Rekordtrockenheit kündigt sich an

Historische Schneearmut in den Alpen

Trotz unerwartet ergiebier Schneefälle in den Bayerischen Alpen am vergangenen Wochenende liegt heuer viel zu wenig Schnee. Auch die Pegel in Italien, Frankreich und Teilen Österreichs sind alarmierend niedrig. Niederschlag gibt es insgesamt so wenig, dass Expert:innen bereits jetzt eine massive Trockenheit für Frühjahr und Sommer prognostizieren. Diese hätte wiederum weitere gravierende Konsequenzen.

Skifahren im Grünen: Der Alpenraum verzeichnet einen historisch schneearmen Winter.
© picture alliance/dpa | Uwe Lein

Historische Schneearmut in den Alpenländern

Vergleicht man die Niederschlagswerte im Alpenraum über die letzten 30 Jahre liegt in diesem Winter deutlich zu wenig Schnee. Gerade einmal knapp über die Hälfte, genauer gesagt 55 Prozent der Alpen haben derzeit eine mehr oder minder geschlossene Schneedecke. Betroffen von der historischen Schnee- und Niederschlagsarmut sind neben Deutschland, Frankreich und Teilen Österreichs vor allem Italien und die Schweiz.

Im Westen und Süden der Alpen ist der fehlende Schnee am stärksten spürbar. Besonders trifft die historische Niederschlagsarmut Arosa, Davos, das Engadin und Andermatt. Auch im Wallis steuern die Skigebiete auf neue Tiefstwerte zu. In den österreichischen Alpen ist die Situation durch Neuschnee im Januar etwas entspannter. Allerdings vermelden auch die dortigen Messstationen eine zum Teil deutlich unterdurchschnittliche Schneehöhe.

Historische Schneearmut: Was sind die Folgen?

Das Rekordtief hat, wie wir alle spüren, direkte Konsequenzen für Wintersportler:innen. Zum anderen ist der Schneemangel Vorbote für einen mutmaßlich zu trockenen, durch Hitzewellen geprägten Sommer. Wenn nicht vorher der rettende Niederschlag eintrifft. Denn viele Gewässer, etwa der Rhein, sind in ihrem Pegel stark von der Schneeschmelze abhängig.

Besonders pessimistisch sind die Prognosen für die Gletscher, die durch eine zu dünne Schneedecke bereits im Frühsommer ihren Schutz verlieren könnten. Im Sommer 2022 lag vielerorts das Eis bereits im Juni blank, wodurch sich die Gletscherzungen überdurchschnittlich stark zurückzogen. Die Reste des Südlichen Schneeferners an der Zugspitze etwa wurden zum Toteis erklärt. Diese Entwicklung könnte sich im Sommer 2023 fortsetzen, da auch hochalpin mehrere Meter der schützenden Schneedecke fehlen.

Schnee- und Wassermangel: Angespannte Lage in Norditalien

Wie der BR berichtet warnen in Italien bereits verschiedene Umweltorganisation vor einer massiven Trockenheit. In den italienischen Alpen fiel 53 Prozent weniger Schnee als im langjährigen Mittel. Zusätzlich blieb auch dort der Regen aus. Ein dementsprechendes Bild bieten die großen Seen: Der Pegel des Gardasees, Italiens Wasserspeicher Nummer eins, liegt mehr als 60 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel.

<p>Ein ähnliches Bild bietet sich Urlaubern derzeit am Ufer des Gardasees.</p>

Ein ähnliches Bild bietet sich Urlaubern derzeit am Ufer des Gardasees.

© IMAGO / Karo

Laut offiziellen Angaben war der Wasserstand des Sees seit mehr als 30 Jahren nicht mehr so niedrig. Sogar der Zugang zur Insel San Biagio (Isola dei Conigli oder Kanincheninsel) ist derzeit zu Fuß erreichbar. Auch der Lago Maggiore und der Comer See meldeten zuletzt nur noch einen Füllstand von etwa 38 Prozent.

Historische Schneearmut: Was sind die Gründe?

Akut Schuld am ausbleibenden flüssigen und pulvrigen Niederschlag sind laut Expert:innen Hochdruckgebiete über Europa, die Regenfronten abdrängen und blockieren. Die Expert:innen nehmen an, dass die globale Erwärmung und der Klimawandel solche Temperatur-Muster begünstigen. "Das Schneedefizit von heute ist potenziell die Sommertrockenheit von morgen", äußert Manuela Brunner, Leiterin "Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen" beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos gegenüber dem BR. Entspannung (zumindest für den Moment) könnten nur weitere Niederschläge bringen.

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Luca Nalin, Trudering

"Experten" ist ein inzwischen negativ konnotierter Begriff.

Was "Experten" (im Sinne des generischen Maskulinums) prognostizieren, "annehmen", "erwarten" oder vermuten, wird mindestens so oft durch die Realität widerlegt, wie es sich als richtig herausstellt. In vielen Bereichen scheint "Junk-Science" inzwischen sogar zu dominieren. Häufig wird offenbar nach dem Prinzip "Je mehr Alarmismus, desto mehr Aufmerksamkeit, desto mehr Forschungsgelder" gehandelt. Je mehr Krisen um die Aufmerksamkeit der Menschen buhlen, desto mehr müssen Rekorde und Superlative bemüht werden, um Gehör zu finden.

Im Ergebnis wird den meisten nicht mehr übrig bleiben, als die weitere Entwicklung abzuwarten. Der Mensch wird es nehmen müssen, wie es kommt. Und sich darauf einstellen, also anpassen müssen. Andere versuchen, das für die Zukunft Befürchtete dadurch abzuwenden, dass sie sich irgendwo festkleben. Ob dies zielführend ist, wird uns ebenfalls die Realtät weisen...