"Das Beste geben und das Allerbeste behalten"

Ralf Dujmovits im ALPIN-Interview

Der Traum, ohne Flaschensauerstoff und Hochträger auf dem Mount Everest zu stehen, ging für Ralf Dujmovits auch dieses Jahr nicht in Erfüllung. Am 18. Mai 2012 entschied sich der 50-jährige deutsche Extrembergsteiger seinen Gipfelversuch abzusagen.

Ralf Dujmovits im ALPIN-Interview
Hörte auf sein Bauchgefühl: Ralf Dujmovits (Foto: Ralf Dujmovits).
Hörte auf sein Bauchgefühl: Ralf Dujmovits (Foto: Ralf Dujmovits).

Während Dujmovits am 18. Mai 2012 vom Südsattel (7950m) abstieg, traute er seinen Augen nicht. Unter ihm zogen sich 200 Menschen an den von den Sherpas angebrachten Fixseilen die Lhotse Flanke hoch, um am 19. Mai ihren langgehegten Traum zu erfüllen - um jeden Preis auf dem höchsten Punkt der Erde zu stehen.

Alpin: Eine erfolgreiche Besteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff stand ganz oben auf deiner Liste. Am Südsattel wurde dir bewusst, dass dich der Aufstieg ohne Hochträger und Sauerstoff zu sehr erschöpft hatte. Warst du überrascht, dass es dich so angestrengt hat?

Ralf Dujmovits: Es überraschte mich schon, allerdings bin ich inzwischen auch schon 50 Jahre alt und da spürt man es, wenn man alles selber trägt. Ich habe mein Bestes gegeben, jedoch wusste ich, dass ich mir bei einem weiteren Aufstieg einen Schaden zufügen würde. Ich habe meine Grenzen erkannt und jetzt muss ich diesen Traum entweder aufgeben oder gemeinsam mit Hochträger erfüllen.

Alpin: Du hast deiner Frau versprochen, den Everest nicht mehr zu versuchen! Kannst du damit leben?

R.D.: Es ist nicht ganz einfach, aber ich kann damit leben. Ich muss schon lange nichts mehr beweisen und wollte es auch nur für mich machen. Ich muss das jetzt so akzeptieren.

Alpin: Ist es schwieriger, wenn man mit einer Frau verheiratet ist, die alle 14 8,000er ohne Flaschensauerstoff bestiegen hat?

R.D.: Nein, ich habe schon lange akzeptiert, dass die Gerlinde stärker ist als ich. Sie hatte in den letzten Jahren auch mehr Zeit zu trainieren, da ich AMICAL alpin noch hatte. Aber ich habe kein Problem damit, dass die Gerlinde all 14 ohne Zusatzsauerstoff hat und ich nicht.

Karawane der Everest-Aspiranten: Blick in die Lhotse Flanke am 18. Mai 2012 (Foto: Ralf Dujmovits).
Karawane der Everest-Aspiranten: Blick in die Lhotse Flanke am 18. Mai 2012 (Foto: Ralf Dujmovits).

Alpin: Am 19. Mai gab es auf der Südseite des Everest vier Tote während Hunderte von Bergtouristen zum Gipfel aufstiegen. Was ist dieses Jahr passiert?

R.D.: Dieses Jahr hat sich alles auf einen Tag konzentriert. Nachdem die Sherpas die Route erst am 17. und 18. Mai fixieren konnten, wollten alle das kleine weniger gute Wetterfenster des 19. Mai nutzen.

Außerdem wird die Anzahl der erfahrenen Bergsteiger am Everest immer geringer und die meisten Leute haben sehr wenig Übung. Everest. Aus diesem Grund bewegen sie sich im Schneckentempo zum Südsattel, kommen dort sehr spät an und sind dann am Gipfeltag total ausgelaugt, was sie noch langsamer macht. Das bringt mehr Staus als in der Vergangenheit.

Alpin: Macht dich diese Situation als Bergliebhaber traurig?

R.D.: Ich darf nicht jammern, da ich meinen Teil mit kommerziellen Expeditionen dazu beigetragen habe. Ich bin kein großer Freund von Regulierungen, jedoch sehe ich, dass man am Everest in Zukunft einen strengeren Weg gehen muss.

Alpin: Denkst du, die nepalesische Regierung wird die Zahlen am Everest jemals limitieren?

R.D.: Das muss sie tun. Leider steigt die Attraktivität des Everest mit jedem Unfall. Ich denke, dass die Wetterfenster für so einen riesigen Andrang zu klein sind, was ja fast in einer riesigen Katastrophe enden muss.

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