Winddicht und leicht

Marktüberblick Windbreaker

Der Trend zu extrem leichten Funktionsteilen ist ungebrochen. Vor allem im Jackenbereich kämpfen die Hersteller um jedes Gramm. Was können Modelle mit einem Gewicht unter 150 Gramm?

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© Salomon

Würde man einen Tages-Wanderer von 1960 einem heutigen Outdoor-Fan gegenüberstellen, so hätte der eine einen Rucksack mit einem Gewicht von sieben Kilo auf dem Rücken und der moderne Vertreter einen mit zwei.

Während Ersterer eine großvolumige Jacke auspacken würde, um sich vor Wind und Feuchtigkeit zu schützen, zaubert der andere ein reispapierähnliches Etwas aus der Deckeltasche seines kleinen Daypacks.

1500 Gramm gegen 150 Gramm. Möglich gemacht hat diesen "Hauch von Nichts" die stetige Entwicklung im Materialbereich. Moderne superleichte Windjacken wiegen deutlich weniger als 200 Gramm, manche bleiben sogar nur knapp über 100 Gramm.

Kann Oberbekleidung mit einem derartig niedrigen Gewicht mehr als einen Sichtschutz erfüllen? Sie kann.

Hochwertige Jacken gängiger Outdoor-Hersteller sind nicht nur robust, sie schützen tatsächlich zuverlässig gegen Wind, Kühle und Feuchtigkeit und sind sogar wasserdampfdurchlässig.

Gefertigt sind sie aus Polyester oder Polyamid, also aus synthetischen Fasern, die enorm reißfest und widerstandsfähig gegen Abrieb sind. Während Polyamid stabiler und elastisch ist, nimmt Polyester so gut wie kein Wasser auf und dehnt sich bei Nässe nicht.

Besonders reißfest ist das Material, wenn es nach dem Ripstop-Prinzip gewebt ist. Hier wird wie bei einem Gitter in gewissen Abständen ein besonders starker Faden eingewoben, der verhindert, dass ein kleiner Riss zu einem großen wird.

Sowohl Polyester als auch Polyamid lassen Wasserdampf nach außen durch. Die Atmungsaktivität der Jacken sollte man allerdings nicht überschätzen. Mancher Hersteller versieht seine Modelle daher zusätzlich mit Mesh-Einsätzen, die beispielsweise unter den Armen oder am Rücken für bessere Belüftung sorgen.

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Trotz allem darf man sich davon keine Wunderdinge erwarten. Wer sich intensiv bergauf bewegt, wird um Wechselwäsche am Gipfel nicht herumkommen.

Die meisten Leichtjacken in diesem Gewichtsbereich werden vom Hersteller als "wasserabweisend" gekennzeichnet. Die Grenzen zwischen "wasserabweisend" und "wasserdicht" sind fließend.

Nähte sind Schwachpunkte

In der Praxis spielt vor allem eine Rolle, wie stark das jeweilige Material belastet wird. Der Träger eines zehn Kilogramm schweren Rucksacks setzt das Material einem gehörigen Druck aus. Entscheidend sind aber auch die Nähte.

Nach dem Motto "Wasser hat einen kleinen Kopf" dringt Nässe hier besonders leicht ein. Da superleichte Jacken selten getapte Nähte besitzen, kann sie der Hersteller nicht als "wasserdicht" verkaufen, auch wenn das Material es möglicherweise ist.

Einem leichten Sprühregen oder kurzen Schauer sind sie allerdings gewachsen. Oft sind die Modelle zusätzlich mit einer sogenannten DWR-Behandlung (englisch für Durable Water Repellency) versehen, die Wasser abperlen lässt und verhindert, dass sich der Stoff mit Wasser vollsaugt.

Diese Beschichtung ist nicht abriebfest und verliert mit der Zeit an Wirkung. Wie gut das "Coating" ist und wie lange es hält, ist im Geschäft nicht feststellbar.

Viele Modelle lassen sich in ihrer eigenen Brust- oder Rückentasche verpacken und brauchen dann nicht mehr Platz als ein Apfel und passen so in die Hüft- oder die Rückentasche des Fahrrad-Trikots.

Wann macht ihr Einsatz Sinn? Ganz klar: Jacken dieser Bauweise haben bei mehrtägigen Hochtouren wenig zu suchen und auch für Dauerregen sind sie nicht gemacht.

Wer aber wandernd oder laufend einen voralpinen Gipfel besteigen will, eine Bike- und Hike-Tour unternimmt oder sich eine Jacke als "Back-up" für die Mehrseillängen- Kletterei an den Gurt hängen möchte, ist mit einem dieser "Fliegengewichte" sehr gut beraten.

Text von Johannes Wessel

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