Gefahr an den hohen Bergen

Hitzewelle in den Alpen: Warnung am Großglockner

In den hohen Bergen Österreichs, Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz ächzte das Gestein bei den warmen Temperaturen der vergangenen Woche. In den Schweizer Alpen wurde gar ein "Rekord" verzeichnet: Die Null-Grad-Grenze befand sich laut dem Wetterdienst Meteoschweiz zeitweilig auf 5298 Metern – der höchste gemessene Wert seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1954. Alpinpolizei und Bergführerverbände warnten an Mont Blanc und Matterhorn vor akuter Steinschlaggefahr; die Neue Prager Hütte musste wegen Wassermangel schließen. Auch am Großglockner erhöhte sich die Gefahr.

Hitzewelle in den Alpen: Neue Prager Hütte geschlossen
© IMAGO / Westend61

Update vom 28. August 2023: Warnung am Großglockner (3.798 m)

Auch wenn gerade eine Kaltfront über die Alpen hinwegfegt: Die nächste Hitzewelle kommt – und mit ihr die Gefahren an den hohen Bergen. Die Hitze der vergangenen Woche machte sich auch auf dem Großglockner bemerkbar: Temperaturen von über zwölf Grad sorgten dafür, dass vor allem am Eisleitl vermehrt mit Steinschlag gerechnet werden müsse.

Das Eisleitl verdiene seinen Namen schon länger nicht mehr, sagt der Wirt der Adlersruhe gegenüber dem ORF. Die Schneedecke oberhalb des sogenannten Bahnhofs sei mittlerweile zur Hälfte abgeschmolzen. "Ein wahres Trauerspiel", so der Hüttenwirt der Erzherzog-Johann-Hütte, Toni Riepler, gegenüber dem ORF Tirol. "Es ist schade und tut weh beim Zuschauen. Die Eisnase schwindet und sackt auf allen Seiten zusammen. Das ist dramatisch", sagte er – und warnt.

"Besteigung des Großglockners ist gefährlicher geworden"

Die Pasterze, Österreichs größter Gletscher, schmelze seit Jahren dahin. Das sieht nicht nur der Wirt als ein "Alarmsignal hoch drei". Durch die Schmelze seien neue Gefahrenstellen auf dem Berg entstanden. Während die örtlichen Bergführer die Situation offiziell noch nicht kommentierten, warnt der Hüttenwirt Glockner-Aspiranten:

"Im Eisleitl hat sich beim Übergang vom Eis in den Fels eine neue Schlüsselstelle ergeben. Die Felsstufe ragt 15 Meter weit hoch und ist inzwischen die schwerste Stelle am Glockner", so Riepler. Die Steilstufe sei mit dicken Seilen entschärft worden, fast täglich finden laut ORF Sicherungsarbeiten statt. 

Update vom 25. August 2023: Neue Prager Hütte wegen Wassermangel geschlossen

Wie der DAVauf seiner Webseite mitteilt, kam es aufgrund der Hitze zur ersten Hüttenschließung an der Neuen Prager Hütte (2.796 m) im Venedigergebiet. Nach einer verkürzten Saison im vergangenen Sommer – die Hütte musste Anfang August 2022 wegen Wassermangel schließen – wurde der Start dieses Jahr bereits auf den 18. Mai vorverlegt. Nun musste die Hüttensaison erneut wegen Wassermangel vor dem eigentlichen Saisonende im September schon am 24. August 2023 vorzeitig beendet werden. 

"Hochalpine Hütten, sind die ersten, die Probleme mit dem Wasser haben", sagt Hüttenwirt Wilfried Studer. "Ein Umdenken im Verbrauch ist notwendig." Nach dem schneearmen Winter seien die letzten Schneefelder rund um die Hütte bereits abgeschmolzen und damit der verfügbare Wasservorrat aufgebraucht. Die Niederschläge reichen nicht aus, bei konstant hohen Gästezahlen den bestehenden Speicher mit genug Regenwasser zu füllen – trotz Wassersparmaßnahmen, wie die Schließung der Duschen. Insbesondere die Trinkwasserversorgung der Hütte – sie benötigt 2-3 Kubikmeter pro Tag – ist damit nicht mehr gewährleistet. 

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© Whgler/commons.wikimedia.org

Die erneute vorzeitige Schließung der Neuen Prager Hütte ist laut DAV ein weiteres Indiz für die Folgen des Klimawandels, und wie akut die Alpenregion davon betroffen ist. "Der Wassermangel stellt uns vor neue Herausforderungen. Der Alpenverein wird sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen", so Robert Kolbitsch, Leiter des DAV-Ressorts für Hütten und Wege. 

Für die Neue Prager Hütte wird gegenwärtig geprüft, wie die Umstellung auf Trockentoiletten und größere Wasserspeicher umgesetzt werden kann, soweit es die räumlich-standortbedingten Gegebenheiten und die gesetzlichen Vorgaben zulassen. Vielleiht kann so eine Schließung in den kommenden Saisonen vermieden werden. Bisherige Buchungen werden dem DAV zufolge kostenfrei storniert. Der Winterraum der Neuen Prager Hütte ist geöffnet und kann genutzt werden. 

