Umstrittene Aktion von Alpin-Urgestein Christophe Profit

Sicherungen auf eigene Faust abbauen: Sinnvoll oder No-Go? So habt ihr abgestimmt!

Am 5. Juni 2023 sprach ein französisches Gericht ein Urteil, das im deutschsprachigen Alpenraum seltsam unbeachtet blieb: Der französische Profi-Alpinist Christophe Profit baute auf eigene Faust Sicherungsstangen am Mont-Blanc-Normalweg ab. Aus Sicherheitsgründen, wie er sagt. Zahlen musste er dennoch, nämlich 600 Euro. Ihr habt abgestimmt und kommentiert.

Bergführer mit Gästen auf dem Weg zum Mont Blanc.
© IMAGO / Westend61

Christophe Profits Aktion im Detail

Zum Hintergrund: Im Juni 2022 entfernte der Bergführer Christophe ­Profit am Normalweg des Mont Blanc vier Eisenstangen. Diese wurden bis dato von Bergführern genutzt, um ihre Kunden schnell und bequem durch eine Spaltenzone sichern zu können. Angebracht worden waren sie auf Geheiß von Jean-Marc Peillex, Bürgermeister von Saint Gervais, auf dessen Gemeindegebiet Teile des höchsten Alpengipfels liegen.

Profit retournierte die Eisenstangen ins Rathaus, woraufhin Peillex ihn wegen Diebstahls und Gefährdung des Lebens anderer anzeigte. Das Strafgericht in Bonneville verurteilte den 62-Jährigen Profit, der in den 1980er-Jahren mit ­waghalsigen Enchaînements bekannt geworden war, zu einer Zahlung von 600 Euro Bußgeld (die Staatsanwaltschaft hatte 4000 Euro gefordert). Profit legte gegen das Verdikt Berufung ein.

Wie und mit welchen Hilfsmitteln darf der Mensch Berge besteigen?

Die Frage, wie und mit welchen Hilfsmitteln Bergsteiger Berge besteigen und Kletterer Wände klettern, und ob nachfolgende Generationen die Wahl ihrer Vorgänger respektieren sollten, ist seit jeher Gegenstand hitziger Debatten. Profits Fall ist dennoch bemerkenswert – vermutlich zum ersten Mal wog ein staatliches Gericht nach juristischen Maßstäben Pro und Contra ab.

Profit ging es nach eigener Aussage aber nicht darum, ein Zeichen gegen die Kommerzialisierung des Mont Blanc zu setzen oder für den Verzicht auf künstliche Hilfsmittel zu plädieren. Seiner Ansicht nach waren die Stangen schlicht nutzlos und verleiteten unerfahrene Bergsteiger dazu, eine angesichts der Gletscherschmelze gefährlich gewordene Variante am Bossesgrat zu wählen.

Dies bringe laut Profit "unnötige Risiken" mit sich, zumal es mit der von ihm erschlossenen "Dédé-Rhem-Variante" eine sichere Alternative gäbe. Anne-Sophie Vilquin, Vorsitzende des Strafgerichts, sagte in ihrer Urteilsbegründung, es sei "nicht akzeptabel, dass ein Mann sich das Recht herausnimmt, seine eigene Vision des Bergsteigens unter Missachtung aller anderen durchzusetzen".

Profits Argumentation ist auch in der Szene umstritten. Viele vertreten die Meinung, dass eben diese Art von installierten Sicherungen die Sicherheit an viel begangenen Bergen erhöht.

Über Christophe Profit

Der 63-jährige Alpinist und Bergführer aus Frankreich machte in seiner Jugend mit zahlreichen Solobegehungen von sich reden. Beispielsweise durchstieg er die 900 Meter hohe Dru-Westwand 1982 im Alleingang und beging drei großen Nordwände (Eiger, Matterhorn und Grandes Jorasses) free solo. Die Jahreszeit spielte für Profit dabei nur einen nebensächliche Rolle. Durch seine waghalsigen Projekte gelangte er in den 80er-Jahren zu weltweiter Bekanntheit.

<p>Die französische Alpinlegende Christophe Profit.</p>

Die französische Alpinlegende Christophe Profit.

© Oscarprnt,/commons.wikimedia.org

Sicherungen auf eigene Faust abbauen: Das ist eure Meinung!

In unserer Online-Abstimmung haben insgesamt 228 Personen teilgenommen. Danke! 

36% der Befragten (82 Personen) sahen es als sinnvoll an, dass Alpinisten und Bergführer Sicherungen anbringen und abmontieren dürfen. 64% der Teilnehmer (146 Personen) sahen es als unverantwotlich an, angebrachte Sicherungen eigenständig zu installieren oder abzubauen.

Vielfältige Kommentare gab es zu beiden Seiten: "Man kann ja auch nicht einfach Verkehrszeichen, Geländer usw. abmontieren, nur weil man das jeweils nicht gut findet!" erklärt Rainer im Kommentar. 

"Es sollte den Profis am Berg, denjenigen die dort auch aktiv am Weg sind und Gefahren erkennen, die Möglichkeit gegeben werden, auf eigene Einschätzung, die Routen und auch Sicherungen anzupassen bzw. sicherer zu gestalten," kommentiert Jonas. 

Auch ein spannender Aspekt der Diskussion: Sollte man überhaupt einen Verg besteigen, den man ohne technische Hilfsmittel wie Stangen und Fixseilen nicht gewachsen ist?

