Sicherheit auf Skihochtour

Skibergsteigen: Welche Ausrüstung benötigt eine Dreierseilschaft?

Reicht auf Skihochtour ein Seil für alle Teilnehmer? ALPIN-Testredakteur und Bergführer Olaf Perwitzschky erklärt, wie viele Seile ihr auf Tour braucht.

Skibergsteigen: Welche Ausrüstung benötigt eine Dreierseilschaft?
© picture alliance

Wie viele Seile braucht eine Seilschaft auf Skihochtour?

Frage von Stefan P., per E-Mail: Wie viele Teilnehmer bei einer (privaten) Dreier- Seilschaft auf Skihochtour müssen ein Seil bzw. einen Pickel dabeihaben? 

Hintergrund der Frage ist, dass bei geführten Touren in der Regel nur der Bergführer ein Seil bzw. einen Pickel dabeihat. Wenn aber nur einer (der Führer der Gruppe) Seil und Pickel mitführt, dieser aber in eine Spalte stürzen sollte, müsste doch ein zweites Gruppenmitglied auch Seil und Pickel zur Bergung dabei haben?! Oder gibt es da einen Widerspruch zwischen Theorie und Praxis? 

Anseilen auf Skihochtour: Theorie und Praxis

Antwort von Olaf: Hier gehen Theorie und Praxis tatsächlich oft weit auseinander. Und es spielt auch keine Rolle, ob man mit Führer oder privat unterwegs ist. Einer trägt nun mal das Seil. 

Zur Theorie: In dem Moment, wo die Gefahr besteht, dass ein Teammitglied in eine Spalte fällt, sollte das Seil ja nicht mehr im Rucksack sein, sondern die Teilnehmer sind eingebunden. 

Praxis: Wir wissen alle, dass es Situationen gibt, in denen man in eine Spalte fallen könnte und doch nicht am Seil abfährt (weil es einfach nervig ist). Aber nimmt man deshalb ein zweites Seil mit? Wenn jemand ein zweites Seil mitnehmen möchte, wäre vielleicht eine der modernen Rap-Lines (z.B. Edelrid Rap Line oder Petzl Rad Line) interessant. 

Die sind leicht und klein. Man sollte nur die Rücklaufsperren (vgl. auch nächste Frage) auf den meist sehr geringen Durchmesser dieser Rap-Lines abstimmen. Und es sollte einem bewusst sein, dass dies keine Seile sind, um jemanden irgendwo im Vorstieg zu sichern (weil Rap-Lines zu dünn sind und nicht die nötige Dehnung haben). 

Mit dem Pickel sieht es etwas anders aus. Im Winter ist der nicht ganz so wichtig, weil man als T-Anker ja auch die Ski, den Rucksack oder zur Not sogar die Stöcke (zusammengeschoben) nutzen kann. Vorausgesetzt, man nimmt den Pickel schwerpunktmäßig für den Gletscher mit und nicht für steiles Gelände.

Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet ihr unter: alpin.de/olaf.

Habt ihr auch eine Frage an Olaf? Dann nutzt die Kommentarfunktion unter diesem Artikel!

Olaf ist ALPIN-Testredakteur & staatl. gepr. Bergführer. Er versucht, für euch auch auf die kniffeligsten Fragen die richtige Antwort zu finden.

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Text von Olaf Perwitzschky

2 Kommentare

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Olaf von ALPIN

Hallo Martin,

danke für deine Anfrage. Es macht auf jeden Fall Sinn, die komplette Ausrüstung für eine Spaltenbergung dabei zu haben. Denn wenn jemand in eine Spalte stürzt, hast du dann wenigstens die Chance, ihn zu bergen. Wenn du nichts dabei hast, geht das wohl kaum. Daher sollte der Gurt vor Gletschertouren auch immer angelegt sein. Denn den brauchst du, um jemanden aus einer Spalte bergen zu können. Der Trend geht ja zumindest im französischsprachigem Raum dahin, dass jeder ein Set zur Spaltenbergung dabei hat, und nicht nur ein Teilnehmer. Denn wenn der in die Spalte fällt, ist die Gruppe in Sachen Bergung auch Schach matt.

Zur Belastung der Schneedecke. Solange du fährst, und nicht „hart“ schwingst, ist die Belastung der Schneedecke zumindest nicht höher als im Aufstieg, eher geringer. Aber vom zeitlichen Aspekt hast du vollkommen Recht. Der Schnee wird tagsüber weicher. Es kommt aber noch ein anderer Faktor ins Spiel. Abfahren am Seil ist nicht ganz einfach. Und wenn beim Abfahren am Seil der vordere Partner:in in die Spalte stürzt, müssen der/die hinteren mit Ski an den Füßen den Sturz erstmal halten. Das ist deutlich schwieriger als im Aufstieg oder zu Fuß. Und da kann es sein, dass dann alle in der Spalte liegen. Von daher wird ein Abfahren am Seil sehr kritisch gesehen. Wenn muss man tatsächlich sehr langsam und kontrolliert abfahren. 

Daher die Empfehlung bei Touren am, Gletscher: Gurt an, im Idealfall hat jeder die komplette Ausrüstung zur Bergung dabei, mindestens aber haben zwei Seilschaftsmitglieder das Equipment greifbar, um eine Spaltenbergung durchzuführen.        

Es gibt ein fertig zu kaufendes Kit von Petzl, in dem alles drin ist, was du zur Spaltenbergung brauchst. Leider ist das nicht ganz preiswert: Petzl Rad Spaltenbergungskit. 

Martin

Servus Olaf,
ich habe eine allgemeine Frage zum Mitführen eines Seils bei Skitouren mit Gletscherkontakt.

Bei der Abfahrt wird, wie du auch oben geschrieben hast, fast nie angeseilt (sehr spaltenreiche Gletscher ausgenommen).
Allerdings ist ist doch die Belastung auf die Schneedecke bei der Abfahrt viel Größer, und ein Spaltensturz würde hier doch auch zusätzlich durch die tageszeitliche Erwärmung begünstigt werden.

Welche Sinn macht es dann überhaupt ein Seil (und damit auch Gurt, Sicherungs- und Bergungsequipment) mitzunehmen bzw. sich im Aufstieg anzuseilen? (Schneedecke ist härter, Belastung im Aufstieg nicht so groß)

Meiner Logik nach wäre es oft sinnvoller und evtl. auch sicherer dann ganz auf das Zeug zu verzichten und ein bisschen schneller voranzukommen.

Danke für deine Antwort, beste Grüße
Martin