Auch das gibt es: Leute, die die Piste mit Fellen unter den Ski hochgehen, aber mit Pistenbindung! So gesehen in Garmisch auf der Olympia- Abfahrt. Gott sei Dank tun sich das nur sehr wenige an. Der wirkliche Trend beim Skitourengehen geht in eine ganz andere Richtung: leicht!
Und leicht heißt bei Skitourenbindungen vor allem: Man hebt beim Aufstieg nicht bei jedem Schritt etwas mit an. Das ist bei klassischen Rahmenbindungen aber der Fall. Vorderbacken und Heckteil der Bindung sind hier mittels eines Steges miteinander verbunden, die Verriegelung geschieht hinter dem Fersenautomaten.
Das bringt mit sich, dass man bis auf den Verriegelungsmechanismus bei jedem Schritt die ganze Bindung anhebt. Vorteil von Rahmenbindungen: Das Handling ist ähnlich (einfach) wie bei einer Pistenbindung, die Auslösung ist normgerecht und diese Bindungen können mit fast allen Schuhen verwendet werden.
Das Pendant dazu sind Pin-Bindungen. Der Schuh wird hier vorne von zwei kleinen Pins fixiert. Für den Aufstieg hebt man außer dem Schuh nichts mit an. Will man abfahren, wird die Ferse mit einem separaten Fersenbacken fixiert.
Vorteil ist das Gesamtgewicht, aber vor allem die Tatsache, dass man bei den vielen tausend Schritten, die man auf einer Skitour macht, nichts mit anheben muss. Wie immer im Leben heißt es auch hier: kein Vorteil ohne Nachteile.
Das Handling dieser Bindungen ist mitunter deutlich komplizierter, die Auslösesicherheit bei den meisten Modellen nicht so gegeben wie bei Rahmenbindungen und man ist auf Schuhe beschränkt, die Pinkompatibel sind (was inzwischen allerdings bei fast allen Tourenschuhen der Fall ist).
Lange Zeit hatte Dynafit das Monopol (und Patent) auf diese Art von Bindungen. Doch seitdem das Aufsteigen mit Ski boomt, haben auch andere Hersteller erkannt, dass hier Geld zu verdienen ist. Außerdem ist das Dynafit-Patent vor einigen Jahren abgelaufen.
Klicken Sie sich durch die Slideshow mit den gängigen Pin-Skitourenbindungen.
Daher gibt es inzwischen einige Anbieter, die solche Pin-Bindungen im Sortiment haben, oft in vielen verschiedenen Ausführungen (Dynafit alleine hat schon zehn Bindungsmodelle oder Versionen). Wir haben uns die gängigsten Modelle angesehen und auf Herz und Nieren getestet.
ALPIN Tipp: Mit Schuh zum Kauf
Wer einen Schuh hat und sich eine neue Bindung zulegen möchte, sollte den Schuh auf jeden Fall zum Kauf mitnehmen. Das ist für die Montage wichtig, aber ggf. auch für die Feinjustierung der Pins (Fritschi).
Den Verkäufer nochmal darauf hinweisen, dass die Bindung mittig montiert wird, sodass bei einem Schuhwechsel (neuer Schuh) etwas Spiel nach oben und unten besteht. Nicht alle Schuhe in derselben Größe haben die gleiche Sohlenlänge.
Was ist wichtig
Bei Pin-Bindungen stehen neben Preis und Gewicht vor allem folgende Aspekte im Fokus: der Einstiegskomfort, das Handling insgesamt, die Auslösesicherheit sowie die Kraftübertragung von Schuh und Bindung zum Ski. Außerdem natürlich, und das ist ein ganz wichtiger Aspekt, die Zuverlässigkeit und Robustheit.
Das hat Fritschi in der Saison 13/14 zu spüren bekommen. Nach der Einführung der Vipec, die einige sehr interessante technische Details liefert, die es an Pin-Bindungen bis dahin nicht gab, kam ein jähes Erwachen. Einer der Pins am Frontteil konnte sich lösen und war in den meisten Fällen dann auch weg.
Eine äußerst missliche Lage, da der Schuh so nicht mehr fixiert werden konnte und man die Tour zu Fuß beenden musste. Fritschi hat zu dieser Saison nachgebessert und den Pin extra fixiert.
