Eine der schwierigsten alpinen Touren in den Alpen wiederholt

Spektakuläre Videos: Gebrüder Pou klettern "Pan Aroma"

Eneko und Iker Pou sind zwei fantastische Felskletterer aus dem Baskenland. Iker gelang 2000 die dritte Begehung der legendären Güllich-Route "Action Directe" (XI). Nun meisterten die Pou Brothers "Pan Aroma" an der westlichen Zinne, eine brutal schwere Route (8c) durch das größte überhängende Dach der Welt, die Alex Huber erstmals 2007 kletterte. Hier erzählen die beiden von ihrem dreitägigen Abenteuer...

Spektakuläre Videos: Gebrüder Pou klettern "Pan Aroma"

Bericht der Pou-Brothers über ihren Erfolg:

München, 1. September 2010: Nur wenige Wochen lagen zwischen unserer Begehung von "Solo per vecchi guerrieri" (8c/150) und der nächsten Route: "Pan Aroma" (8c/500) an der Westlichen Zinne. Nach ein paar Tagen Ruhe Zuhause waren unsere Batterien wieder aufgeladen und wir konnten starten.

Wir brauchten drei Tage, um die Route zu klettern, die wegen ihres abenteuerlichen Charakters als eine der schwierigsten der Alpen gilt. "Pan Aroma" trägt die unverkennbare Handschrift von Alex Huber – eine schwierige Route über brüchiges Gestein mit zweifelhaften Sicherungen und einem äußerst futuristischer Verlauf, der durch das größte überhängende Dach der Welt führt.

Schon seit einiger Zeit wollten wir die Drei Zinnen in Angriff nehmen. Dort ist große Flexibilität gefordert, denn die Wände der Drei Zinnen bröckeln stückweise weg, sodass man sich als Kletterer immer neuen Bedingungen anpassen muss.

Für eine Fotogalerie der Pou-Brothers in "Pan Aroma" klicken Sie auf diesen Link. Trotzdem legten wir nach unserer Ankunft ohne weitere Erkundungen mit dieser anspruchsvollen Route los. Es war schon Angst einflößend, aber nach drei Tagen hatten wir es geschafft! Wir waren eine der spektakulärsten Routen der Welt geklettert. Der Anblick des massiven Dachs lässt einem immer wieder einen Schauer den Rücken herunter laufen. Wir haben jetzt bereits den halben Sommer in den Alpen verbracht und sind dabei mit "Pan Aroma" und "Solo per vecchi guerrieri" erfolgreich zwei der schwierigsten und symbolträchtigsten Routen hier geklettert.

Für „Pan Aroma“ haben wir drei Tage gebraucht, die wie folgt verliefen:

Donnerstag, 08. Juli 2010

Wir kamen um 11:30 Uhr am Parkplatz unterhalb der Drei Zinnen an und begannen um 13:00 Uhr mit dem Aufstieg. Die ersten fünf Seillängen stiegen wir nur langsam auf, weil wir wenig Erfahrung mit dem Gestein hatten – "Pan Aroma" war unsere erste Route in den Dolomiten. Unsere Schlussfolgerung nach dem ersten Teil: lieber nicht abstürzen!

Als wir das Dach erreichten, bot sich uns ein beeindruckender Anblick: ein futuristisch anmutender Überhang über mehrere Seillängen. Wir hatten keine Steigklemmen dabei, die wir für die Manöver gebraucht hätten. Daher mussten wir uns mit einem Versuch von Iker am ersten Abschnitt des Überhangs zufrieden geben. Danach mussten wir wieder zurück nach unten.

Foto: Damiano Levati.
Foto: Damiano Levati.

Samstag, 10. Juli 2010

Um 8:45 Uhr kamen wir am Fuß der Wand an, wo wir Kurt Astner und Massimo Da Pozzo trafen. Die beiden wollten die Route "Bellavista" ausprobieren und stiegen zuerst ein. Als wir das große Dach erreichten, machten sie sich auf den Weg zu "Bellavista", und wir wandten uns "Pan Aroma" zu. Da wir die 8b+-Stelle nicht klettern konnten, während sie im selben Abschnitt waren, nutzten wir die von Hansjörg Auer befestigten Seile und kletterten so zur zweiten Seillänge. Eine Woche vor unserer Ankunft hatte Auer als Erster die Route wiederholt.

