fürchterlich sich das alles unterwegs anfühlen kann und wie seltsam es ist, wenn man es geschafft hat. Eine solch lange Strecke steht bei mir zwar nicht mehr auf der Liste, aber Danke für diese unglaubliche Inspiration und Danke, dass man sich mit seinen eigenen Laufprojekten nicht alleine fühlt, wenn Andere nicht mehr ermessen können, warum man sowas macht.
Matthias, Dankeschön
Grenzgeniale Leistung
Gero, Björn und Holger, ich bin kein Extremläufer und kann mir halt nicht vorstellen, dass man 317 Kilometer am Stück laufen kann. Und es gab schon Fälle (z.B. Christian Stangl am K2!), wo die Öffentlichkeit belogen wurde. Daher habe ich GEFRAGT nicht UNTERSTELLT. Das habe ich deutlich so geschrieben. Sollte das anders ausgesehen haben, tut es mir leid. Nicht gerechtfertigt halte ich dennoch, dass ich jetzt hier beschimpft werde. Aber Schwamm drüber, ihr verteidigt halt euern Kumpel vehement, verstehe ich auch. Zumindest habt ihr mich jetzt restlos überzeugt und ich möchte v.a. Holger sagen, dass ich seine Leistung einfach mega finde.
Hallo Matthias
ich finde es immer gut wenn Menschen im Netz sehr kritisch mit den veröffentlichten Inhalten umgehen.
Noch viel besser finde ich es aber, wenn diese Menschen anschließend, bevor die große Keule ausgepackt wird und in der Öffentlichkeit von Betrug gesprochen wird, einfach mal selber recherchieren ob ein Anfangsverdacht begründet erscheint. Neben Björn und mir als Zeugen (aber klar wir könnten ja auch Komplizen sein ...) gibt es hier genügend direkt in den Artikel eingebundenen Belege die deinen Vorwurf unmittelbar entkräften:
Da wären z.B. die im Artikel eingebundenen Links zu den Videos der Social Media Netzwerke Facebook und/oder Instagram.
Wenn dir das nicht reicht (kann ja dieselbe Betrugsmasche sein) einfach mal kurz Holger Lapp googlen: da erscheint direkt der Link zum passenden WDR Bericht und Interview.
Dann hätten wir noch den Live-Track der auf der im Artikel verlinkten Homepage eingebunden ist und natürlich die auf den Bilder zu sehenden Begleitläufer als Zeugen.
Ich glaube, das zu prüfen (Videos und Kommentare einsehen, Artikel googlen und WDR Beitrag ansehen, ...) wäre deutlich schneller gegangen als ich fürs tippen hier gebraucht habe.
Daher meine direkte Empfehlung und exklusiv für dich und fürs nächste Mal:
1) lesen und den schönen Artikel genießen
2) Inhalte hinterfragen
ABER DANN:
3) Hirn einschalten und selbstkritisch nach belegbaren Fakten für oder gegen den aufkeimend Verdacht suchen!! Und erst wenn du dir ganz sicher bist mit Betrug oder vergleichbaren Vorwürfen um sich schmeißen.
Grüße und danke fürs beherzigen / alternativ halt viel Spass noch beim Stänkern im Netz
Gero De Brouwer
Wahnsinns-Leistung ....noch dazu für einen guten Zweck, und um seiner kranken Frau Mut zu machen, dass man alles schaffen kann....find i toll !
Hi Matthias,
ich kenn dich nicht (zum Glück). Dein Kommentar macht mich nicht traurig, sondern stinksauer. Was bist du den für ein armes Würstchen, das du nach so einer Aktion, solche Fragen in den Raum wirfst? Hast du mitbekommen, das es hier um den guten Zweck ging, oder fragte du dich vielleicht auch ob wir das Geld in die eigene Tasche stecken?
Jeden weiteren Kommentar zu dir verkneifen ich mir, da sonst dieser Post hier zensiert wird.
Björn Meurer (der die komplette Strecke dabei war)
Hallo Matthias,
deine Antwort macht mich richtig traurig. Du sieht ja in dem Bericht die social Media Posts und die Zeiten dazwischen und die KM, damit kannst du nach rechnen. Jeder Mitläufer kann dir das auch bezeugen und zudem kannst du hier noch für ein paar Tage das Livetracking einsehen (an ein paar Stellen etwas ungenau und nicht ganz so viele KM, liegt aber am Intervall des Gerätes und der Geografie): trampelpfadlauf.de/live-tracking/
Tatsächlich unglaublich. Ist denn die Story irgendwie bewiesen? Oder kann es sein, dass der Läufer "heimlich" mit dem Rad oder sogar mit dem Auto unterwegs war? Hat's alles schon gegeben ... Will nix unterstellen, aber ich frag einfach mal nach.
Unglaublich! Respekt.