Bergschule: Sicher suchen

Notfallausrüstung: So stören Smartphone und GPS dein LVS-Gerät

LVS-Geräte gehören zur Skitour. Sie helfen dabei, Verschüttete zu finden. Dass diese elektronischen Geräte sensibel sind und von vielen Störquellen beeinflusst werden können, ist vielen Nutzern allerdings nicht bewusst. Welche Geräte lieber mit Abstand zum LVS-Gerät getragen werden sollten? Wir verraten es euch!

Störquellen bei der LVS-Suche
© Birgit Gelder

Gefährliches Rauschen

Hast du schon einmal bei einer Lawinensuchübung erlebt, dass der Richtungspfeil auf deinem Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS) wild umherspringt? Oder dass dein LVS mehrere Verschüttete anzeigt, obwohl ihr nur ein Gerät zum Suchen vergraben habt? 

© Georg Sojer

Nicht selten hast du die Ursache für diese Störungen selbst am Mann bzw. an der Frau: Smartphone, Lawinenschaufel, Magnetknöpfe in der Bekleidung, elektrischer Airbag-Rucksack. Sie können LVS im Such- und Sendemodus stören und die Verschüttetensuche erschweren. Da Zeit dabei über Leben und Tod entscheidet, sprechen wir an dieser Stelle ausführlicher über Störquellen von LVS und geben dir konkrete Tipps.

Störquellen bei der LVS-Suche: Was stört und wie?

Heutige LVS haben drei Antennen, die auf der international für LVS festgelegten Frequenz von 457 kHz senden und empfangen. Sie sind sehr sensitiv, um im Suchmodus auch entfernter verschüttete Personen orten zu können. Genau das ist das Problem: Je sensitiver eine Antenne ist, desto eher empfängt sie auch Störsignale, z.B. von Frequenzen in der Nähe von 457 kHz. 

Aktive Störquellen bei der LVS-Suche

Alle elektrischen Geräte, die du auf Tour dabeihast, sind aktive Störquellen und können Störsignale erzeugen: 

Aktive Störquellen für das LVS auf einen Blick

  • Uhr

  • Handy (auch im Flugmodus!)

  • Helmkamera

  • elektrischer Airbag-Rucksack

  • Powerbank

  • Bluetooth-Kopfhörer

  • beheizte Bekleidung

Elektromagnetische Interferenz bei elektronischen Geräten

In all diesen Geräten fließt Strom und dadurch entsteht ein elektromagnetisches Feld. Je stärker dieses Feld ist und je näher die Frequenz an der "LVS-Frequenz" von 457 kHz ist, desto eher kann ein LVS gestört werden. Fachleute nennen das elektromagnetische Interferenz (EMI).

<p>Gerade bei der Feinsuche kommt es auf genaues Arbeiten an. Interferenz darf es da nicht geben.</p>

Gerade bei der Feinsuche kommt es auf genaues Arbeiten an. Interferenz darf es da nicht geben.

© BCA

Bildlich gesprochen sind die Signale wie ein elektrisches Grundrauschen: Je mehr Geräte bzw. Signale in der Nähe sind, desto lauter ist das Rauschen und desto schwerer ist es für ein suchendes LVS das richtige (LVS-)Signal herauszufiltern. 

Dann können dessen Empfangsreichweite sinken (der Verschüttete wird erst deutlich später erkannt), die Richtungspfeile springen oder Geistersignale angezeigt werden (weitere Verschüttete, die es gar nicht gibt). Auch ein LVS im Sendemodus kann von elektrischen Störsignalen beeinflusst werden. 

Dabei sind die Störungen zwar geringer als im Suchmodus, aber dennoch können sie die Sendeleistung und damit die Reichweite reduzieren. Übrigens lauern diese Störquellen auch in der Umgebung, zum Beispiel durch Strommasten, Liftanlagen, Helikopter oder bei einem aufziehenden Gewitter.

<p> Suchübungen sollte man hier nicht durchführen. Die Interferenzen wären sicherlich extrem.</p>

 Suchübungen sollte man hier nicht durchführen. Die Interferenzen wären sicherlich extrem.

