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Skitouren im Frühling - Das gilt es zu beachten

Für viele Tourengeher sind Skitouren im Frühling das Nonplusultra. Doch Frühjahrstouren haben ihre Tücken. Wir verraten euch, worauf es bei der Planung und Durchführung ankommt.

Skitouren im Frühling - Das gilt es zu beachten
© IMAGO / imagebroker

Was sind die Besonderheiten von Skitouren im Frühling?

Frühjahrsskitouren sind auch Skitouren der Gegensätze. Hell/dunkel, warm/kalt, bockhart/butterweich. Das Frühjahr hat dem Tourenskifan viel zu bieten. Was aber auch heißt, dass man sich auf diese Gegensätze entsprechend einstellen muss.

Essenziell ist natürlich die Tourenplanung. Im März oder gar im April oder Mai hat die Sonne natürlich eine ganz andere "Kraft" als im Januar. Dementsprechend muss man diese Komponente in die Tourenplanung einbeziehen. Das heißt, ich muss vor allem schauen, welche Exposition die Hänge haben, auf denen ich unterwegs sein will. Ganz eng gekoppelt an die Exposition der Hänge ist die Tatsache, wann ich die Tour starte. 

<p>Im Tal ist es schon schön warm, am Berg liegt noch genügend Schnee. </p>

Im Tal ist es schon schön warm, am Berg liegt noch genügend Schnee.

© Birgit Gelder

Skitouren im Frühjahr: Worauf muss ich bei der Tourenplanung achten?

Eine erfolgreiche Strategie ist dabei, von hinten zu rechnen. Das heißt, ich lege fest, wann ich vom Berg unten sein sollte bzw. außerhalb irgendwelcher Gefahrenbereiche. Denn wenn ich beispielsweise mein Fahrrad im grünen, schneefreien Tal deponiert habe, droht bei der Rückfahrt keine (alpine) Gefahr mehr.

Folgende Aspekte sollte man berücksichtigen

  • Wetter (bewölkt oder klar, auch die Nacht vor der Tour)

  • Jahreszeit (März oder Mai)

  • Höhe (über dem Meer)

  • Temperatur (nachts und tagsüber)

  • Höhenmeter

  • Teilnehmer

  • Eventuelle zusätzliche Erschwernisse (Bike schieben, Ski tragen etc.)

  • Zeit-Puffer

Skitouren im Frühjahr: Auf welche Details muss ich achten?

Ein Beispiel: Wenn ich also aufgrund der Exposition der Tour (Südost) und der Jahreszeit (April) unter Einbeziehung der Tagestemperatur (tagsüber 17 Grad im Tal, nachts wolkenfrei) zu dem Ergebnis komme, dass ich um 11 Uhr vormittags die Schneebereiche hinter mir gelassen haben sollte, kann ich anfangen zu planen, wann ich losgehen muss. 

<p>Ende im Gelände: Manchmal kann (zumindest mit Ski) nicht der Gipfel das Ziel sein. </p>

Ende im Gelände: Manchmal kann (zumindest mit Ski) nicht der Gipfel das Ziel sein.

© Birgit Gelder

Die Gruppe besteht aus fünf Personen (alle erfahren), wir müssen ein Stück mit dem Bike fahren (ca. 1 Std.). Ob am Talende (nach der Radstrecke) noch Schnee liegt, wissen wir nicht, im flachen Tal tut uns eine aufgeweichte Schneedecke aber nicht weh, sie kann beschwerlich (aber nicht gefährlich) sein.

Für 1000 Hm Skitour (ohne der Zufahrt mit dem Bike) planen wir mal 3 Std. Da das Wetter gut werden soll (es wird schön warm), planen wir eine Stunde Gipfelrast ein. Da die Skihänge südostexponiert sind, bekommen sie früh Sonne, was zur Folge hat, lieber etwas früher zu starten. Das Kunststück ist es, den Zeitpunkt so zu erwischen, dass man für den Aufstieg einen Harschdeckel hat, der gerade etwas weicher wird, für die Abfahrt dann den perfekten Firn ohne durchzubrechen. Je nach Temperatur und Intensität der Sonne können wir im Aufstieg entscheiden, die Gipfelrast kürzer zu halten, um in der Abfahrt noch guten Schnee (Firn) zu haben und dann vielleicht weiter unten im Tal eine längere Pause einzulegen.

Das macht in der Summe:

  • Zufahrt Bike: 1 Std.

  • Aufstieg: 3 Std.

  • Rast (und Puffer): 1 Std.

  • Abfahrt: 0:30 Std. (plus evtl. Zeit aus Puffer)

Wir gehen also von fünfeinhalb Stunden für die Tour aus. Das heißt, wir sollten um ca. 5:30 Uhr starten, damit wir um elf Uhr wieder an den Bikes sind. In der Auffahrt wird es dann gerade hell (Sonnenaufgang ca. sechs Uhr), der untere (flache) Teil des Aufstiegs im Schnee wird hart gefroren sein, im oberen Teil, wo es teilweise ganz schön steil ist (40 Grad), ist dann schon Sonne und der Schnee sollte griffig sein. Man sieht immer wieder Tourengeher, die entweder viel zu früh (alles bockhart, selbst noch bei der Abfahrt) oder viel zu spät (weich, sumpfig, gefährlich) unterwegs sind.

