Stimmen zum Tibet-Konflikt - Neu: Kari Kobler

Kari Kobler: "Wir sehen uns als ein kleines Hilfswerk"

Die gegen die Unterdrückung durch China gerichteten Proteste in Tibet stehen durch die bevorstehenden Olympischen Spiele in Peking besonders im Fokus. ALPIN hat prominente Bergsteiger und Experten der Trekkingszene zur Situation auf dem Dach der Welt befragt. Lesen Sie, was Ralf Dujmovits, Michael Schott, Christoph Thoma, Walter Zörer und Hans Kammerlander in diesen Tagen bewegt.

Kari Kobler: "Wir sehen uns als ein kleines Hilfswerk"

Kari Kobler, Kobler & Partner:

Die jüngsten Ereignisse im Tibet treffen uns an einer empfindlichen Stelle. Vor uns sehen wir viele bekannte Gesichter, treue, freiheitsliebende Kameraden, die uns auf zahlreichen Expeditionen begleiteten, mit denen wir auch in Zukunft unterwegs sein möchten. Gutmütige, selbstlose und zähe Gesellen, gewohnt, ein entbehrungsreiches Leben zu meistern. Ohne ihren unermüdlichen Einsatz wären viele schwierige Besteigungen undenkbar gewesen.

Wir maßen uns nicht an, die äußerst bedauernswerten, gewaltsamen, plötzlich aufbrechenden Auseinandersetzungen zu beurteilen, dazu kennen wir die Umstände und komplexen Hintergründe zu wenig. Dafür gibt es ungleich berufenere und gewichtigere Institutionen. Wir üben vielmehr Zurückhaltung und sehen uns als ein kleines Hilfswerk, das unseren Freunden mit ihren Angehörigen möglichst bald wieder begegnen möchte, um ihnen tatkräftig helfen zu können. Wir sind es ihnen schuldig. In diesem Sinn hoffen wir, in naher Zukunft wieder Gastrecht genießen zu dürfen.

Hans Kammerlander:

Die Situation in Tibet ist nicht neu, bereits seit 50 Jahren unterdrückt China die Tibeter. Und die ganze Welt schaut zu. Im Hinblick auf die Olympiade ist dieses Thema mehr ins Rampenlicht gerückt.

Meiner Meinung nach ist Peking der falscheste Ort für eine Olympiade, den man sich vorstellen kann. So ein großes und wichtiges Ereignis an ein Land zu vergeben, das für seine Menschenrechtsverletzungen bekannt ist.

Ein Akt der Solidarität wäre es, wenn die Sportler die Olympiade boykottieren würden.

Sollten die Olympischen Spiele wegen des Tibet-Konfliktes boykottiert werden?

Ralf Dujmovits, Amical Alpin:

Die gesamte westliche Welt "kuscht" vor der heftig umworbenen Wirtschaftsmacht China. Was in Tibet seit Jahren abläuft ist aus meiner Sicht Völkermord auf Raten. Das aktuell massive Vorgehen der Chinesen gegen die Tibeter tut mir unendlich leid. Ich für meine Person - und ich denke dass ich damit für viele Freunde Tibets spreche - werde mir keine Minute der Olympischen Spiele anschauen.

Unsere persönlichen, bergsteigerischen Pläne im kommenden Frühjahr werden durch die Sperrungen an den tibetischen Bergen nicht betroffen, die meiner Expeditionsfirma AMICAL alpin sehr stark. Am 10. März hatten die Chinesen für das kommende Frühjahr wegen des Olympischen Fackellaufs am Mt. Everest neben dem Everest auch den Cho Oyu kurzfristig gesperrt, jetzt in Folge der Ereignisse in Lhasa wurde auch der einzige, gänzlich auf tibetischem Boden gelegene 8000er Shisha Pangma gesperrt. Sowohl Cho Oyu als auch Shisha Pangma haben wir in unserem Expeditions-Angebot und mussten beide Berge absagen.

Sollten die Chinesen mich und meine Firma auf Grund meiner Aussage nicht mehr nach Tibet lassen haben wir Pech gehabt und es brechen uns zwei wichtige Berge weg. Verstecken werde ich mich deshalb mit meiner Überzeugung aber nicht!

Michael Schott, Geschäftsführer Hauser exkursionen:

Meiner Meinung nach sollten sich unsere Politiker Gedanken darüber machen, welchen Preis wir bereit sind, für Wirtschaftsbeziehungen zu China zu zahlen. Warum schreiten wir in manchen Ländern sofort ein, wenn es darum geht, die Menschenrechte zu wahren und in China nicht? Betroffen sind jetzt auch unsere lokalen Partner, sie müssen mit enormen wirtschaftliche Einbußen rechnen. Denn die Tibet-Saison beginnt im April.

Für mich als Trekking-Reiseveranstalter ist es unverständlich, dass die Regierungsvertreter eines Landes, das in diesem Jahr das größte sportliche Ereignis - die Olympischen Spiele - veranstaltet, in Bezug auf Trekkingtouristen und Expeditionsteilnehmer keinerlei Sportsgeist zeigt. Unsere Tibet-Reisegäste planen Ihren Urlaub langfristig, es ist für viele eine große Enttäuschung nicht reisen zu können.

Sollten die Olympischen Spiele wegen des Tibet-Konfliktes boykottiert werden?

Walter Zörer, mc2alpin:

Der Versuch der Tibeter, im Jahr 2008 auf sich und ihre Situation aufmerksam zu machen, war eigentlich zu erwarten. dass aber von chinesischer Seite so reagiert und auch versucht wird, sogar Nepal zu Gebietssperrungen zu bringen, ist einfach unglaublich. Es zeigt wiederum von der rücksichtslosen Willkür, mit der dort regiert wird, und die Welt sieht zu und lässt olympische Spiele stattfinden. So viel zum Thema "olympischer Gedanke"!

Wir werden unsere geplante Shisha Pangma Expedition wohl nicht machen können und weichen daher auf ein schönes 7000-er Ziel in Nepal aus, wo wir mit unseren Kunden einfach in Ruhe Bergsteigen gehen wollen.

Christoph Thoma, Pressesprecher DAV Summit Club:

Was sich im Schatten der "Olympischen Spiele" in Tibet abspielt, müsste die Weltöffentlichkeit (endlich) aufrütteln. Der Leidensweg des tibetischen Volkes geht weiter. Was sich hinter der "Sperrung des Mt. Everests" aus Umweltschutzgründen verbirgt, ist mit Händen zu greifen....

Wer aus Tibet zurückkommt, ist ein anderer Mensch. Ich durfte den Kailash im Wasser-Pferd-Jahr umrunden, ich konnte eine Gruppe durch Lhasa führen. Ich erlebte aber auch schon den Straßenausbau in Richtung Everest-Basecamp.

Die Friedfertigkeit, Duldsamkeit und herzliche Gastlichkeit der Tibeter, vor allem aber die tiefe, ungebrochene Frömmigkeit, diese ernsthafte Gläubigkeit, das macht den Besetzern Angst und hinterlässt in der Seele deutscher Trekker Spuren. Ich bin einfach dankbar dafür, dass ich noch ein wenig "altes Tibet" erleben durfte.

Sollten die Olympischen Spiele wegen des Tibet-Konfliktes boykottiert werden?

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