Onlinetagebuch: Nepalreise "Auf den Spuren von Sir Edmund Hillary"

Satellitenschüssel auf dem Rücken

Von 30. April bis 03. Mai wanderten die Teilnehmer der Trekkingreise auf der historischen Everest-Route in vier Tagesetappen von Paphlu bis nach Lukla, das heute mit seinem Flughafen der Startpunkt fast aller Everest-Expeditionen ist. Unser Online-Redakteur berichtet von erstaunlichen Begegnungen am Wegesrand, Ehrerweisungen im Überfluss, haselnussgroßen Hagelkörnern und Männern, die Satellitenschüssel tragen...

Satellitenschüssel auf dem Rücken
<p>Schwerstarbeit: Nepalesische Bäuerin auf dem Feld.</p>

Schwerstarbeit: Nepalesische Bäuerin auf dem Feld.

„Namaste. Where are you from?“, ruft uns der ältere Mann kurz nach dem Aufbruch in Paphlu fröhlich entgegen. Die Sonne brennt heiß an diesem Morgen, der Weg zwischen den Terassenfeldern, wo Kartoffeln und Getreide angebaut werden, ist staubig. „From Germany“, antworten wir freundlich.

Der Sherpa lacht auf, seine Zahnreihen sind lückenhaft, das Haare ist licht, der Jogginganzug alt und zerschlissen. Er kommt zu uns, nimmt seine gelbe Baseballkappe ab und beginnt zu erzählen: „1971 war ich mit einer deutschen Expedition unter der Leitung von Dr. Herrligkoffer am Everest. Leider mussten wir aufgeben, weil uns das Essen ausging. Zwei Jahre später aber, 1973, war ich mit einer italienischen Expedition erfolgreich und stand glücklich auf dem höchsten Berg der Welt.“ Glücklich wirkt Ang Saki Jurin Sherpa, wie er sich schließlich vorstellt, bei diesen Erinnerungen noch immer.

Wir ziehen weiter und steigen durch üppigen Regenwald hinab nach Ringmo, von wo wir ab dem nächsten Tag der historischen Everest-Route Richtung Lukla folgen. Diese wurde von unzähligen Expeditionen seit den 50er Jahren als Anmarschweg zum Basislager des höchsten Berges der Welt genutzt.

Vorbei an einigen Tschörten geht es zunächst hinauf zum Tragsindo La (La=Pass), wo wir das erste Mal über die 3000er-Marke kommen, und dann weiter hinab in das schön gelegene Nuntala, unserem Übernachtungsort.

Tags darauf wird es erstmals ein wenig anstrengender. Wir verlassen Nuntala, bleiben auf der historischen Everest Route und wandern hinab zum Dudh Kosi (=Milchfluss; 1.560 m), den wir auf einer Hängebrücke überqueren. Von dort geht es hinauf zum Dorf Khari Khola.

Viel Ehre für die weitgereisten Gäste

<p>Schwerstarbeit II: Manfred und Stefan versuchen sich als Träger. Es bleibt beim Versuch...</p>

Schwerstarbeit II: Manfred und Stefan versuchen sich als Träger. Es bleibt beim Versuch...

Die Schule, die wir hier besuchen, wurde 1987 vom Himalayan Trust gebaut und bietet heute Platz für über 500 Schüler. Manche von ihnen kommen aus Dörfern, die einen ganzen Tagesmarsch entfernt sind. Für sie wurden einfache Schlafräume eingerichtet. Die Schule platzt aus allen Nähten, in einem Klassenraum sitzen auf engen Holzbänken nicht weniger als 82 Schüler.

Um die weitgereisten Gäste (also uns) gebührend zu empfangen, haben die Kinder von ihren Lehrern in den Tagen vor unserer Ankunft den Auftrag erhalten, zuhause Khatas zu machen. Ein Khata ist ein leichter Schal aus hellgelben, manchmal auch weißem Stoff, der Gästen um den Hals gelegt wird, um ihnen Ehre zu erweisen und ihnen Glück zu wünschen.

Zur Fotogalerie des aktuellen Artikels des Onlinetagebuchs der Nepalreise klicken Sie auf das Bild oder auf diesen Link. In jedem Klassenzimmer, das wir auf unserem Rundgang besuchen, kommen Kinder auf uns zu und hängen uns einen oder mehrere dieser Schals um. Am Ende hat jeder von uns einen dicken Wulst um den Hals. Manfred Häupl, unser Reiseleiter, kommt zum Ende auf nachgezählte 21 Khatas. Ganz schön viel der Ehre.

