Klassiker mit Geschichte

Die Felsenburg: Klettertour auf den Mont Aiguille

Der Mont Aiguille über dem Vercors ist das Geburtshaus des ernsthaften Alpinismus. Vor über 500 Jahren wurde sein Gipfel erstmals erklettert. Bis heute hat sich an der Faszination dieser Felsenburg nichts geändert.

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© Benni Sauer

Erstbestiegen vor mehr als 500 Jahren, so steht er in Frankreichs Süden: der Mont Aiguille. Weniger ein Berg, vielmehr eine gigantische Mauer, mit scheinbar spiegelglatten Wänden. Der Ort, an dem die alpine Klettergeschichte anfing ihren Lauf zu nehmen, ist bis heute eine ruhige und wilde Bergwelt.

Es gibt keine Hütte, keine Lifte. Nicht einmal mehr ein Kreuz steht am Gipfel. Und das, obwohl im Jahr 1492 Antoine de Ville gleich drei riesige Holzkreuze auf dem Gipfelplateu aufstellte. Er war es, der im Auftrag König Karl des VIII. als erster Mensch seinen Fuß auf den Gipfel setzte.

© Benni Sauer

Dass er dabei nicht nur die heute üblichen Gipfelkreuze einführte, sondern gleich auch noch zum Urvater eines heutigen Breitensports wurde, hatte er sicher nicht geahnt.

Ein halbes Jahrtausend später ist der Normalweg mit Bohrhaken und Stahlseilen entschärft. Trotzdem bleibt die Besteigung ein spannendes Unternehmen. Mit Wegmarkierungen darf hier nicht gerechnet werden und die Schuttbänder in der Westwand schicken oft Steinsalven in die Tiefe.

Auch wenn die Schwierigkeiten nie den III. Grad übersteigen, fordert die Tour den routinierten Alpinisten. Die Wegfindung ist teilweise sehr schwierig und an vielen Stellen ist es sinnvoll, parallel am laufenden Seil zu steigen.

Aufgrund der Steinschlaggefahr verlaufen Auf- und Abstieg getrennt voneinander. Wer bei sicherem Wetter unterwegs ist, sollte einen Schlafsack einpacken: Die grüne Blumenwiese am Gipfel des Tafelbergs lädt geradezu zu einer Biwaknacht ein.

Die Tour - Mont Aiguille, 2087m, Vercors

Schwierigkeit: Klettertour, leicht, III

Dauer: 7 Stunden

Höhenmeter: 1000 Hm

Der Normalweg Voie de Tubulaires erfordert gutes Routengespür. Im Sommer schöner, schattiger Aufstieg. Spannende Abseiler im Abstieg.

Talort: F-38930 Chichilianne

Ausgangspunkt: Parkplatz hinter Richardière, 1057 m

Beste Zeit: Mai – Oktober

<p>Übersichtskarte Mont Aiguille</p>

Übersichtskarte Mont Aiguille

© alpin.de

Route: Von Richardière gleich hinter dem Schotterparkplatz rechts in den Wald. Über zwei große Schuttfelder in ein kleines Tal und hinauf auf den Col de l’Aupet (1627 m). Von dort direkt auf die Westwand zu, zu einer großen Metalltafel, die an die Erstbegeher erinnert. Über steile Schrofen 100 m links an der Tafel vorbei bis zu einem großen Metallanker. Von hier in festem IIIer-Gelände senkrecht hinauf.

Kurz darauf quert man nach rechts. Man muss sogar etwas absteigen und erreicht so das erste Stahlseil. Das Seil endet nach einer weiteren ausgesetzten Querung in einer tiefen Schlucht. Hier immer steil bergauf, bis die Schlucht in einem Kamin endet (wieder Stahlseil). Von hier in zehn Minuten auf den Gipfel (2087 m).

Abstieg: Abstieg: Ca. 100 m rechts des Ausstieges, an einer runden Metallplatte, immer steil bergab. Viele Bänder verleiten dazu, die Route links oder rechts zu verlassen. Zwei Abseilstellen folgen, an deren Ende man sich in einem tiefen Canyon findet. Von hier in 10 Minuten zum Ausstieg (Metalltafel).

ALPIN-Info

Info: L’office du tourisme du Trièves, gresse-en-vercors.com, Tel. +33 476 343340.

Anreise: Von Grenoble 50 km südlich auf der A 51 bis nach Clelles.

Übernachtung: In Gresse en Vercors, 20 km von Clelles.

Gehzeiten: Richardière – Col de l’Aupet 1 ½ Std., Col de l’Aupet – Einstieg ½ Std., Einstieg – Gipfel 2 Std., Gipfel – Col de l’Aupet 2 Std., Col de l’Aupet – Richardière 1 Std.

Absicherung: Kurze Stahlseile. Viele, teils versteckte Haken. Häufiges Gehen am laufenden Seil. Abseilmöglichkeiten neu eingerichtet.

Ausrüstung: Kletterausrüstung, Helm. 60-Meter-Doppelseil für den Abstieg zwingend notwendig. Fünf Expressschlingen, Abseilgerät und genügend Wasser (letzte Möglichkeit in Richardière).

Bergführer: Tel. +33 622 443062, guidesmontaiguille.com

Karte: IGN, 1: 25 000, Blatt 3236O TR, Villard-De-Lans – Mont Aiguille.

Literatur: D. Duhaut, P. Peyre: Escalade en Vercors Chartreuse et Dévoluy, Promo grimpe, 2005.

Text von Benni Sauer

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