Duo gelingt im Gasteiner Anlauftal eine der schwierigsten, reinen Eislinien der Gegenwart

Leichtfried und Purner meistern den "Centercourt"

Alles was im Entferntesten mit Eis in der Vertikalen zu tun hat, scheint derzeit dem österreichischen Duo Albert Leichtfried und Benedikt Purner zu gelingen. Hatte das Dreamteam Anfang Dezember mit "Moonwalk", der längsten Eisroute Österreichs, bereits kräftig vorgelegt, so setzten die beiden Eisspezialisten mit "Centercourt" (300m / WI7+) noch einen drauf.

Leichtfried und Purner meistern den "Centercourt"
Feierabendtour: Benedikt Purner in "Seidenraupe" (WI5).
Feierabendtour: Benedikt Purner in "Seidenraupe" (WI5).

Lesen Sie Albert Leichtfrieds Erfahrungsbericht.

Es war wieder einmal soweit, Benni und ich waren die letzten zwei Tage in der Eisarena im Gasteinertal. Quasi zum Aufwärmen kletterten wir den Extremklassiker 'Supervisor' (270m, WI6) in 2,5 Stunden. Manche Leute behaupten, dass es keinen schwierigeren Wasserfall auf der Welt gibt als den 'Supervisor'.

Das ist doch glatt gelogen, man schaue nur einmal etwa 100 Meter weiter nach links.Aber egal, der 'Supervisor' zählt in Punkto Schwierigkeit nicht zu meinen Top 10, in Punkto Schönheit aber auf alle Fälle, und das ist es ja was wirklich zählt! Da wir bereits zu Mittag wieder am Ausgangspunkt waren, hängten wir noch die 'Seidenraupe' (200m, WI5) dazu. Somit war der Tag ausgefüllt und wir konnten am Abend mit der Eiskletterlegende und Hausmeister in Gastein, Hans Zlöbl, bei einem Bier im Silver Bullet den Tag Revue passieren lassen.

Als ich Hans von einer Linie mitten zwischen den Ultrahämmern 'Land under' und 'Rodeo' erzählte, wusste er sofort was ich meinte. Er hatte die Linie schon Jahre beobachtet, die Verhältnisse waren jedoch nie passend. Unser Ziel war klar, Hans wünschte uns alles Gute für diese "heisse" Line und war schon gespannt, was wir am nächsten Tag zu erzählen hatten.

Eisige Spielwiese: Albert Leichtfried in seinem Element.
Eisige Spielwiese: Albert Leichtfried in seinem Element.

Mitten in der Crux der 2. Länge fragte ich mich, was ich hier eigentlich verloren hatte. Die 1-3cm dicke Eisglasur im senkrechten Gelände wollte nicht mehr und ich auch nicht. Aber zurück ging jetzt nicht mehr. In diesem Moment dachte ich an einen Artikel über meine Erstbegehung von 'Illuminati' - "Von der Herausforderung Grenzen zu verschieben".

Um die Grenzen zu verschieben, muss man vor allem seine eigenen Grenzen kennen. Oft sollte man so etwas nicht machen, aber manchmal muss es sein. Vor allem wenn dabei eine Erstbegehung einer 300 Meter langen, reinen Eisspur im oberen siebten Eisgrad rausschaut, noch dazu an einem der spektakulärsten Plätze zum Eisklettern die ich kenne.

Die Glasur hat gehalten, und auch meine Eisgeräte an den oft nur 1cm grossen Hooks. Ein Sturz in diesem schlecht absicherbaren Gelände hätte schlimme Folgen und ist auf jeden Fall zu vermeiden. Ende gut - alles gut, der 'Centercourt' (300m, WI7+) wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Text: Albert Leichtfried