Anzahl der tödlichen Bergunfälle bleibt konstant

DAV-Bergunfallstatistik 2022: Absolute Unfallzahlen auf Höchststand

Es ist doch kein bloßes Gefühl: Die Unfälle in den Alpen nehmen zu, sind sogar auf Höchststand. Für das Jahr 2022 weist die DAV-Bergunfallstatistik einen Rekord bei den absoluten Unfallzahlen aus; die Zahl der Toten blieb auf verhältnismäßig niedrigem Niveau. Auffällig: Vermehrt kam es im Hochgebirge durch Stein- und Eisschlag zu Unfällen.

Das Unfallgeschehen ist in absoluten Zahlen auf dem Höchststand.
© DAV/Julian Rohn

Bergunfälle 2022: Höchststand bei den Unfallzahlen

Wie der DAV mitteilt, waren 2022 insgesamt 1243 DAV-Mitglieder von Bergunfällen oder Notfällen betroffen. Absolut gesehen seien diese Zahlen so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der DAV-Bergunfallstatistik. Allerdings hatte der DAV in diesem Jahr über 1,4 Millionen Mitglieder und damit ebenfalls so viele wie noch nie zuvor. 

Die Unfallquote sei deshalb nicht ungewöhnlich hoch, sondern befinde sich in etwa auf dem Niveau vor der Pandemie. Das bedeutet: Auf 1128 Mitglieder komme im Durchschnitt eine Notsituation. Ein Rekord bei den Unfallzahlen schlage jedoch noch an einem anderen Punkt ins Gewicht: Bei der Arbeit der Bergrettungsorganisationen vor Ort.

Tödliche Unfälle auf konstant niedrigem Niveau

In Bezug auf die vermeintlich vielen "Todesmeldungen" überraschen die Zahlen: Die tödlichen Unfälle bewegen sich im dritten Jahr in Folge auf niedrigem Niveau. Im Jahr 2020 waren 28 tote Mitglieder zu beklagen, 2021 waren es 33 und im vergangenen Jahr 35. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 kamen 54 DAV-Mitglieder beim Bergsport ums Leben, in den Jahren davor schwankte die Zahl zwischen 30 und 44.

Hohe Temperaturen im Hochgebirge verursachen vermehrt Stein- und Eisschlag

Laut DAV sind neun Prozent der Unfälle auf Stein- und Eisschlag beim Bergsteigen und Hochtourengehen zurückzuführen – deutlich mehr als in den Vorjahren. Früher lag der Anteil bei drei Prozent. Zwar können einzelne Ereignisse nicht dem Klimawandel zugerechnet werden, doch führen das Auftauen des Permafrostes und die starke Gletscherschmelze infolge der steigenden Null-Grad-Grenze sowie Hitzewellen zwangsläufig zu mehr Erosion. Es gelte, durch eine entsprechende Tourenauswahl und -planung dem erhöhten Risiko entgegenzuwirken.

Auch eine zeitliche Verschiebung von Unfallmuster und -ursachen zeichnet sich laut Bericht ab: Durch den schneearmen Winter und das warme Frühjahr haben sich im Jahr 2022 die Unfälle wegen Ausrutschens auf (Alt-)Schneefeldern in den März und April verschoben, anstatt wie üblich zwischen Mai und Juli. 

Unfallzahlen beim Bergsteigen gehen insgesamt zurück

Die DAV-Bergunfallstatistik weist auf einen positiven Trend hin: Insgesamt gehen die Unfallzahlen beim Bergsteigen zurück. In 2022 waren 58 Unfälle und Notfälle zu verzeichnen, drei Mitglieder kamen ums Leben. Im Jahr 2021 betrugen diese Zahlen 74 und sieben, davor waren es 70 und fünf und 2019 59 und neun.

<p>Die Unfälle beim Bergsteigen sind laut Statistik insgesamt rückläufig.</p>

Die Unfälle beim Bergsteigen sind laut Statistik insgesamt rückläufig.

© DAV

Bergunfallstatistik 2022: Welche Bergsportart ist am häufigsten betroffen?

Wandern ist nach wie vor mit großem Abstand die beliebteste Bergsportdisziplin der DAV-Mitglieder. Entsprechend hoch sind hier die Unfallzahlen: Im vergangenen Jahr waren 384 DAV-Mitglieder von Unfällen und Notfällen beim Wandern betroffen, 17 Menschen kamen ums Leben. Die Quote sei im Rahmen der letzten Jahre, es sei kein neuer Trend zu erkennen. 

23 Prozent der gemeldeten Unfälle waren auf blockierte Wanderer zurückführbar. Im Vergleich zu den Vorjahren sei hier eine absteigende Tendenz erkennen: 25 Prozent (2021), 33 Prozent (2020) und 34 Prozent (2019). Als Blockierungen werden die Notfälle erfasst, bei denen die Betroffenen zwar nicht verletzt sind, jedoch die Tour aus eigener Kraft nicht mehr bewältigen können.