© Bruce Edgely

Passive Störquellen bei der LVS-Suche

Neben elektrischen Geräten können metallische Objekte LVS beeinflussen. Diese passiven Störquellen haben eine abschirmende, absorbierende Wirkung: Metall kann die vom suchenden oder sendenden LVS erzeugte Energie teilweise "aufnehmen". 

Passive Störquellen für das LVS auf einen Blick

  • Lawinenschaufel

  • Thermosflasche

  • Flachmann

  • wärmereflektierende Bekleidung

  • Steig­eisen

  • Kompass

  • Magnetverschlüsse

Wenn größere metallische Objekte sehr nah am LVS sind, kann das zu einer geringeren Sende- oder Empfangsreichweite oder einer abweichenden Sendefrequenz führen! Auch Magnete sind passive Störquellen – relevant zum Beispiel bei Kompassen oder Magnetverschlüssen. Sie können im Nahbereich die LVS-Antenne aus Ferrit beeinflussen, wodurch deren Reichweite sinken kann.

© IMAGO / YAY Images

So kann man Störungen minimieren

Wie sehr ein LVS von aktiven oder passiven Störquellen beeinflusst wird, hängt vor allem von deren Entfernung ab. Am besten ist es, alle nicht unbedingt benötigten Störquellen zu Hause zu lassen! Manches muss aber mit, z.B. Lawinenschaufel und Handy als Teil der Notfallausrüstung.

Dann gilt die 20/50 Regel, die alle Hersteller von LVS-Geräten empfehlen: Das LVS sollte im Sendemodus mindestens 20 cm Abstand von elektrischen Geräten und metallischen bzw. magnetischen Gegenständen haben. 

© IMAGO / Frank Sorge

Beispiel: Stecke nicht LVS und Handy in die gleiche Hosentasche und verstaue das LVS nicht im Tragesystem, wenn du einen Brustgurt deiner Pulsuhr trägst! Bedenke auch, dass du bei einer Verschüttung ordentlich durchgewirbelt wirst. Dabei kann sich z.B. eine am Rucksack befestigte Handytasche in Richtung des LVS verschieben.

<p>Der Abstand von Handy zu LVS sollte im Sendemodus mindestens 20 Zentimeter betragen. </p>

Der Abstand von Handy zu LVS sollte im Sendemodus mindestens 20 Zentimeter betragen. 

© Ortovox

Diese Abstandsregeln sollte man einhalten

Im Suchmodus sollte das LVS mindestens 50 cm Abstand zu möglichen Störquellen haben. Der Suchende sollte zum Beispiel eine Smartwatch am Handgelenk genauso vermeiden wie das Mittragen der Schaufel in der anderen Hand! Der Deutsche Alpenverein (DAV) bestätigt die Wirksamkeit dieser Abstandsempfehlungen im jüngsten Test der DAV Sicherheitsforschung. 

Wenn du einen Notruf per Anruf absetzt, halte Abstand zum Suchenden! Früher wurden hier mindestens 25 Meter empfohlen, diese (hohe) Zahl ist jedoch umstritten. Inzwischen gilt eher ein Abstand von zehn Metern als sinnvoll. Merke: Einige Meter Abstand zum Suchenden beim Telefonieren sind auf jeden Fall sinnvoll und überall machbar.

Wer allein suchen muss, muss improvisieren und zum Beispiel das Handy für einen etwaigen Rückruf der Bergrettung während der Suche in der Gesäßtasche oder im Rucksack verstauen. 

Störquellen vermeiden: Der Teufel steckt im Detail

Die Tipps zum Verstauen (oder Daheimlassen) potenzeller Störquellen sind einfach. Aber wie schnell steckt man morgens den Autoschlüssel in die gleiche Hosentasche wie das LVS oder vergisst in der Hektik eines Notfalls die Smartwatch abzumachen?

<p>Das LVS gehört nicht in die Jackentasche. </p>

Das LVS gehört nicht in die Jackentasche.

