Starker Sturm am K2

Kaltenbrunner und Dujmovits drehen um

Der K2 sollte ihr elfter 8000er werden, doch das Wetter an dem 8611 Meter hohen Berg machte Gerlinde Kaltenbrunner dabei einen Strich durch die Rechnung. Den Entschluss, am letzten Lager vor dem Gipfel umzukehren, fassen Kaltenbrunner und ihre Begleiter Ralf Dujmovits, David Göttler und Daniel Bartsch am Dienstagmorgen. Hier der Original-Bericht von Ralf Dujmovits.

Kaltenbrunner und Dujmovits drehen um

Es hat erstmal nicht sollen sein - der K2 wollte uns nicht

Der K2 im Morgenlicht mit dem Pfeiler der Cesen-Route rechts im Bild.
Der K2 im Morgenlicht mit dem Pfeiler der Cesen-Route rechts im Bild.

Zu schön wäre es gewesen, gleich beim ersten Anlauf ganz oben stehen zu dürfen. Aber irgendwie war uns das Wetter nicht wohl gesonnen. Die Kräfte hatten wir gut eingeteilt, alle vier waren wir in Topform als wir bei Sturm und wenig Sicht gestern früh nach einer Nacht auf der Schulter des K2 in 7800 m Höhe uns für den Abstieg entschieden.

Ghasan Khan, unser pfiffig-jugendlicher Koch, hatte uns um 3:00 Uhr morgens mit einem Grüntee mit Zitrone geweckt. Gegen 4:00 Uhr am 28. Juli waren wir von unserem kleinen Basislager auf dem Godwin-Austen-Gletscher gestartet. Nur 30 Minuten zu gehen sind es bis zum Einstieg der "Cesen"-Route. Steil und wild gezackt zieht sie neben einem breiten Couloir fast 3000 Höhenmeter bis zur Schulter des K2. Zur Fotogalerie Kaltenbrunner und Dujmovits am K2 Erstmals durchstiegen bis zur Schulter hatte die Route 1986 der nicht ganz unumstrittene slowenische Bergsteiger Tomo Cesen. Bis zum Gipfel über diese fantastisch steile Linie waren dann erstmals Spanier 1994 aufgestiegen, darunter unsere baskischen Freunde Alberto Inurrategi und sein 2001 am GII verunglückter Bruder Felix. Dies der Grund warum die "Cesen"-Route inzwischen oft auch als "Basken"-Route bezeichnet wird.

Der Druck der Lawine hat mir den Atem genommen.
Der Druck der Lawine hat mir den Atem genommen.

Nach 300 steiler werdenden Höhenmeter am Rande des vorgenannten Couloirs gleich die erste Überraschung: in ca. 6700 m Höhe hat sich ein großes Schneebrett gelöst und donnert nun als Staublawine durch das Couloir herunter. Wir sprinten um unser Leben. Gerlinde, David und Daniel erreichen die Felsen seitlich des Couloirs, ich hänge mich an mein im Eis eingerammtes Eisgerät. Der Druck der seitlich an uns vorbei donnernden Lawine und der feine Schnee- und Eisstaub nehmen uns den Atem.

Für einen Moment habe ich das Gefühl ersticken zu müssen. Endlich lässt der Sturmwind der Lawine um uns herum nach. Alle vier sehen wir aus wie Schneemänner, nur etwas betretener und trotzdem erleichtert stehen wir da. Zur Fotogalerie Kaltenbrunner und Dujmovits am K2 Der nächste Gedanke gilt fünf Amerikanern, die nach uns in die Route eingestiegen waren und ca. 100 m unter uns klettern. Wir sind erleichtert als sie aufwärts schreien "all ok". Nur einer ist von einem Eisbrocken am Ellbogen getroffen worden. Sie hatten die Fixseile benutzt und sind dadurch nicht mit in die Tiefe gerissen worden.

David am Beginn der langen Querung unterhalb von Lager II.
David am Beginn der langen Querung unterhalb von Lager II.

Der weitere Aufstieg folgt steil und direkt einem zerschrundenen Pfeiler, kombiniertes Gelände in Eis, Schnee und Fels. Steile, abwärtsgeschichtete Felsplatten, zumeist mit Schnee bedeckt, machen die Kletterei anspruchsvoller als erwartet.

Nachdem wir die Route zunächst frei im Alpinstil klettern wollten sind wir auf halber Strecke zum Lager II froh teilweise die Fixseile der Amerikaner benutzen zu können. Um in diesem heiklen Gelände sicher vorwärts kommen zu können hätten wir uns gegenseitig sichern müssen - was zeitlich ein zu großer Verlust gewesen wäre.

Reichlich angestrengt nach 9 Stunden Kletterei sind wir um 13:00 Uhr am engen Aussichtsbalkon von Lager II. Die Alpinstil-Rucksäcke mit 18 - 20 kg zehren an der Kondition. Der Nachmittag gehört dem Herreichten der Stellplätze für unsere beiden Mini-Biwakzelte, dem Schneeschmelzen, Trinken und Essen.

Die Aussicht hinunter auf den Eisstrom des Godwin-Austen-Glestcher, zum gegenüber liegenden Broad Peak und auf die vielen 6- und 7000er des Karakorum gehört zum (st)(g)eilsten, was ich kennen lernen durfte.