Der Grünten, der mit seinen 1738 Metern Höhe vor den Allgäuer Alpen aufragt, gilt seit jeher als beliebtes Ziel für Sommer- und Wintersportler. Der Skibetrieb war wegen Schneemangels und geringer Nachfrage zuletzt aber nicht mehr rentabel, weshalb die Anlagen vor mittlerweile zwei Jahren stillgelegt wurden.
Seitdem hat sich der "Wächter des Allgäus" mehr und mehr zu einem Paradies für Bergsportler entwickelt, die den Aufstieg mit Muskelkraft bewältigen. Vor allem im Winter freuen sich Tourengeher und Schneeschuhgeher über entspannte Touren an den relativ sanften Hängen des Berges. Willkommene Einkehrmöglichkeit ist dabei die urige Grüntenhütte.
Doch dieses Paradies ist in Gefahr. Denn eine Unternehmerfamilie plant eine umfassende Modernisierung. Für die "Grünten BergWelt" sollen sieben alte Lifte durch drei neue, elektrisch betriebene ersetzt und die Beschneiungsanlagen ausgebaut werden.
Außerdem ist eine Winterrodelbahn geplant und im Sommer sollen Besucher der "Walderlebnisbahn" an einer drei Kilometer langen Stahlkonstruktion an Gurten hängend talwärts rauschen können. Eine neue Zehner-Gondelbahn soll die Besucher ganzjährig auf den Berg befördern und die alte Grüntenhütte einem Neubau mit hunderten Sitzplätzen und 50 Übernachtungsmöglichkeiten weichen. Der Parkplatz soll künftig etwa doppelt so viele Autos fassen.
Die Planungen gehen nicht über das bereits erschlossene Areal hinaus, trotzdem regt sich Protest gegen die Pläne.
Der DAV hält nicht viel von dem Vorhaben – vor allem vom Bau der Walderlebnisbahn. Der Alpenverein teilt mit, dass er "Erlebnisinstallationen dieser Art in den Bergen, bei denen die Landschaft zur Kulisse wird" ablehnt. Auch vom Ausbau der Beschneiung hält der DAV nichts. Diese sehe man wegen der zu erwartenden weiteren Klimaerwärmung kritisch, noch dazu an einem Berg, der den milden Westwinden besonders ausgesetzt sei.
Im Oktober rief die Bürgerinitiative "Rettet den Grünten!" zu einer Protestaktion gegen die Modernisierungs- und Ausbaupläne auf. Nach Angaben der Veranstalter kamen mehr als 1.100 Menschen zusammen. Rot gekleidet formierten sie sich am alten Grüntenlift zu einer Menschenkette, um symbolisch eine rote Linie gegen das Großbauprojekt zu ziehen.
Auch der Umweltschutzorganisation Mountain Wilderness sind die Ausbaupläne ein Dorn im Auge. Befürchtet wird eine "Disneylandisierung des Grünten". Neben den ökologischen Auswirkungen der Beschneiung inklusive Schneischächten und Speicherbecken stören sich die Umweltschützer einer Pressemitteilung zu Folge daran, dass der Walderlebnisbahn voraussichtlich über 400 Bäume zum Opfer fallen. Auch werden eine deutliche Zunahme von Verkehrslärm und Feinstaubbelastung in den Orten befürchtet, die auf der Anreise-Route liegen.
Ihrem Protest verlieh Mountain Wilderness durch eine Kundgebung am 30. November in Rettenberg Ausdruck, in deren Verlauf es zu hitzigen Auseinandersetzungen mit lokalen Befürwortern des Ausbaus kam, die sich von dem Projekt positive Auswirkungen für den Tourismus versprechen und sich gegen die "auswärtigen Krachmacher und Aktionisten" stellten. Nach der intensiven Debatte wanderten die Aktivisten von Mountain Wilderness zum Grüntensattel und zeichneten mit ökologischer Pistenfarbe ein Peacezeichen in den Schnee.
Die Betreiber-Familie wehrt sich gegen die ihrer Ansicht nach unberechtigten Vorwürfe. Sie sieht den geplanten Ausbau als nachhaltig und umweltverträglich an, da den Menschen so eine attraktive Gelegenheit gegeben werde, Urlaub im eigenen Land zu machen und auf lange Anfahrten sowie Flugreisen oder Kreuzfahrten zu verzichten. Zudem sei es beispielsweise ein Gewinn für die Umwelt, wenn statt der bis vor zwei Jahren laufenden sieben alten Dieselaggregate künftig drei energieeffiziente neue Anlagen mit modernen Elektroantrieben Sommer- und Wintertouristen in die Höhe beförderten.
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25 Kommentare
Kommentar schreibenBitte keine Ausschlachtung wie sonst schon (fast) überall!!!
Warum muss man in jede Ecke der Alpen eine Bespaßungstempel hinbauen.
Man nimmt dem Wirt seine Existenz und dem Ort seinen Beschaulichkeit.
Absolut für den Ausbau.
"Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann."
Sanfter Tourismus anstatt Massenabfertigung. das Allgäu ist nicht Disneyland und so soll es auch bleiben.
