Schweizer gelingt erste Rotpunktbegehung an einem Tag

Roger Schaeli wiederholt "Zauberlehrling"

Mit dem "Zauberlehrling" hatte Christoph Hainz 1990 Klettergeschichte geschrieben. Die 750 Meter lange Route an der Cima-Scotoni-Südwestwand in den Dolomiten gilt bis heute als moralisch und klettertechnisch extrem anspruchsvolle Tour. 22 Jahre lange musste der "Zauberlehrling" auf eine Wiederholung der Rotpunktbegehung warten. Dann stieg Roger Schaeli am 20. Juni in die Route ein!

Roger Schaeli wiederholt "Zauberlehrling"
Im "Zauberlehrling": Roger Schaeli (Foto: Schaeli)
Im "Zauberlehrling": Roger Schaeli (Foto: Schaeli)

Bevor der 34-jährige Extrembergsteiger das ambitionierte Projekt angehen konnte, musste er jedoch erstmal einen Kletterpartner für die Tour finden. Schaeli erinnert sich: "Auch am Tag x den idealen Kletterpartner zu finden, ist manchmal fast so schwierig, wie die Kletterei selber. Meistens hab ich Glück, aber diesmal war es fast unmöglich, jemanden zu finden, da die meisten Kletterpartner als Bergführer unterwegs waren oder die Reise bzw. die Kletterei war zu anstrengend."

Schließlich fand sich mit Gian Sebregondi vom SAC-Alpin-Team doch noch der geeignete Partner für Schaelis Vorhaben. Bereits einen Tag nach der Zusage des 22-Jährigen machte sich die neu formierte Seilschaft bereits auf den Weg in die Dolomiten. Wieder einen Tag später legten die beiden an der Westwand der Cima-Scotoni los.

"Mit den ersten Klettermeter verschwand wie auf Knopfdruck meine Nervosität. Als ich auf Anhieb die dritte 9- und die fünfte 9er Seillänge hinter mich brachte, spürte ich plötzlich, dass ich heute wirklich eine Chance haben könnte, etwas zu zaubern", so Schaeli. Zwei Fragezeichen hatte der Schweizer noch: Zum einen begann es ringsherum zu regnen und gewittern. Zum anderen wusste er nicht, ob Gian bereit war, durchzustarten, denn die Quergänge mit Rucksack nachzusteigen, ist nicht ohne.

Auf dem ersten Band, nach zehn Seillängen, gönnten sich die zwei Kletterer eine erste verdiente Pause. Die Gewitter entluden sich lautstark an der benachbarten Sella-Gruppe, sie blieben bis auf ein paar Tropfen trocken. "Um eine Diskussion über den weiteren taktischen Verlauf zu vermeiden, klettere ich zugegeben ziemlich egoistisch und fokussiert weiter. Im mittleren Wandteil gibt es einige sehr exponierte Quergänge, die Gian im Nachstieg souverän kletterte."

Vater des "Zauberlehrlings": Christoph Hainz.
Vater des "Zauberlehrlings": Christoph Hainz.

Auf dem zweiten Band angekommen, trennten Roger Schaeli noch genau sechs Seillängen von seinem grossen Traum. "Jetzt setzten wir alles auf eine Karte und liessen unsere Rucksäcke mit Abstiegsschuhen, Notapotheke, Essen und Getränken zurück".

Die immer grösser werdenden Tropfen jagten Roger und Gian richtiggehend die Wand hoch. "Mit tiefen Atemzügen konnte ich meine gewohnte Ruhe und Sicherheit wieder finden. Ich wurde eins mit dem Berg und fühlte mich in dieser unwirklichen, steilen, exponierten und brüchigen Landschaft wohl. Es war ein wunderbares Gefühl!", betont der Sörenberger Profi-Alpinist.

In der zweitletzten, also 22. Seillänge, quert man nochmals vogelwild in die überhängende Gipfelwand zum Großen Finale. Als schließlich auch die letzte Seillänge (8+) von Schaeli sturzfrei gemeistert werden konnte, war die erste Rotpunktwiederholung des "Zauberlehrlings" nach 22 Jahren geschafft. Aber nicht nur das! Schaeli und Sebregondi konnten die Route sogar an einem Tag bewältigen - 22 Stunden schneller wie Christoph Hainz bei seiner Erstbegehung. Letztgenannter beglückwünschte Schaeli auch zu seiner großartigen Leistung:

"Mit dieser Route habe ich 1990 einen Meilenstein in den Dolomiten eröffnet und Alpin-Geschichte geschrieben. Es hat in diesen 22 Jahren keine zweite Rotpunkt-Begehung, so wie ich sie damals machte, gegeben. Obwohl das Kletterniveau gestiegen ist, hat sich niemand getraut, diese kühne, schlecht abgesicherte Route zu wiederholen. Darum möchte ich Roger sehr gratulieren zu seiner Leistung. Er hat den "Zauberlehrling" nicht nur Rotpunkt, sondern zusammenhängend Rotpunkt geklettert. Das freut mich sehr. Ich wäre gerne als Seilpartner dabei gewesen, aber ich hatte leider keine Zeit", so Christoph Hainz.

Quelle: Pressemitteilung Roger Schaeli