© Birgit Gelder

Daher empfiehlt es sich, das Thema Störquellen beim LVS-Check vor jeder Tour anzusprechen: Jeder prüft dabei, dass elektrische Geräte und metallische bzw. magnetische Objekte entweder gar nicht dabei oder ausgeschaltet und mindestens 20 cm vom LVS entfernt verstaut sind.

Potentielle Störquellen entfernen

Doch was tun, wenn während einer Suche die Richtungsanzeige springt oder die Entfernung des Verschütteten auf einmal steigt statt sinkt? Entferne zunächst sämtliche sofort identifizierbaren Störquellen! Wenn das nichts hilft, solltest du die Suchstreifenbreite reduzieren – auf 20 Meter oder anlassbezogen auch weniger. Es kann helfen, das Erstsignal und den Beginn der Feinsuche z.B. mit einem Handschuh zu markieren.

 Bei Problemen kannst du so zu diesen Punkten zurückkehren und nochmal starten. Profis können mit ihrem LVS in den analogen Suchmodus und auf sehr schmale Suchstreifen wechseln. Achtung: Nicht alle LVS haben einen analogen Modus und wer die analoge Suche nicht regelmäßig übt, wird damit vermutlich länger brauchen.

© Ortovox / Max Draeger

 Da die Störquellenerkennung in den meisten LVS softwareseitig funktioniert, ist es wichtig, dass du regelmäßige Updates deines LVS machst bzw. machen lässt – am besten vor jeder Saison prüfen! 

Zudem empfehlen wir die Auswirkungen von Störquellen in Lawinensuchübungen bewusst zu demonstrieren: Halte bei der nächsten Übung dein eingeschaltetes Handy neben das suchende LVS und beobachte, was passiert. Oder vergrabe ein sendendes LVS direkt unter einer Lawinenschaufel. So lernst du dein LVS und etwaige Warnanzeigen kennen und kannst entsprechende Maßnahmen trainieren.

© IMAGO / imagebroker

Was tun die Hersteller von LVS-Geräten?

Alle in der EU verkauften LVS müssen die "LVS-Norm" EN 300718 erfüllen. Sie schreibt einen Störquellentest vor, der aber unter Laborbedingungen stattfindet und Spielraum beim Versuchsaufbau bietet. Daher führen alle Hersteller zusätzlich eigene Tests durch, um die Auswirkungen von Störquellen auf ihre Geräte zu testen und zu minimieren.

Ganz ausschalten kann man sie nie, denn es gibt einfach zu viele verschiedene Geräte und Objekte. Daher ist es gut, dass alle LVS-Hersteller in ihren Bedienungsanleitungen auf die Problematik hinweisen und konkrete Handlungsempfehlung geben (wie die 20/50 Regel). Neuere LVS haben oft eine integrierte Störquellenmessung. Wenn Störsignale erkannt werden, reduziert das Gerät seine Suchstreifenbreite und weist den Nutzer per Displaywarnung da­rauf hin.

© Ortovox

Im genannten DAV Störquellentest hat diese Störquellenmessung und darauf aufbauend die Einschränkung der Suchstreifenbreite jedoch nicht immer zuverlässig funktioniert. Du solltest für den Fall der Fälle also immer wissen und üben, mit möglichen Störungen umzugehen!

So gehen die Hersteller mit Störsignalen um

Hier ein Überblick, wie die diesen Winter erhältlichen LVS – laut Herstellerangaben – mit Störsignalen umgehen.

Arva Neo BT Pro und Evo5

 Die Arva Geräte Neo BT Pro und Evo5 sind mit einem dynamischen Störungsmanagement ausgestattet. Sobald Störquellen erkannt werden, verringern die Geräte automatisch ihre Suchstreifenbreite von 80 Meter auf 30 Meter (Neo BT Pro) bzw. von 50 Meter auf 20 Meter (Evo5). Der Suchende wird per Displaywarnung informiert, sein Suchverhalten entsprechend anzupassen. 