Warnung vor Mont-Blanc-Besteigung

Die lokalen Behörden am Fuße des Mont Blanc schlagen aufgrund der Rekordhitze Alarm und appellieren an Aspiranten, ihre Begehung zu verschieben. Frankreich wird derzeit von einer extremen Hitzewelle erdrückt: Im Rhonetal werden laut Tagesschau in den kommenden 48 Stunden Temperaturen bis zu 42 Grad Celsius erwartet. 

Bislang befinden sich die Departements Rhone, Drome, Ardeche und Haute-Loire aufgrund des "Hitzedoms" auf "Alarmstufe Rot". Die extremen Temperaturen lassen die Gefahr auch am höchsten Alpengipfel rapide ansteigen. Bereits im vergangenen Jahr waren die Bedingungen am Mont Blanc extrem gefährlich; mehrfach kam es zu Eis- und Steinschlag, Hütten wurden zeitweilig geschlossen.

Die Behörden der Region Haute-Savoie warnen erneut auf allen Normalwegen vor Steinschlag und weisen auf die Gefahr durch hitzebedingte Eisabrüche und neu entstehende Spalten auf den Gletschern hin. Die Wege auf den Mont Blanc sind stark frequentiert, häufig erreichen über 100 Menschen pro Tag den Gipfel.

Steinschlaggefahr in den Schweizer Alpen

Auch in der Schweiz wurden Warnungen herausgegeben. So appelliert etwa die Polizei im Kanton Wallis an Zurückhaltung an den hohen Bergen: "Stein- und Eisschlag sind häufiger und die Bedingungen für Schneetouren sind oft schwieriger, da der Nachtfrost nicht mehr ausreichend ist." 

Zuletzt waren am Eiger zwei Bergsteiger von einer Eislawine verschüttet worden. Meteorologen erwarten erst zum Wochenende hin Abkühlung. 

Hitze in den Alpen: Null-Grad-Grenze auf Rekordhoch

Der Gefrierpunkt lag damit nicht nur über dem höchsten Punkt des Landes, der Dufourspitze (4.636 m) im Monte-Rosa-Massiv, sondern wiederholt auch über dem höchsten Alpengipfel, dem Mont Blanc (4.807 m). Bereits 2022 war ein Temperaturrekord gemessen worden: Am 25. Juli lag die Null-Grad-Grenze laut Messung auf 5184 Metern.

"In der Schweiz ist die bodennahe Nullgradgrenze seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen vor über 150 Jahren um 200 bis 700 Meter angestiegen, besonders stark im Winter. Seit den 1970er Jahren hat sich der Anstieg beschleunigt, vor allem im Frühling und im Sommer. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist die menschengemachte Klimaerwärmung," teilt Meteoschweiz in einem umfangreichen Bericht mit.

Ursache: Der menschengemachte Klimawandel

Der Wetterdienst weist darauf hin, dass er zwei verschiedene Nullgradgrenzen ermittelt: eine mittels Wetterballons in der freien Atmosphäre, die andere aus bodennahen Messungen an Messstationen. In der Wettervorhersage werde die Höhe der Nullgradgrenze der freien Atmosphäre angegeben. Die bodennahe Nullgradgrenze diene der Analyse der langjährigen Entwicklung, da qualitativ hochwertige Daten an Messstationen bis weit in die Vergangenheit zurück verfügbar seien.

<p>Manueller Start einer Ballonsonde in die Atmosphäre.</p>

Manueller Start einer Ballonsonde in die Atmosphäre.

© MeteoSchweiz

Besonders in Frühling und Sommer sei dieser Anstieg um derzeit teilweise um über 100 m pro Jahrzehnt spürbar. Als Grund für die steigende Nullgradgrenze benennen die Fachleute den menschengemachten Klimawandel. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts rechnen die Experten in der Schweiz mit einem weiteren Anstieg um 400 bis 650 m, wenn die Treibhausgasemissionen ungebremst zunehmen.

1 Kommentar

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schremper

Zur vorzeitigen Hüttenschließung der Neuen Prager Hütte möchte ich folgendes kommentieren.
Meine Frau und ich haben auf unserer Hüttentour vor zwei Wochen in der Hütte übernachtet.
Zu meiner Verwunderung musste ich feststellen, das ausgerechnet hier, obwohl das Problem mit der Wasserversorgung bekannt ist, jedem der wollte eine Duschmarke angeboten wurde.
Viele Gäste haben das angenommen und geduscht.
Meiner Meinung nach sind da Fehler auf beiden Seiten zu suchen.
Niemand würde sich beschweren, wenn man auf einer Hüttentour nicht die Möglichkeit bekommt zu duschen.
Die meisten Hütten haben erst gar keine.
Der Pächter und das Team müssen viel eher darauf reagieren, wenn Gefahr läuft, das Wasser knapp wird.