Skitouren im Frühling: Welche Ausrüstung muss mit auf Tour?

Soweit zur Planung. Darüber hinaus brauchen wir für unsere Tour die richtige Ausrüstung. Zusätzlich zu der Standard-Skitourenausrüstung sollten in dem eben skizzierten Fall folgende Dinge dabei sein: Harscheisen und, da es oben recht steil wird, auch leichte Skitouren-Steig­eisen. Bei der Bekleidung wählen wir nicht zu warme Sachen, da wir uns meist in der Sonne bewegen werden.

Packliste für Frühjahrsskitouren:

  • Harscheisen

  • Steigeisen

  • Pickel

  • Wachsriegel

  • Klett-Riemen für die Ski

  • Helm

  • Sonnencreme

  • Sonnenschutz für den Kopf

  • genügend zu Trinken

  • ggf. Stirnlampe

Aber die beste Ausrüstung hilft nichts ohne die entsprechende Technik. Denn Gehen auf hartem Untergrund ist etwas anderes als Gehen in weichem Schnee. Besonders wenn es steil wird, sollte man wissen, was man tut. Dazu gehört, die Harscheisen rechtzeitig anzulegen und nicht erst dann, wenn man merkt, dass es ohne Harscheisen nicht mehr geht. Denn wenn es dumm läuft, ist der Untergrund so hart, dass man sich schwertut, einen soliden Stand im teilen Gelände zu erlangen. Lieber schon früher anlegen und sich diesen Eiertanz ersparen.

Wenn man Harscheisen an den Ski hat, kommt die Steighilfe raus. Denn die Harscheisen brauchen den Druck der Schuhsohle von oben, der aber bei der Verwendung der Steighilfe fehlt. Je nach Bindung kann man eventuell mit der Höhe der Steighilfe "spielen", um die Einsinktiefe der Harscheisen abzustimmen. Ganz ohne Steighilfe wirken die Harscheisen aber am besten.

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Skitouren im Frühling: Mit der richtigen Skitechnik ans Ziel

Solange man keine Harscheisen an den Ski hat, ist es immer besser, den Ski flach auf den Schnee zu legen, das heißt, möglichst viel Fell sollte im Schnee sein. Kantet man den Ski auf, rutscht man zurück, denn auf der Kante ist kein Fell. Um die Lauffläche des Ski in den Schnee zu bekommen, muss ich den Fuß im Fußgelenk abwinkeln und das geht nur, wenn ich die Skitourenschuhe nicht geschlossen habe, sondern oben offen (beweglich) habe.

Mit Harscheisen sieht es dann etwas anders aus. Je nach Steilheit des Geländes kann es sogar sinnvoll sein, ganz gezielt die Zacken des Harsch­eisens zu nutzen. Spätestens wenn es dann aber gilt, Spitzkehren zu machen, bei denen man quasi nur auf den Harscheisen steht, sollte man gut wissen, was man tut. Die Beschaffenheit des Geländes und das Beurteilen der Folgen eines Sturzes spielt dann eine wichtige Rolle. 

<p>Oft sicherer und auch schneller: Ski auf den Rucksack und mit Steigeisen aufsteigen.</p>

Oft sicherer und auch schneller: Ski auf den Rucksack und mit Steigeisen aufsteigen.

© Birgit Gelder

Fällt diese Gefahrenabwägung so aus, dass man zum Schluss kommt, dass ein Sturz hier ausgeschlossen ist, müssen die Ski auf den Rucksack und die Steigeisen an die Füße. Auch hier gilt: lieber etwas früher Steigeisen anlegen als in einem Gelände, in dem ich mir schwertue, die Steigeisen überhaupt anzulegen. Für die oben skizzierte Tour heißt das: Ich kann schon deutlich vor der Schlüsselstelle (40 Grad) antizipieren, ob ich mit Harscheisen gehen kann oder ob ich weiter unten schon auf Steigeisen wechseln sollte.

Eng mit dem Thema Steigeisen ist dann die Frage verbunden, ob ich einen (leichten) Skitourenpickel mitnehmen will. Für die skizzierte Tour ist das für versierte Geher sicherlich nicht notwendig, am Ende muss das aber jeder für sich entscheiden. Ein leichter Eispickel wiegt heute nicht mehr viel (zwischen 250 und 400 g).

Gefahren: Worauf muss ich bei Skitouren im Frühling besonders achten?

Die Gefahren auf Frühjahrsskitouren sind besser kalkulierbar als im Hochwinter. Nassschnee- und Gleitschneelawinen lassen sich gut beurteilen und werden im LLB explizit genannt. Oft ist die Gefahr, von einem kleinen Schneerutsch über eine Felskante gespült zu werden, größer als die Gefahr, verschüttet zu werden. Gleitschneelawinen kann man durch gutes Timing (früh dran sein) und die Wahl der Hänge (keine Fischmäuler) vermeiden. Bleibt die Gefahr des Abrutschen/Abstürzens. Die kann man aber in hohem Maße beeinflussen.

Diese Notfallausrüstung muss mit auf Skitour:

Text von Olaf Perwitzschky

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