Skitourengehen & Skifahren: Unfallzahlen nehmen zu

Im Winter haben die klassischen Disziplinen – Skitourengehen und Pistenskilauf – wieder das Unfallniveau vor Corona erreicht. Beim Skitourengehen waren 132 DAV-Mitglieder von Unfällen oder Notfällen betroffen, fünf kamen ums Leben. Bei den Ursachen steht der Sturz mit weitem Abstand an erster Stelle, Lawinen spielen bei den nicht tödlichen Unfällen nur eine untergeordnete Rolle. 

Deutlich mehr Unfälle als beim Tourengehen haben sich beim Pistenskilauf ereignet: Insgesamt waren 375 DAV-Mitglieder betroffen, die Mehrzal der Unfälle (98 Prozent) wurde durch Sturz verursacht, vier Prozent durch Kollisionen. Dabei ist die Unfallquote so hoch wie seit 2011 nicht mehr.

<p>Unfälle beim Pistenskifahren nehmen wieder deutlich zu.</p>

Unfälle beim Pistenskifahren nehmen wieder deutlich zu.

© DAV

Bemerkenswert für den Winter seien zwei Disziplinen, die bislang nur sehr untergeordnet in der Unfallstatistik vertreten waren: Rodeln und Langlaufen. Während sich beim Rodeln elf Unfälle ereigneten, waren es beim Langlaufen 17. In beiden Fällen sei das eine Vervielfachung im Vergleich zu den Vorjahren. 

Unfallzahlen beim Mountainbiken nehmen deutlich zu

Die Unfallzahlen beim Mountainbiken weisen laut DAV deutlich nach oben: Waren es 2016 noch 31 Verunfallte und 2019 41, so stiegen die Zahlen in den Folgejahren auf 65 (2020) und 54 (2021). Im aktuellen Berichtszeitraum ereigneten sich 66 Unfälle und Notfälle. Bikeparks spielen im Unfallgeschehen eine immer größere Rolle.

Über die DAV-Bergunfallstatistik

Der Deutsche Alpenverein veröffentlicht seit 1952 eine Bergunfallstatistik. Der aktuelle Berichtszeitraum reicht vom 1. November 2021 bis zum 31. Oktober 2022 und umfasst je die komplette Winter- und Sommersaison in den Bergen. Datengrundlage sind ausschließlich Meldungen zu Unfällen von DAV-Mitgliedern weltweit. Daraus ergibt sich die besondere Bedeutung der DAV-Bergunfallstatistik: Aufgrund der über Jahrzehnte kontinuierlich erfassten Unfallzahlen können aussagekräftige Rückschlüsse auf das Unfallgeschehen – und das Unfallrisiko – in den Bergen im Allgemeinen gezogen werden.

Diese 10 Tipps vom Alpenverein solltet ihr auf jeder Bergtour beachten:

4 Kommentare

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Wolfgang auf Facebook

Nachdem man Jahrzehntelang alles getan hat, Menschen in die Berge zu bringen, z.B. durch Hütten- und Wegebau, kommt jetzt die Quittung. Zu viele Menschen, die dort nichts verloren haben. Konsequenter Wegerückbau und Hüttenschließungen wären die Lösung.

David auf Facebook

Klar, die AV-Bergunfallstatistik nimmt nur Unfälle mit Beteiligung von Mitgliedern auf. Daher macht es vielleicht Sinn, die Zahlen auf die Mitgliederzahl zu normieren. Aber sollte man sich nicht auch gleichzeitig fragen, ob die Bergrettungsorganisationen auf einen vergleichbaren Kapazitätszuwachs hoffen dürfen? Die Berggängerinnen und Berggänger, die sich (vor dem starken Argument einer Bergnotversicherung) entschließen, dem AV beizutreten, sollten sich vielleicht auch ernsthaft überlegen, sich einer Bergwacht als Anwärterin, Anwärter und später aktive Einsatzkräften anzuschließen. Die Sicherheit am Berg ergibt sich zu annähernd 100 Prozent aus dem Gedanken der Kameradenrettung, das ist kein Serviceanspruch, den man bekommt, wenn man eine Versicherung abschließt sondern eine gegenseitige Verantwortung, die man sowieso schon auf sich lädt, sobald man den Wanderparkplatz in Richtung Wanderziel verlässt. Wenn man aber hört, dass bestimmte Bergwachtsortsebenen an belebten Wochenenden bis zu zwei Dutzend mal ausrücken müssen, drücke ich den Einsatzkräften wie auch den Unfallopfern die Daumen, dass die genug Personal haben.

Gotlind auf Facebook

Ein Vergleich zwischen Männern und Frauen wäre auch interessant.

Unbekannter User auf Facebook

Wenn man sich vor Augen führt das es in den letzten Jahren insgesamt mehr Leute in den Bergen geworden sind ist es auch nicht verwunderlich das es seit Jahren mehr Unfälle geworden sind