Über den riesigen Abgrund an Auers altem Seil entlang zu jümarn, 200 m über der Erde, stellte sich als sehr schwierig, sehr kompliziert und sehr beängstigend heraus. Das war eins der haarsträubendsten Manöver, die wir jemals an einer Wand gemacht haben!

Iker versuchte es zuerst und schaffte es, mit den Füßen Halt zu bekommen. Beim zweiten Versuch, als er den Abschnitt beinahe abgeschlossen hatte, rutschte er auf zwei nassen Felsstücken aus. Wir waren am Ende unserer Kräfte. Wir gingen am befestigten Seil entlang zurück und schließlich herunter zum Fuß der Wand. Für diesen Tag hatten wir genug.

Dienstag bis Donnerstag, 13. bis 15. Juli 2010

Wir begannen um 7 Uhr zu klettern. Für den Nachmittag waren Gewitter angekündigt. In knapp unter drei Stunden bewältigten wir die ersten fünf Seillängen bis zum großen Dach, dann waren wir bereit für das erste große Hindernis des Tages, den 60 Meter langen 8b+-Abschnitt.

Keine perfekte Seillänge für Iker, der es lieber kurz und intensiv mag, aber wir waren sicher, dass wir es schaffen würden. Eine Dreiviertelstunde später erwies sich, dass wir damit recht hatten. Er schaffte die Stelle beim ersten Versuch an diesem Tag, obwohl alle Felsen dieser langen Traverse sehr nass waren.

Zeit für den 8c-Abschnitt, der theoretisch der schwierigste ist. Wir waren jedoch unbesorgt, denn dieser Abschnitt war ganz nach Ikers Geschmack: kurz und explosiv, überhängend und luftig. Der erste Versuch zeigte uns, dass uns am Tag zuvor nicht alles so klar geworden war. Auch die nächsten drei Versuche schlugen fehl, einer nach dem anderen, bis Iker schließlich beim fünften Versuch auf eine einfachere Methode kam, mit der er die Seillänge erfolgreich kletterte.

Über uns braute sich ein Gewitter zusammen. Theoretisch endet die Route hier nach dem Überhang. Aber wir wollten diesen Aufstieg mit Bestnoten abschließen und gingen noch weiter.

Für eine Fotogalerie der Pou-Brothers in "Pan Aroma" klicken Sie auf diesen Link. Nach zwei weiteren 6c+-Stellen hatten wir die Cassin/Ratti-Route erreicht, die erste Kletterei durch die Nordwand der Westlichen Zinne. Es war 18:15 Uhr. Was tun? Am Himmel drohte das Unwetter und vor uns lagen weitere 12 Seillängen und 300 m. Uns blieben noch etwa drei Stunden Licht, wir wussten nicht, wie lange wir bis oben brauchen würden und erst recht nicht, wie lange der Abstieg dauern würde.

Foto: Damiano Levati.
Foto: Damiano Levati.

Also beschlossen wir, dort die Nacht zu verbringen. Wir hatten nichts zum Biwakieren dabei und kaum noch etwas zu essen: zwei Powergels, etwa 115 g Schokolade und eine Dose Red Bull. Das Ergebnis unserer Entscheidung war, dass wir die ganze Nacht kein Auge zutaten, obwohl wir uns die gesamte Zeit aneinander klammerten – es war eisigkalt dort oben! Um uns herum regnete es an mehreren Stellen, aber wir bekamen nicht einen Tropfen ab.

Um 4:30 Uhr ging endlich die Sonne auf, und eine Stunde später begannen wir zu klettern. Um 9 Uhr hatten wir die Cassin/Ratti hinter uns und fielen uns am Gipfel in die Arme. Obwohl der Abstieg nicht einfach war – wir krochen fast auf allen Vieren durch den Schnee, beide total erschöpft – kamen wir bereits um 11 Uhr am Parkplatz an. Am Abend feierten wir unseren Erfolg gebührend in der Auronzo-Hütte.

Quellen: Eneko Pou (Text), Damiano Levati / The North Face (Bilder)