Gerlinde Kaltenbrunner am Dhaulagiri - Ralf Duijmovits am Manaslu

Kaltenbrunner: 1. Gipfelversuch abgebrochen - 2. am Sonntag?

Während Ralf Dujmovits derzeit eine Amical Alpin-Expedition mit dem Ziel Manaslu (8163m) leitet, versucht sich Gerlinde gemeinsam mit Lucie Orsulova aus Tschechien am Dhaulagiri (8167 m), dem siebthöchsten Berg der Welt. Der "weiße Berg" wurde als vorletzter 8000er erstmals am 13. Mai 1960 von einer sechsköpfigen Gruppe (u.a. Kurt Diemberger) bestiegen.

Kaltenbrunner: 1. Gipfelversuch abgebrochen - 2. am Sonntag?
Gerlinde Kaltenbrunner in einer Eiskletterpassage. Bild:Veikka Gustafsson.
Gerlinde Kaltenbrunner in einer Eiskletterpassage. Bild:Veikka Gustafsson.

Auf ihrer Website www.gerlinde-kaltenbrunner.at berichtet die Rekord-Alpinisten regelmäßig vom Fortgang der Expedition. Seit Mitte April ist sie mit ihrer tschechischen Partnerin im Basislager. Eine Akklimatisierungstour brachte die beiden unter zum Teil widrigen Wetterbedingungen bis auf 6600 Meter.

Nach einem weiteren Aufenthalt im verschneiten Basislager, wo die beiden von einem tödlichen Unfall eines Bergsteigers erfuhren, wagte sich das Duo am 03.Mai in Richtung Gipfel. Doch musste der erste Versuch im Hochlager auf etwa 7400m abgebrochen werden.

Gerlinde Kaltenbrunner schildert die zurückliegenden Tage am 08.05. aus dem Basislager "Die letzten Tage waren ziemlich aufregend: Zuerst hat jemand unser Depot ausgeräumt, dann ist es Lucie sehr schlecht gegangen. Aber der Reihe nach. Am Donnerstag (3. Mai) sind wir vom Basislager zum ersten Gipfelversuch aufgebrochen. Problemlos erreichten wir Lager I auf 5750 Meter, mussten aber erschreckt feststellen, dass unsere ganze Ausrüstung weg war. Das Zelt, die Schlafsäcke, die Isomatten, der Kochtopf mit Brenner – alles weg. An der Stelle, wo wir die Sachen deponiert hatten, war nur noch ein großes Loch. Das habe ich noch nie erlebt! Irgendeine der anderen Expeditionen – die nun schon abgereist sind – muss alles mit runter genommen haben.

Zum Glück konnten wir uns das fehlende Material direkt im Lager I von einer anderen Gruppe ausleihen, sodass wir nicht extra absteigen mussten. Ein ganz leichtes Einmann-Zelt – das ich ursprünglich nur für eine Nacht im Lager III verwenden wollte – hatte ich selber dabei.

Am Freitag sind wir dann zum Lager II (6600 Meter) aufgestiegen, wo wir auch die Nacht verbrachten. Der folgende Tag wurde ziemlich anstrengend: Die 800 Höhenmeter bis zum Lager III rauf sind sehr steil und sehr abwechslungsreich (lange Passagen Blankeis und zum Teil felsdurchsetzt). Am Morgen sind wir noch bei schönem Wetter gestartet, doch mittags hat es völlig zugezogen und begonnen zu stürmen. Total ausgekühlt erreichten wir 7400 Meter. Lucie war ziemlich müde und erschöpft – der Aufstieg war sehr anstrengend.

Eigentlich hatten wir geplant, am Sonntagmorgen um drei Uhr zu starten. Doch dann entschieden wir, im Zelt zu bleiben. Draußen stürmte es stark und schon im Verlauf des Tages zeichnete sich ab, dass sich der Zustand von Lucie nicht besserte. Schließlich hat sie kaum noch getrunken, nur noch sehr verlangsamt gesprochen, in der Nacht auf Montag konnte sie nur noch sitzen. Sie schluckte mehrmals Dexamethason, um die Nacht zu überbrücken. An einen Aufstieg war nicht mehr zu denken. Jetzt war es nur noch wichtig, so schnell als möglich runterzukommen.

Montag früh verließen wir um sechs Uhr das Zelt. Der Abstieg war sehr anstrengend, weil Lucie arge Gleichgewichtsprobleme hatte, die aber zum Glück besser wurden, je tiefer wir kamen. Nach vierzehn Stunden und 2700 Höhenmetern erreichten wir um 20 Uhr endlich das Basislager. Lucie war völlig ausgelaugt und meinte, dass dieser Abstieg mit die härtesten Stunden ihres Lebens waren. Ich war einfach nur froh, wieder mit ihr unten zu sein. Lucie fühlt sich mittlerweile besser. Sie ist noch sehr erschöpft, aber wieder ganz gut beieinander. Ich werde auch noch einige Tage rasten.

Wir sind neben einer kleinen spanischen Gruppe die Letzten im Basislager, und die Spanier sind eine Viertelstunde Fußweg von uns weg. So ist es ruhig geworden um uns herum, was ich sehr genieße. Wenn das Wetter passt, werde ich am Sonntag oder Montag einen weiteren Versuch starten, allerdings allein. Das Risiko, dass es Lucie noch einmal schlecht geht, ist mir zu hoch. Vielleicht starten die Spanier auch noch einmal, ansonsten werde ich allein am Berg unterwegs sein.

Einen herzlichen Gruß aus dem Basislager

Gerlinde"

Quellen:

Gerline Kaltenbrunners vergangene Expeditions-Saison an Kangchendzönga und Lhotse haben wir auf alpin.de intensiv verfolgt. Die Meldungen hierzu sind - ebenso wie die dazugehörige Fotogalerie - in umgekehrter chronologischer Reihenfolge aufgeführt: