Österreichische Höhenbergsteigerin berichet über das Drama am K2

Gerlinde Kaltenbrunner: "Nur ein Fehltritt und du bist weg"

Zwei Mal versuchte Gerlinde Kaltenbrunner in dieser Saison an der Seite ihres Mannes Ralf Dujmovits den Gipfel des K2 zu erreichen - ohne Erfolg. Beim dritten Anlauf sollte es endlich klappen. Die Bedingungen waren gut, ihr Seilpartner, der Schwede Fredrik Ericsson, ein erfahrener Alpinist. Die Chance, endlich auf den Gipfel ihres letzten Achtausenders zu stehen, schien niemals größer. Doch was die Erfüllung ihres alpinistischen Lebenstraums hätte werden sollen, wurde zum tödlichen Alptraum. Jetzt hat Gerlinde Kaltenbrunner erstmals über die Katastrophe am K2 gesprochen.

Gerlinde Kaltenbrunner: "Nur ein Fehltritt und du bist weg"

Nach nunmehr sieben gescheiterten Versuchen, endlich den Gipfel des zweithöchsten Berges der Erde zu besteigen, kann man den K2 (8611m) fortan als den "Schicksalsberg" Gerlinde Kaltenbrunners bezeichnen. Zumal der letzte Versuch auf besonders tragischen Art endete.

Am 06. August stürzte Kaltebrunners Seilpartner, der Schwede Fredrik Ericsson, vor den Augen der 39-Jährigen in den Tod. Kaltenbrunner machte sich nach dem Unglück sofort an den Abstieg. In Interviews mit der Online Ausgabe der "Kleinen Zeitung" vom 23. August schildert die Österreicherin ausführlich die Momente nach dem Sturz:

"Ich habe es einfach nicht fassen können. Das ist auch alles so schnell gegangen. Er hat im Nu eine Irrsinnsgeschwindigkeit drauf gehabt. Das war ein Schock, der begleitet dich den ganzen Tag. Das will man einfach nicht wahrhaben. Im ersten Moment habe ich gedacht, ich muss ihn finden. Ich muss schauen, ober er irgendwo liegt."

"Fredrik ist aber die ganze Flanke hinuntergefallen und ist erst oberhalb von Lager III zum Liegen gekommen. Ich habe im Abstieg nur einen Ski von ihm gefunden, habe mit dem Ralf gefunkt und habe gewusst, ich muss mich jetzt voll und ganz auf meinen Abstieg konzentrieren. Nur ein Fehltritt und du bist weg."

Auf die Frage, ob denn der Gipfelversuch zu gewagt gewesen sei, verneinte Kaltebrunner entschieden:

"Nein, nicht gewagter als sonst auch. Wir sind ja eigentlich sehr vorsichtig unterwegs, aber wenn man hundertprozentig sicher gehen will, darf man auf den Berg nicht raufsteigen. Wir waren sehr schnell unterwegs, der Schnee war gut, es ist ja zudem noch vom Wetter her ein herrlicher Tag geworden. Von dem her hätte einfach alles gepasst, aber dann eben doch überhaupt nicht."

Ob und wann sie noch einmal den K2 in Angriff nehmen wird, ließ die 39-Jährige noch offen:

"Das kann ich jetzt noch nicht beantworten. Jetzt ist wirklich das Gefühl im Vordergrund, dass ich einen Abstand vom K2 brauche. Ich weiß, dass die Zeit mit sich bringt, dass sich der Blick zum K2 wieder ändert. Ich werde spüren, ob es mich wieder dorthin zieht. Da verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl."

Auch Selbstzweifel versucht die Österreicherin erst gar nicht aufkommen zu lassen:

"Ich zweifle nicht an dem, was ich tue. Ich weiß einfach, dass ein Restrisiko bleibt. Es kann ja immer irgendwo etwas passieren, in den Alpen oder beim Mountainbiken. Dessen bin ich mir bewusst, und daher glaube ich nicht, dass ich für mich am falschen Weg bin. Mich erfüllt das nach wie vor sehr und mit solchen Rückschlägen muss ich umgehen können."

Bereits am 22. August meinte Kaltenbrunner in einem Interview mit Spiegel Online dazu: "Ich setze mich natürlich damit auseinander, was mich am Berg erwartet, was passieren könnte. Aber wenn ich lossteige, dann wird der Tod komplett ausgeblendet, er existiert nicht."

Über ihre nächsten Pläne ließ Kaltenbrunner in der "Kleinen Zeitung" folgendes verlauten:

"Wir werden Mitte Oktober nach Indonesien und Papua-Neuguinea fliegen. Dort freue ich mich speziell auf die völlig andere, noch ursprüngliche Kultur. Und wir wollen die Carstensz-Pyramide (mit 4.884 m der höchste Berg Ozeaniens) besteigen. Im Frühjahr 2011 bleibe ich wahrscheinlich zu Hause, damit ich das erste Mal seit 1998 wieder daheim einen Frühling erleben kann. Ob ich im Sommer wieder den K2 in Angriff nehme, das lasse ich offen. Da will ich warten, wie sich mein Gefühl entwickelt."

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Quelle und weitere Informationen: www.gerlinde-kaltenbrunner.at www.amical.de