Interview mit Michael Meisl

"Neue Wege gehen"

Michael Meisl ist Kletterer, Geschäftsführer des Klettermode-Labels Lost Arrow und freiberuflicher Fotograf. Im Gespräch mit alpin.de erzählt er von seinem beruflichen Schaffen, seiner Philosophie des Fotografierens und beschäftigt sich mit der Frage, wohin der Weg der Bergfotografie in Zukunft gehen könnte.

"Neue Wege gehen"
Meisl-Aufnahme: Alexander Huber, Highline, Wilder Kaiser.
Meisl-Aufnahme: Alexander Huber, Highline, Wilder Kaiser.

alpin.de: Sie sind als freiberuflicher Fotograf, Autor von Kletterführern, sowie als Geschäftsführer beim Kletter-Mode-Label Lost Arrow tätig. Wo liegt eigentlich Ihre Hauptaufgabe?

Michael Meisl: Wenn Sie danach fragen für welche dieser Tätigkeiten ich am meisten Zeit aufbringe, dann ist das klar meine Geschäftsführertätigkeit bei Lost Arrow. Wenn die Frage aber darauf zielt, mit welcher Tätigkeit ich mehr identifiziere, dann ist dies sicherlich das Fotografieren. Zur Bildergalerie von Michael Meisl Es sind zwei Tätigkeiten die schwierig miteinander zu vergleichen sind. Die Geschäftsführer-Tätigkeit bei Lost Arrow beinhaltet hauptsächlich Büroarbeit, nur im Rahmen der Kollektion ist Kreativität gefragt, die aber im Team entsteht. Ich arbeite bei Lost-Arrow in einem sehr gut funktionierenden und motivierten Team, so dass ich beispielsweise auch mal unter der Woche ein paar Tage weg kann. Beim Fotografieren bin ich dagegen vollkommen auf mich alleine gestellt und kann meine kreative Ader voll entfalten.

alpin.de: Sie sind viel mit Größen der Kletter-Szene unterwegs und fotografieren diese bei ihren Unternehmungen. Wie kam es dazu?

Michael Meisl: Ich bin ja selbst ambitionierter Kletterer und fühle mich als Teil der internationalen Kletter-Familie und war beispielsweise mit Wolfgang Güllich im Frankenjura, Stefan Glowacz in Arco oder Alexander Huber am Schleier Wasserfall unterwegs. Ohne diese persönlichen Kontakte wäre es sehr schwierig, die Top-Star der Szene vor die Linse zu bekommen. Und natürlich ist es wesentlich leichter, ein Foto von Lynn Hill zu verkaufen, als von einem unbekannten Kletterer.

Stefan Glowacz in Arco.
Stefan Glowacz in Arco.

alpin.de: Wie kann man sich das vorstellen, wenn Sie mit Spitzenkletterern gemeinsam auf Tour gehen?

Michael Meisl: Bei den ersten Shootings mit Stefan oder Alex war ich sehr nervös und habe mich wahnsinnig gefreut, dass ich die Jungs beim klettern fotografieren darf. Die Ehrfurcht war ein wenig zu groß. Daher habe ich mich eher als Chronist gesehen, der eine Klettertour lediglich fotodokumentarisch begleitet. Heute ist es so, dass ich viel mehr versuche, meine Sicht der Dinge mit einzubringen und ein wenig Regie zu führen.

alpin.de: Ist das Fotografieren für Sie inzwischen auch Beruf?

Michael Meisl: Ich muss nicht fotografieren, um Geld zu verdienen. Das bietet mir die Gelegenheit, weiter nur das zu machen, was ich wirklich machen will und auch weiterhin nach meinem eigenen Stil fotografieren zu können. Ich muss nicht jeden Auftrag annehmen, wenn mir Vorgaben, die ich zu erfüllen hätte, nicht zusagen. Allerdings hat sich das Fotografieren in den vergangenen Jahren so entwickelt, dass das Ganze auch wirtschaftlich lukrativ ist.

Markus Schwaiger, Incubator Fb 8b, Zillertal
Markus Schwaiger, Incubator Fb 8b, Zillertal

alpin.de: Was heißt das für Sie nach ihrem eigenen Stil fotografieren?

Michael Meisl: Ich will etwas zustande bringen, was irgendwie anders ist, als das, was man gewohnt ist. In der Kletter- und Bergsportfotografie wird meiner Ansicht nach im Allgemeinen zu wenig experimentiert. Zumindest bei denjenigen Aufnahmen, die in den einschlägigen Magazinen veröffentlicht werden. Ausnahme ist PEAK, das sich traut von der Bildsprache her neue Wege zu gehen. Zur Bildergalerie von Michael Meisl Insgesamt hat das, was der Öffentlichkeit in Sachen Bergfotografie präsentiert wird schon oft einen sehr angestaubten Charakter. Da hat sich seit 20 Jahren von der Bildsprache her kaum etwas getan. Muss denn immer alles gestochen scharf sein, muss der Himmel immer strahlend blau und die Almwiese immer saftig grün sein? Warum nicht mal gecrosste Sachen bringen oder schräge grobkörnige Schwarz-Weiß-Aufnahmen?

alpin.de: Ist das als Kritik an den etablierten Bergfotografen zu verstehen?

Michael Meisl: Verstehen Sie mich nicht falsch: die "Großen" der Szene produzieren Fotos in einer hervorragende Qualität die handwerklich in nichts zu beanstanden sind. Aber müssen alle, die nachkommen, im selben Stil fotografieren? Sollte sich nicht jede Generation um eine eigene Bildsprache bemühen? Ich möchte alle jungen Bergfotografen ermutigen, ihren eigenen Weg, ihren eigenen Blick zu finden, und die ausgetretenen Pfade der Berg- und Kletterfotografie zu verlassen. Das wünsche und erhoffe ich mir.

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