"Wer nicht auf den Berg kommt ohne festverbaute Sicherungsmittel soll im Tal bleiben oder auf einen anderen Berg gehen der seinem Niveau entspricht," so ein anonymer Komentar. Leserin Claudia spricht sich auch für eine Reduzierung der Sicherungen aus: "Hilfsmittel sind gut gemeint, aber sie verleiten Menschen dazu sich darauf zuverlassen und dadurch in Routen einzusteigen welchen sie nicht gewachsen sind. Deshalb bitte Rückbau."

Alles Kommentare unserer Leser haben wir unten nochmals für euch bereitgestellt und freuen uns weiterhin auf eure Meinung.

25 Kommentare

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Matthias

Also ich war mit Bergführer zwei mal auf dem Glockner und ja die Stangen sehen nicht „optimal“ aus, fallen aber optisch kaum auf. Aber ich war sehr wohl den beiden Routen gewachsen und ich habe schon verstanden, dass diese Art der Sicherung zweierlei bedeuten: Ein schnelles und zuverlässiges Sichern. Und gerade an Bergen die „gut besucht“ sind, unter Berücksichtigung sich schnell ändernder Wetterbedingungen, ist Schnelligkeit (zügiges Steigen/Klettern) ein essentieller Sicherheitsfaktor. Zumindest für den Glockner kann ich sagen: Passt.
Meiner Meinung nach kann ein nicht abgesprochenes Entfernen von Sicherungsmittel für die unvorbereiteten Bergsteiger eher eine Erhöhung des Risikos bedeuten. Dazu müsste man die genaue Position kennen, was ich hier nicht beurteilen kann. Man stelle sich vor es fehlen Bohrhaken an Kletterrouten oder Abschnitten von solchen, weil jemand diese entfernt hat. Das ist Willkür und ich finde das kriminell, bestraf gehört. Deshalb finde ich die ausgesprochene Strafe viel zu gering. Es muss eine klare Absprache zwischen den Bergführern und der/den Gemeinden geben, ob etwas am Berg angebaut oder abgebaut wird. Willkür sollte in unserer Gesellschaft nich funktionieren. Man stelle sich vor jemand entfernt die Gipfelkreuze weil er der Meinung ist, das sei Blödsinn. Hierzu gehört ein gesellschaftlicher Konsens.

Jonas

Es sollte den Profis am Berg, denjenigen die dort auch aktiv am Weg sind und Gefahren erkennen, die Möglichkeit gegeben werden, auf eigene Einschätzung, die Routen und auch Sicherungen anzupassen bzw. sicherer zu gestalten.

Rhei Noltmes Sner

Gut gedacht schlecht gemacht.
Es gibt genügend Sicherungen die nutzlos sind. Hätte er Fotos/Videos gemacht und online gestellt, wären die Stangen durch den Druck der Öffentlichkeit entfernt oder erneuert worden.

Bernd

(Kierwang)
Perfekte Orthographie und Interpunktion sind selbstverständlich zwingend erforderlich, wenn man über Themen wie beispielsweise Sicherheit am Berg mitreden bzw. -schreiben will!!!?? Nichd war (haha)??

LangerHeinz

Vielleicht hätte alpin mit mehr Aufwand Bilder von den montierten und jetzt abgebauten Stangen zeigen können - so kann zumindest ich mir kein Bild davon machen. C. Profit ist in meinem Alter Ja da setzt Mann auch gerne mal Zeichen - die Zeit zum ewigen diskutieren wird eng. Ob es richtig ist? Ich habe zumindest Sympathie für diese Aktion. Berg frei!

Rainer

Sowas geht gar nicht! Wenn's örtliche Bergführervereinigungen, Gemeinde, AV- Wegebetreuer (in den Ostalpen) usw. nach allgemeiner Veröffentlichung (damit jeder potenzieller Begeher Kenntnis erlangen kann) machen, finde ich ist's ok. Man kann ja auch nicht einfach Verkehrszeichen, Geländer usw. abmontieren, nur weil man das jeweils nicht gut findet!

Oliver

Wenn ein solch erfahrener Bergsteiger zu eben dieser Einschätzung kommt, dass eine Sicherung eher nachteilig ist, sollte man diese Entscheidung annehmen. Kritisch wird es aber dann, wenn Bergsteiger damit anfangen, die ihre Kompetenz vielleicht überschätzen. Es ist sicher besser Entscheidungen vorab mit den Bergführern die tatsächlich dort führen abzuklären- das gilt auch für solche ehemaligen Spitzenalpinisten wie Profit. Eine Anklage war sicher nicht notwendig.

Anonymer Benutzer

Bestehende Routen nach eigenem Ermessen zu modifizieren (zurückbauen, etc.) ist in meinen Augen ein No Go - schließlich hat sich der Erbauer eine Linie gesucht und diese erschlossen. Es ist sein Werk und sollte entsprechend respektiert werden. Ist eine Änderung gewünscht (mehr / weniger Sicherungen, etc.) sollte mit dem Erbauer Rücksprache gehalten werden ???

Anonymer Benutzer

Absolutes Unding. Selbst, wenn seine Argumente wichtig und richtig sind, hat er nicht einfach so aus Gutdünken Sicherungen abzubauen. Das ist ein schwerer Eingriff in die Sicherheitsinfrastruktur der dortigen Bergführer! Man kann ja über alles reden, aber das war ne ganz miese Nummer. Wahrscheinlich Werbung für seine Route.

kierwang

Zu "Anonymer Benutzer 12.10.2023, 8:20": Man sollte etwas Rechtschreibung beherrschen, v.a. Zeichensetzung, wenn man sich öffentlich äußert!

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