Kurzinterview zum Projekt

Palü hoch drei: Roger Schäli und Romano Salis gelingt "Triple Climb & Fly"

Für spannende Projekte muss man nicht immer um die Welt fliegen: Das beweist in diesem Jahr einmal mehr das Projekt der Schweizer Roger Schäli und Romano Salis. In 16 Stunden kletterten die Profi-Alpinisten über alle drei Palü-Grate zum Gipfel. Von dort starteten sie mit dem Gleitschirm zurück ins Tal.

Palü hoch drei: Roger Schäli und Romano Salis gelingt Climb & Fly
© Romano Salis

Roger Schäli und Romano Salis gelingt Climb & Fly: Das Projekt

Wie uns Roger Schäli persönlich berichtet, hatte die Seilschaft eine Begehung des 3899 Meter hohen Piz Palü in der Bernina über den West-, Mittel- und Ostgrat bereits seit einiger Zeit geplant. Als zuletzt endlich die Bedingungen am Berg, die Thermik und das Wetter scheinbar ideal waren, starteten sie am 3. August um 2 Uhr morgens in ihr Vorhaben. 

"Die drei Pfeiler sind einfach ziemlich offensichtliche 'Eyecatcher', schon allein optisch habe ich mich lange zu der Kombination hingezogen gefühlt", sagte uns Roger auf die Frage, weshalb die Alpinisten das Projekt ausgewählt hatten. "Die Kletterei mit dem Fliegen zu verbinden, und so ein Element mehr hinzuzufügen, war für mich das Faszinierende."

Als Erstes visierten die Alpinisten den Bumiller Pfeiler (Mittelpfeiler) an, es folgten erst der anspruchsvolle West-, dann der Ostpfeiler. Zwischen den Begehungen flog das Duo per Gleitschirm zum jeweils nächsten Einstieg. Die größte Herausforderung sei zunächst gewesen, ein Fenster zu finden, in dem alles passt: Bedingungen, Wetter, Thermik, Zeit. Bereits seit einem Jahr hatten sich die Profis dafür abgestimmt.

Während für Roger der Bumiller Pfeiler eine Premiere darstellte, kannte Local Romano die Touren aus dem FF. Diverse klettertechnische Herausforderungen, insbesondere an den beiden ersten Pfeilern, kosteten die Alpinisten wertvolle Zeit. "Nachdem wir den brüchig-schottrigen Spinaspfeiler (Anm. d. Red. Westpfeiler) geschafft hatten, hatten wir doch noch mehrere Stunden Tageslicht. Da beschlossen wir, noch in den Ostpfeiler einzusteigen – eine gute Entscheidung", berichtet Roger Schäli. 

Hinzu kam eine Wetterverbesserung, die den beiden nochmals einen Motivationspush gab. Wie von den Alpinisten erwartet, erwies sich der häufig begangene Kuffnerpfeiler (Ostpfeiler) als Genusspartie. Da sie hier zügig vorankamen, gelang der Abschluss des Projekts nach 16 Stunden. Zum Vergleich: Eine Seilschaft benötigt in der Regel zwischen sechs und zwölf Stunden für einen (!) der Pfeiler.

"Eine absolut anspruchsvolle und geniale Trilogie über drei komplett verschiedene Anstiege mit einem idealen Seilpartner – nur die Jahreszeit war für die ersten beiden Pfeiler nicht ganz ideal gewählt", resümmiert Roger Schäli. Und fügt an: "Die Verbindung mit dem Gleitschirm war eine tolle Möglichkeit, das macht solche Projekte jedoch auch komplexer." 

<p>Was für ein Rausschmeißer: Der Flug nach dem Ostpfeiler zur Diavolezza-Talstation. </p>

Was für ein Rausschmeißer: Der Flug nach dem Ostpfeiler zur Diavolezza-Talstation. 

© Romano Salis

Über die drei Palü-Grate

Bekannt ist der Piz Palü im Feststaal der Alpen vor allem für seine Überschreitung. Doch auch drei Pfeiler führen mit unterschiedlichem Anspruch auf den Gipfel:

1. Der Bumiller Pfeiler: Der Palü-Mittelpfeiler (meist um die 55°, V+) ist einer der klassischen kombinierten Anstiege am Berg. Die Mixed-Route wird (aus gutem Grund) überwiegend im Winter begangenen. Sie verläuft zu guten zwei Dritteln im Eis, der untere Abschnitt gilt dabei auch in der kalten Jahreszeit als äußerst gefährlich. Häufig wird deshalb bereits im ersten Drittel im Fels geklettert. Viele er ursprünglichen Beschreibungen dieser eindrucksvollen Nordwandtour sind aufgrund der fortschreitenden Klimaveränderungen am Berg nicht mehr zutreffend, z. B. wurde die steile "Eisnase" (max. 90°) seit Jahren nicht mehr gesichtet.

2. Der Spinaspfeiler: Der Palü-Westpfeiler ist wohl der am wenigsten begangene der drei. Das liegt mitunter wohl daran, dass über die "Via Zippert" online wenig verlässliche oder aktuelle Berichte auffindbar sind. Auch die Bewertung der Schwierigkeit variiert in diversen Tourenführern, der SAC etwa gibt eine V- im Fels und eine Steilheit bis 50° an. Empfohlen wird die Tour eher für den Winter, da man hier einem markanten Firn-Eis-Couloir weit hinauf gen Gipfel folgen kann. Im Sommer ist dieses mittlerweile ausgeapert und Quelle massiven Steinschlags.

3. Der Ostpfeiler: Der beliebteste der drei ist der Ostpfeiler (auch Kuffnerpfeiler). Hier warten auf erfahrene Alpinisten überwiegende Felskletterei bis IV und ein im Vergleich moderater Firngrat als Finale. Die in alten Führern beschriebene Gipfelwechte ist ebenfalls in ihrer Masse dem Klimawandel zum Opfer gefallen. Sie kann unschwierig westlich umgegangen werden. Dennoch ist hier nur für äußerst erfahrene Alpinisten eine Genusstour zu erwarten. Noch immer muss der überwiegende Teil der Tour selbst abgesichert werden.

<p>Fester, kompakter Fels: Roger Schäli und Romano Salis am Ostpfeiler.</p>

Fester, kompakter Fels: Roger Schäli und Romano Salis am Ostpfeiler.

© Romano Salis

Text von Lubika Brechtel

2 Kommentare

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ALPIN

Lieber Matthias,

vielen Dank für deinen Hinweis. Sicherlich wurde die Trilogie bereits mehrfach gemacht. Niemand behauptet in diesem Artikel, dass das Projekt eine Premiere war. Berichtenswert und alpinistisch interessant finden wir es dennoch, daher die Meldung.

Viele Grüße aus der Redaktion

Michael

Liebe Freunde der Berge, mit der Zeit vergisst man oder man schaut einfach (bewußt) nicht mehr hin. Vor über 20 Jahren, genau im Jahre 2003 haben Walter Hoelzler und Toni Steurer das Ganze schon vorgemacht: in 24 Std. Vom Bahnhof St. Moritz und zurück! Infos dazu auf der Homepage von Walter Hoelzler.

Also: nicht jede Sensation von solchen Profis ist auch eine…

Viele Grüße

Matthias Hill