K2: Kaltenbrunner gibt endgültig auf

"Gut entschieden!!"

"Gut entschieden!!"

05:50 Uhr

David meldet sich aus den ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Er wird noch eine Weile auf Gerlinde warten und dann langsam weitersteigen in Richtung Flaschenhals. David bestätigt die Freinacht von Daniel und Fabrizzio; die beiden werden absteigen. Auf der Schulter, wo David ist, hat es kaum Wind, der Schnee ist gut zu spuren, nicht zu tief. Wünsche ihm und Gerlinde alles Gute, nur kein Blödsinn machen. Dodo Kobold, Piotr Morawski und Peter Hamor wollen in einer halben Stunde nachkommen. Zur Fotogalerie Kaltenbrunner und Dujmovits am K2 8:00 Uhr

Mit dem Fernglas kann ich erkennen, dass entweder Fabrizio oder Daniel schon bei Lager III angekommen ist. Der andere ist ca. 2 Seillängen oberhalb noch beim Abseilen.

8:05 Uhr

David und Gerlinde melden sich von ca. 100 m oberhalb unseres Biwakplatzes vom ersten Versuch. Zu zweit kommen sie nur langsam voran, die Müdigkeit und die vergangenen 3000 Höhenmeter machen sich bemerkbar und das Tempo ist nurmehr sehr gering. Dodo, Piotr und Peter sind ein ganzes Stück hintendran und können bei der Spurarbeit nicht helfen. Gerlinde und David haben sich bereits ausgerechnet, dass es beim derzeitigen Tempo wahrscheinlich kaum möglich sein wird, vor der vorgesehenen Umkehrzeit von 15:00 Uhr am Gipfel zu sein. Ich höre Zweifel aus ihren Stimmen, äußere auch meine Bedenken, dass es bei ihrem aktuellen Zustand doch ein sehr kritisches Unterfangen würde über den extrem steilen Flaschenhals hinaus weiter Richtung Gipfel zu klettern. Zunächst möchten sie noch weitersteigen, der Wind hat sich fast gelegt. Ich bin mir sicher, sie werden vernünftig sein und rechtzeitig umkehren.

8:30 Uhr

Der zweite Abseilende ist ebenfalls in Lager III angekommen. Freue mich; jeder Meter tiefer bedeutet gewonnene Sicherheit.

9:00 Uhr

Gerlinde meldet sich aus dem Bereich unterhalb des Flaschenhalses, wo es sich anfängt aufzusteilen. Die letzte Stunde sind sie und David gut vorangekommen, besser als erwartet. Ihre Fußzehen sind zwar immer noch nicht ganz warm geworden, aber besser als in der Nacht. Leider sind die drei Slowaken / Pole sicher eine Stunde hintendran und damit bleibt die Spurarbeit bei ihnen beiden. Sie sind am überlegen die drei abzuwarten, damit sie evtl. beim Spuren helfen können.

Im Süden hinter der Chogolisa sehe ich die ersten Cirren aufziehen, dahinter kündigt sich bereits eine hohe Schichtbewölkung an. Irgendwer von den Russen an der Westwand hat gemeint bzw. im Internet vermerkt, am Sonntag (also morgen) würde ein Sturm reinkommen. Gerlinde und David wissen Bescheid.

Wieder glücklich vereint im Basislager. Bild: Ralf Dujmovits.
Wieder glücklich vereint im Basislager. Bild: Ralf Dujmovits.

10:15 Uhr

Erst meldet sich David, dann Gerlinde. Es ist vorbei. Für dieses Jahr zumindest. Ich bin erleichtert – wenn ich das so spontan sagen darf. Es war sehr spät geworden, Gerlinde und David waren mit den anstrengenden Schneeverhältnissen und nach über 3000 Höhenmetern alleine. Zudem sagte Gerlinde’s Bauchgefühl, dass der steiler werdende Bereich unterhalb des Flaschenhalses ziemlich eingeblasen sei – „Schneebrettgefahr“ meint sie. Dodo, Piotr und Peter waren nach einer Stunde Warten immer noch nicht aufgeschlossen. Allesamt sind sie müde, alles zusammen gibt den Ausschlag für die Umkehr. Zur Fotogalerie Kaltenbrunner und Dujmovits am K2 !!Gut entschieden!! – mein Inneres jubelt, selbst wenn ich Gerlinde, David und Daniel – und natürlich auch den anderen – den Gipfel von Herzen gegönnt hätte. Es waren einige meiner angespanntesten Stunden. Im Kopf fast zerrissen, zwischen dem Mitfiebern des leidenschaftlichen Höhenbergsteigers zum Gipfel hin und den Sorgen vor dem Wissen um einen anstrengenden Abstieg nach fast übermenschlicher Anstrengung der letzten 35 Stunden.

Jetzt sind sie alle auf dem Abstieg – „bleibt konzentriert“.

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