ALPIN-Leserreise: Schneeschuh-Transalp

1. Tag: Von Oberstdorf zum Körbersee

"Wo ist der Schnee?", denke ich mir, als wir am Sonntagvormittag von Oberstdorf mit dem Bus zu unserem Ausgangsort Baad ins Kleinwalsertal fahren. Wo die Schneemassen zum selben Zeitpunkt des vergangenen Jahres noch von der Feuerwehr in waghalsigen Aktionen von einsturzgefährdeten Dächern verbracht werden mussten, sind in diesem Jahr bis weit über 1500 Meter Höhe allenfalls eher traurig anmutende Schneeflecken inmitten matschig-brauner Wiesen anzutreffen. Aber wir wollen ja ohnehin weit höher hinaus...

1. Tag: Von Oberstdorf zum Körbersee
Geschäfts- und Bergführer des OASE AlpinCenters: Thomas Dempfle. Bildquelle: www.oase-alpin.de
Geschäfts- und Bergführer des OASE AlpinCenters: Thomas Dempfle. Bildquelle: www.oase-alpin.de

Ausgangspunkt: Baad (1.244 m)

Zielpunkt: Hotel Körbersee (1.656 m)

Höhenmeter: Aufstieg 700 m Hm, Abstieg 300 Hm

Gehzeit: ca. 5 Stunden

Geplanter Tourenverlauf: Nach der Ausrüstungsausgabe fahren wir mit dem Bus nach Baad (1.244 m) ins Kleinwalsertal und erreichen über den Hochalppass (1.938 m) das Hotel Körbersee (1.656 m).

Beim ersten Aufstieg von Baad hinauf zum Hochalppass ist zumindest eine feste, weiße Unterfläche vorhanden und ich komme mit Thomas Dempfle, unserem Bergführer von der Oase Alpin ins Gespräch. Thomas absolvierte in den 80er-Jahren während seiner Zeit bei der Sportkompanie die Ausbildung zum staatlich geprüften Berg- und Skiführer. Die nächsten Jahre war der Allgäuer daraufhin im Winter beruflich in Kanada unterwegs, wo er das Schneeschuhgehen nach anfänglicher Skepsis kennen und schätzen lernte: "Eigentlich habe ich in Kanada mit Gästen Heli-Skiing durchgeführt. Manchmal war das Wetter aber zu schlecht, so dass der Hubschrauber nicht starten konnte. Die Lösung: Schneeschuhgehen!" In Kanada, so erklärt Thomas weiter, hat "Snowshoe-Trekking" durch die Trapper und Jäger eine jahrhunderte lange Tradition. "Für mich liegt der Reiz vor allem in der Naturerfahrung, im ruhigen, meditativen Stapfen durch tief-verschneite Winterlandschaften," erzählt Thomas. Zur Bildergalerie der 1. Etappe

Wir testen unsere Ausrüstung. Bildquelle: www.alpin.de
Wir testen unsere Ausrüstung. Bildquelle: www.alpin.de

Schneeschuhgehen liegt inzwischen auch in Deutschland voll im Trend, so dass der 42-Jährige folgerichtig das Programm seiner Bergschule im Winter mehr und mehr auf Schneeschuhtouren ausrichtet. "Schneeschuhwandern ermöglicht es jedem Bergliebhaber auch im Winter auf Tour zu gehen. Viele sind keine Skifahrer oder fahren zwar auf der Piste, sind aber nicht versiert genug, um Skitouren zu gehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Nachfrage nach Schneeschuhtouren immer weiter wächst," erzählt Thomas.

Die Alpen-Überquerung Oberstdorf-Meran ist nun das "Sahnestück" im Programm der Oase. Die Strecke haben Thomas und sein Kollege Christian gemeinsam im vergangenen Winter auf Skiern ausgetüftelt. Um auch wirklich die schönste und sicherste Route ausfindig zu machen, ist Thomas zudem eines sonnigen Wintertages mit einem befreundeten Hobby-Piloten die anvisierte Strecke abgeflogen, um etwaige Gefahrenstellen ausfindig zu machen. Unsere Gruppe ist nun die erste, die den Weg auf sich nimmt.

Auf dem Weg zum Hochalppass. Bildquelle: www.alpin.de
Auf dem Weg zum Hochalppass. Bildquelle: www.alpin.de

Noch sind wir allerdings ohne Schneeschuhe unterwegs, da der Weg hinauf zur Bärgund-Hütte (1408 m), unsere Zwischenstation auf dem Weg zum Hochalppass, von vielen Winterwanderern so platt getrampelt ist, dass ein einsinken unmöglich ist. Bevor wir in der Hütte zu Mittag essen, gibt Thomas uns eine kurze Einweisung in den Umgang mit unserem Verschüttetensuchgerät, das jeder von uns umgeschnallt hat. Auch Schaufel und Sonde sind im Gepäck, denn auch wenn die Lawinenlage derzeit ob des wenigen Schnees relativ ungefährlich ist, müssen wir für den Ernstfall gewappnet sein.

Nach dem Mittagessen geht's dann richtig los. Ein Weg ist nicht mehr auszumachen, der Schnee wird tiefer, der Hang steiler. Die Gespräche verstummen, Jacken, Mützen und Handschuhe werden ausgezogen. Der Marsch wird zur schweißtreibenden Angelegenheit und ich bin froh um jeden Jogging-Trainingsmeter, den ich mir in den vergangenen Wochen erlaufen habe.

Auf etwa 1700 Metern ist es dann Zeit, die Schneeschuhe anzulegen, ein Vorwärtskommen wäre sonst kaum mehr möglich. Als hätte die Sonne auf diesen Moment gewartet, klart es nun immer mehr auf und als wir wenig später den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe, den Hochalppass (1938 m), erreichen, haben wir eine glänzende Sicht auf das uns umgebende Panorama.

Zielpunkt der ersten Etappe: Das Hotel Körbersee. Bildquelle: www.alpin.de
Zielpunkt der ersten Etappe: Das Hotel Körbersee. Bildquelle: www.alpin.de

Der folgende Abstieg macht nun richtig Spaß, die ersten Purzelbäume und Absitzer sorgen für Lacher auf allen Seiten und bauen die letzten Berührungsängste mit dem weißen Pulver ab. Wenig später ist unser erstes Etappenziel, das Hotel Körbersee, das nur zu Fuß zu erreichen ist, in Sicht. Eine heiße Dusche und ein tolles Drei-Gänge-Menü sorgen für den krönenden Abschluss eines verheißungsvollen Auftakttages.

Holger Rupprecht

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