Es braucht Konzepte die die Menschen in wirkliche Erholung bringen anstatt Pommes und Weissbier nach der anstrengenden Bergafhrt mit der Gondel.
Es geht doch nicht wirklich um die Gegenüberstellung von Diesel und Elektroantrieb! Es geht ums Geldschürfen mit Menschen, die die Berge als nette Kulisse für Ihre übertriebenen dekadenten Extratouren nutzen wollen, und die, die sich damit eine goldene Nase verdienen wollen. Wer sich wirklich Gedanken darüber machen will, dass die Deutschen im eigenen Land Urlaub machen, sollte dafür sorgen, dass das ohne zusätzliche Vergewaltigung der Naturräume möglich ist! Wenn dieses Projekt am Grünten umgesetzt werden sollte, erlischt meine Liebe zum Allgäu schlagartig. Wer die Berge wirklich liebt, liebt es, dort sein Menschsein zu spüren. Das bedeutet für mich, die Luft zu atmen, die eigenen Muskeln zu spüren und die Gemütlichkeit an der Hütte zu schätzen, wenn man endlich oben ist. Wer luxuriös in der geheizten Kabine elektrisch hoch gebeamt werden will, kann ja gleich in der Großstadt bleiben, und sich auf die Hochterrasse schubsen lassen um dort seinen Champagner zu schlürfen.
@Gerry: Rollglider? Neuer Schneiteich? Neue Beschneiungsanlagen inkl. Schneischächte? Größerer Parkplatz? Größere Berg-/Mittel-/Talstation? Bis zu 2000 Personen an Spitzentagen? Verdreifachung Gästezahl Grünten"hütte"? Aber hey klar, es werden Anlagen abgebaut, und die neuen werden mit Strom betrieben (wobei 60% aus fossilen Brennstoffen kommt). Da gewinnt nur die Natur, die Landschaft wird schöner. Wie lebt es sich eigentlich in so einer Blase?
Ich bin für den Ausbau! Auf dem Grünten passiert nichts anderes als die Modernisierung eines bestehenden Skigebietes. In der Summe gewinnt die Landschaft sogar da mehr Lifte abgerissen werden als neu hinzukommen!
Wie viele einigermaßen bezahlte Arbeitsplätze werden durch dieses Projekt entstehen? Wie viele Skitouristen werden woanders fernbleiben und dort den Umsatz schmälern? Wie viele Tagestouristen werden kommen und abends wieder heimfahren, ohne die örtlich Gastronomie oder Hotellerie zu beglücken? und wieso sollte überhaupt jemand dorthin fahren, wenn es in der Umgebung von anderen Skigebieten nur so wimmelt? Und wer schläft oben am Berg, wo er weder nach dem Skifahren flanieren kann und auf die Küche der Hütte angewiesen ist? Auf fast jedem Hügel der Voralpen findet man heute ein Gondel, es bedarf daher sehr ausgeprägtem Selbstbewußtseins, eine weitere dazu zustellen. Mir ist im Übrigen nicht bekannt, dass im Allgäu Hotels mangels Gästen schliessen müssen, höchstens aufgrund von schlechtem Service. Wenn die Standortgemeinde allein ais ihrem Haushalt ein derartiges Projekt unterstützen will, bitteschön, die Möglichkeiten des örtlichen Steueraufkommens sind begrenzt. Ich wohne zwar nicht dort, aber ich wehre mich dagegen, mit meiner Einkommenssteuern ein derartiges Ansinnen zu unterstützen.
Die "Greenwashing-Kampagne" zeigt Früchte, wenn Leute nur noch das Hagenauersche Mantra "Abbau auf 3 Anlagen, elektrifizierung der Anlagen, alles wunderbar für die Unwelt" gebetsmühlenartig wiederholen und dabei auf Kritik relativ wenig inhaltlich sinnvolles antworten können.
Als Einheimischer und Bergfreund finde ich diesen Eingriff mehr als fraglich. Der Grünten ist ein Wahrzeichen des Allgäus und bereits hoch frequentiert. Sommer wie Winter ist am Grünten etwas los. Egal ob jung oder alt, ob Einheimischer oder Urlauber. Für jeden ist was dabei.
Ist denn heutzutage das Erlebnis Natur und Berg nicht mehr Attraktion genug?
Erst wenn der letzte Berg zugebaut wurde, werden die Menschen vielleicht realisieren, wie wertvoll unsere Natur ist.
Bereits jetzt herrscht am Grünten an schönen Tagen schon enormer Andrang von Menschen, welche selbstständig auf den Berg gehen - so, dass das Jägerdenkmal teils komplett bevölkert ist. Wie soll das werden, wenn bis 100 Höhenmeter unter den Gipfel eine 10er Gondel führt? Auch weiterführende Wege, welche den Berg „entlasten“, wie am Fellhorn/Nebelhorn oder Walmendingerhorn sucht man hier vergebens.
Touristische Weiterentwicklungen sind auf jeden Fall wichtig und gut für unsere Region, jedoch nur dann, wenn sie sinnvoll und durchdacht sind.