Ein weiterer schweißtreibender Anstieg führt uns hinauf nach Bhupsa unserem Übernachtungsort an diesem Tag. Wir haben nur einen kleinen Tagesrucksack auf dem Rücken, den Großteil unseres Gepäcks schleppen unsere Träger. Jeder der jungen Männer trägt die Last dreier Teilnehmer unserer Gruppe. Macht insgesamt etwa 40 bis 50 Kilo.

<p>Beinfreiheit: ALPIN - Autor Holger Rupprecht gibt sich freizügig inmitten seiner Trekking-Kollegen.</p>

Beinfreiheit: ALPIN - Autor Holger Rupprecht gibt sich freizügig inmitten seiner Trekking-Kollegen.

Eine für uns schier unvorstellbare Last. Harte Arbeit, für die die Träger etwa 8 Euro am Tag bekommen. Ein gutes Gehalt hier. Die Wege im Everest-Gebiet sind für jedes motorisierte Fahrzeug viel zu schmal und zu steil. Das bedeutet, alles, wirklich alles, was in den höher gelegenen Dörfern benötigt wird und dort nicht hergestellt werden kann, wird mit Muskelkraft nach oben transportiert.

Immer wieder begegnen wir langen Muli-Karwanen, die Reissäcke oder Propan-Gasbehälter „geladen“ haben. Und Männern wie unseren Trägern, die in einem hohen Korb meterhohe Aufbauten mit Bier- und Wasserflaschen, Toilettenpapier, Fertiggerichten, Batterien und sonstigem Krimskrams emporschleppen.

Besonders fasziniert uns heute ein Träger, der eine 80 Kilogramm schwere Satellitenschüssel nach oben bringt. Drei Meter dürfte das Monstrum im Durchmesser haben, manche enge Passagen begeht der Mann gezwungenermaßen im Seitschritt. Respekt vor dieser Leistung.

Haselnussgroße Hagelkörner

<p>Schwerstarbeit III: Ein Träger "balanciert" eine 80 Kilogramm schwere Satellitenschüssel durch unwegsames Gelände.</p>

Schwerstarbeit III: Ein Träger "balanciert" eine 80 Kilogramm schwere Satellitenschüssel durch unwegsames Gelände.

Nach unserer Übernachtung in Bhupsa geht es weiter nach Lukla. Kurz nach der Überschreitung des Chutok La (2.945 m), verdüstert sich der Himmel schlagartig. Tiefes Donnergrollen lässt uns die Regenkleidung herauskramen. Wenig später schlägt das Unwetter mit großer Gewalt los.

Binnen weniger Minuten sind wir trotz unseres Regenschutzes nass bis auf die Haut. Die haselnussgroßen Hagelkörner, die vom Himmel prasseln, schmerzen auf unseren ungeschützten Handrücken.

Der Abstieg zu einem Seitenarm des Dudh Kosi ist rutschig, jeder Schritt muss sitzen. Glücklicherweise reißt der Himmel bei unserem Anstieg nach Lukla auf und endlich bekommen wir in der milden rötlichen Abendsonne ein paar Himalya-Riesen zu sehen.

Zur Fotogalerie des aktuellen Artikels des Onlinetagebuchs der Nepalreise klicken Sie auf das Bild oder auf diesen Link. Wegen seines Flughafens, der auf Sir Edmund Hillarys Veranlassung gebaut wurde, ist Lukla der wichtigste Verkehrsknotenpunkt im Khumbu. In der Saison starten und landen hier zweimotorige Propellermaschinen und Helikopter nahezu im Minutentakt.

Die kleine Stadt ist gut auf die Bedürfnisse westlicher Trekker eingestellt. Es gibt Coca-Cola-Light, Pizza, Apfelkuchen und „echten“ Cappuccino. Sogar eine Filiale der US-Kette Starbucks hat sich inzwischen hier niedergelassen. Sonderlich angetan sind wir nicht von dem geschäftigen Treiben. Gut, dass wir nur eine Nacht bleiben.

Text und Bilder: Holger Rupprecht

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Seit 1990 unterstützt Hauser aktiv die Sir Edmund Hillary Stiftung Deutschland durch großzügige Spenden für Infrastruktur-Projekte in Nepal. www.sir-edmund-hillary-stiftung-deutschland-ev.de

Der Nepalhilfe Beilngries kann auf 15 Jahre soziales Engagement im Königreich Nepal zurückblicken. Sie unterstützt Projekte, die Hilfe zur Selbsthilfe geben sollen: www.nepalhilfe.org