Nach wie vor besteht die Möglichkeit, den Pin-Abstand zu justieren (leider sind die Abstände der Inserts an den Schuhen nicht gleich). Spürbar besser bei der Fritschi im Vergleich zu den bisherigen Pin-Systemen ist die Kraftübertragung.
Die Neuerungen zu dieser Saison sind die Marker King Pin und die G3 Ion. Die Marker ist die erste Pin-Bindung, die TÜV-geprüft ist, Dynafit hat mit der Freeride- Bindung Beast 14 inzwischen nachgezogen.
Aber die King Pin hat noch ein anderes Novum: Die Fixierung der Ferse geschieht nicht mehr mittels der zwei Stifte am Heckbacken, sondern mit einem "normalen" Fersenteil, das auf den Sohlenrand des Schuhs greift. Damit ist vor allem die Abfahrts-Performance deutlich besser als bei den Versionen mit den Stiften.
Denn die Lösung mit diesen zwei Stiften stammt aus einer Zeit, in der die Schuhe weich und die Ski 68 Millimeter breit waren. Heutige Ski mit 100 Millimetern und mehr unter der Bindung und bombenfeste Schuhe bringen einen ganz anderen Hebel mit. Dafür sind die Stifte (bzw. vor allem der Abstand der Stifte zueinander) nicht gemacht.
Aber seit Jahren werden alle kompatiblen Schuhe mit dieser Aufnahme ausgerüstet. Die Idee von Marker ist nicht neu. Auch Trab hat für die TR 2 eine deutlich breitere Schuhfixierung an der Ferse gewählt.
Das Problem bei der Trab-Bindung: Es braucht wieder eine extra Schuhausstattung für diese Fixierung. Seit dieser Saison gibt es aber den sehr universellen Scarpa Maestrale kompatibel für die Bindung (heißt dann: Scarpa Spirit TR 2). Die TR 2 ist eine ganz interessante Bindung, die aber leider vom Handling her (vor allem: Einstieg bei hartem Untergrund) etwas abfällt.
Dafür ist das Umstellen von Abfahrt auf Aufstieg und umgekehrt sehr einfach. Wem das etwas beschwerliche Einsteigen egal ist, der hat von den Funktionen her mit der Trab TR 2 sicherlich eine ganz hervorragende Tourenbindung.
Der Klassiker mit einem extrem breiten Produktsortiment ist Dynafit. Wir haben uns für den Test die TLT Radical ST rausgesucht, weil die nach unserem Dafürhalten im Dynafit-Portfolio ein Optimum an Gewicht, Komfort und Sicherheit bietet.
Dynafit hatte für diese Saison eine neue Version angekündigt (Radical II), die wird aber erst nächste Saison kommen. Die Radical I ist bewährt, gut im Handling, hat aber nicht die beste Kraftübertragung. Ganz ähnlich wie die Dynafit sieht der andere Neuling der Saison aus, die G 3 Ion. Optisch haben sich die Amerikaner mächtig ins Zeug gelegt, die Bindung macht einen extrem edlen Eindruck. Aber selbst wenn sie in den Bauteilen fast identisch aussieht wie die Dynafit, die Technik im Heckteil ist komplett anders.
Auffällig ist der sehr gute Einstieg an der Front (da gibt es einen echten Anschlag). Die Kraftübertragung ist allerdings nicht optimal. Vorsicht sollte man bei der Schraube zum Einstellen des Z-Wertes walten lassen. Die ist aus Aluminium und verlangt einen perfekt passenden Schraubendreher.
Bleibt noch ATK. Auch der italienische Hersteller glänzt mit einem edlen Finish. Die Bindung ist nochmal deutlich leichter als alle anderen, verlangt aber wieder etwas mehr Gefummel in der Bedienung.
Besonders das Reindrehen der Steighilfe braucht Übung. Hat man das im Griff, ist die ATK Raider 12 von den Bindungen mit den Stiften am Heck diejenige, die gemeinsam mit der Fritschi die beste Kraftübertragung liefern kann.
Hier finden Sie das Video zum Bindungstests: Video: So verhalten sich Pin-Bindungen in der Praxis