<p>Arva Neo BT Pro</p>

Arva Neo BT Pro

© Arva

Das ebenfalls noch erhältliche Vorgängermodell Arva Evo4 arbeitet standard­mäßig mit einer geringeren Suchstreifenbreite.BCA beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Störquellen und veröffentlicht immer wieder Studien und Beiträge. Auch die Technologie ihrer Tracker-Geräte filtert Störsignale heraus, warnt aber nicht bei Erkennen von Störungen, da das in den Augen des Herstellers die Suche für den Nutzer zu sehr verkomplizieren würde.

Mammut Barryvox

In den Barryvox Geräten von Mammut überwacht und beseitigt die "Interference Guard“ Funktion im Sendemodus mögliche Signalstörungen. Bei besonders starken Störungen wird der Nutzer per akustischer Meldung und Displayanzeige gewarnt. 

<p>Mammut Barryvox</p>

Mammut Barryvox

© Mammut

Im Suchmodus werden externe Störungen und Ghostsignale erkannt und unterdrückt, soweit möglich. Wenn eine Störung ein kritisches Ausmaß erreicht, wird der Suchende gewarnt und über das Display angewiesen, die Suchstreifenbreite zu verringern. 

Ortovox Diract und Diract Voice

Das Diract und das Diract Voice von Ortovox können mit der neuen Software-Version 2.1 (seit Oktober 2023 erhältlich) Störquellen erkennen und warnen den Nutzer per Displayanzeige – sowohl beim Selbsttest nach dem Einschalten als auch im Sende-/Suchmodus. Werden Störquellen während der Suche erkannt, passen die Geräte zudem die vorgeschlagene Suchstreifenbreite nach unten an.

<p>Ortovox Diract Voice</p>

Ortovox Diract Voice

© Ortovox

Pieps Pro IPS

Pieps hat seit diesem Winter mit dem Pro IPS ein neues Gerät auf dem Markt, bei dem das „Interference Protection System“ (IPS) im Sendemodus die Auswirkungen elektronischer Störungen überwachen und das Gerät an Störsignale anpassen soll. 

<p>Pieps Pro IPS</p>

Pieps Pro IPS

© Pieps

Im Suchmodus soll die "Signal Verification" nur Signale von anderen LVS anzeigen und Geistersignale ausblenden. Wenn Störsignale erkannt werden, empfiehlt das Gerät dem Suchenden am Display die Suchstreifenbreite zu verringern. 

Das Neue an IPS ist, dass es das Problem der Störquellen software- und hardwareseitig angeht: Eine Antenne ist ausklappbar, was den Abstand zu Störquellen am Körper erhöht. Ein veränderter Aufbau im Gerät soll außerdem Störungen durch die geräteeigene Elektronik und externe Quellen kompensieren.

Die bisherigen Geräte Pro BT und Powder BT sind mit der ersten Generation der "Interference Protection" ausgestattet und weiterhin erhältlich. Übrigens: Die LVS von Black Diamond sind mit Pieps Technologie ausgestattet. IPS kommt jedoch derzeit nur im Pieps Pro IPS zum Einsatz.

LVS-Störquellen vermeiden: Unser Fazit

Unempfindlichkeit gegenüber Störquellen bei gleichzeitig hoher Reichweite und schneller Softwareleistung: Das ist die große Herausforderung bei der (Weiter-)Entwicklung von LVS. Es bleibt spannend, wie die Hersteller in den nächsten Jahren darauf reagieren. Wir Anwender sollten Störquellen unabhängig davon regelmäßig (in der Gruppe, vor der Tour, bei Übungen) thematisieren – und vielleicht einfach weniger Elektronik mitschleppen.

Hier haben wir die Schritte bei der LVS-Suche zusammengefasst: 

Text von Anne Zeller

1 Kommentar

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Herpfar

Danke für die überaus detailierte Info.
Das Markieren des Erstempfangs (oder auch der geringsten Entfernung zum Verschütteten) sollte NICHT mit einem Handschuh erfolgen. Handschuhe werden beim Ausgraben benötigt - ohne Handschuhe besteht die Gefahr der Handlungsunfähigkeit durch Kälte.