Wirbel um Zweiteiler "Riesending – jede Stunde zählt"

Bergwacht kritisiert ARD-Film: "Ganze Institution diskreditiert"

2014 verunglückt ein Höhlenforscher in Deutschlands tiefster Höhle unter dem Berchtesgadener Untersberg. Mit einem Großaufgebot an Rettungskräften kann der Mann befreit werden. Bilder der geglückten Rettung gehen landesweit durch die Medien. Der nun erschienene ARD-Zweiteiler über die Ereignisse zeichnet allerdings ein wenig schmeichelhaftes Bild der Bergwacht. Diese sieht sich diskreditiert – und wehrt sich.

Rettungskräfte tragen im Juni 2014 den verletzten Höhlenforscher Johann Westhauser nahe des Einstiegs der Riesending-Schachthöhle auf einer Trage. Die Bergwacht Bayern sieht sich im ARD-Zweiteiler an den Pranger gestellt.
© picture alliance / dpa / Nicolas Armer

Der Film "Riesending – jede Stunde zählt" rekapituliert die Ereignisse jener dramatischen Rettungsaktion in der Riesendinghöhle bei Berchtesgaden. Dort war an Pfingsten 2014 ein Forscher durch Steinschlag tief unter der Erde schwer verletzt worden. In einem Mammuteinsatz mit mehr als 800 Helfern und in 11 Tagen Einsatzdauer gelang damals die spektakuläre Rettung aus über 1000 Metern Tiefe – und über 12 Kilometer vom Schachteingang entfernt.

Die Verfilmung der Rettungsaktion wurde als Zweiteiler am 28. Dezember in der ARD gesendet (hier geht es zum ersten Teil in der ARD-Mediathek). Auch auf ServusTV wurde der Spielfilm gezeigt. Darin wird der Einsatzleiter der Bergwacht als hilflos und überfordert dargestellt. Der gute Ruf der Institution scheint ihm wichtiger zu sein als die Rettung des Verletzten. Wenig schmeichelhaft ist auch die Darstellung der am Einsatz beteiligten Bergretter.

ARD-Spielfilm "Riesending": Bergwacht Bayern und Innenminister Herrmann üben Kritik

Die Bergwacht Bayern übte in einer Pressemitteilung, die auch via Facebook verbreitet wurde, massiv Kritik an der Darstellung: "Der Einsatz in der Riesending-Höhle im Jahr 2014 stellt eine absolute Besonderheit in der alpinen Rettung dar. Im Hinblick auf die Dauer des Einsatzes von 11 Tagen und der Beteiligung von über 800 Einsatzkräften ist es wohl unmöglich, das Geschehen in einem Film, unabhängig von der Art und Weise, nachzuvollziehen, ohne dabei auf die Darstellung von einzelnen Sachverhalten zu verzichten," heißt es darin. 

Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich in einer Stellungnahme ähnlich. Das im Film vermittelte Bild der Bergwacht entspreche nicht dem engagierten Einsatz der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, so Herrmann. Zwischen Fiktion und Wirklichkeit klaffe eine deutliche Lücke.

"Der Film ist keine Dokumentation, sondern vielmehr ein am realen Geschehen angelehntes modernes Märchen. Das ist völlig zulässig, es wird aber an manchen Stellen der Eindruck erweckt, als habe der Film auch einen dokumentarischen Charakter. Insbesondere, was die Rolle der Bergwacht betrifft, weicht der Film deutlich vom tatsächlichen Geschehen ab."

ARD-Zweiteiler "Riesending – jede Stunde zählt": Lücke zwischen Fakt und Fiktion

Die Bergwacht kritisiert in ihrer Stellungnahme deutlich: "Die künstlerisch zwar zulässige Vermischung von Realität und Fiktion spiegeln (...) nicht den Rettungswillen und die Kompetenzen unserer ehrenamtlichen Bergretterinnen und Bergretter wider. Die Bergwacht wird insofern in ein falsches Licht gerückt, was unsere hochmotivierten ehrenamtlichen Frauen und Männer nicht verdient haben", heißt es dort. Von Beginn an arbeiteten alle Beteiligten mit Höhlen-Experten aus der Schweiz, Italien, Kroatien, Österreich und Deutschland zusammen. Unzählige ehrenamtliche und professionelle Einsatzkräfte (Hilfsorganisationen, Bundeswehr, Polizei und Feuerwehr) unterstützten vor Ort. Durch diesen gemeinsamen Einsatz sei die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Höhlenrettung im Alpenraum stark gefördert worden.

Auf Kosten der Bergwacht und deren ehrenamtlichen Einsatzkräften werde in dem Film eine "schwarz/weiß"-Welt gezeichnet, kritisiert Roland Ampenberger, Pressesprecher der Bergwacht. "Wir fragen uns, was hier die Motivation ist und was letztendlich die Aussage des Films sein soll, wenn ein Realitätsanspruch besteht, gleichzeitig aber eine ganze Organisation diskreditiert wird, um Spannung zu erzeugen.

Wir sind in Sorge, dass sich die Darstellung dieses Rettungseinsatzes alles andere als positiv auf die Motivation unserer Einsatzkräfte, insbesondere aber auch auf alle ehrenamtlichen Aktiven anderer Hilfsorganisationen, auswirkt. Gerade in dieser für die Gesellschaft schwierigen Zeit sollte doch das Gemeinsame im Mittelpunkt stehen. Hier stehen wir alle in der Verantwortung.“

6 Kommentare

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Monika auf unserer Facebook-Seite

Hier fehlte Einbeziehung von Kompetenz der Organisationen.
Da ansonsten die ÖR gut recherchieren, kann das eigentlich nur an der Produktionsfirma liegen.
Und dann sollten die ÖR (gab ja da schon früher bei anderen Themen Probleme) die Vertragsgestaltung / Kontrolle überdenken.

Jasmin auf unserer Facebook-Seite

Ich habe mich gefragt, ob die Filmemacher nicht wenigstens ein Mal mit jemandem aus der Bergwacht gesprochen haben? Alle die dort arbeiten tun dies mit vollem Einsatz, unglaublicher Hilfsbereitschaft und bester Kompetenz. Der Film zeigt ein absolut unterirdisches und unrealistisches Bild der Arbeit der Bergwacht.

Patrick auf unserer Facebook-Seite

Ich hab keine Ahnung wie der Einsatz damals wirklich war, aber im Film wird die Bergwacht in ein schlechtes Licht gerückt! Frauen und Männer, die in ihrer Freizeit (ehrenamtlich) ,alles geben um Menschen die in Not geraten sind zu helfen! DANKE an die Bergwacht und auch an alle anderen Hilfsdienste!!!

Wolfgang auf unserer Facebook-Seite

Wer die Bergwacht kennt, der weiss, dass diese Menschen überaus kompetent sind und täglich als Ehrenamtliche alles geben.
Wer die Bergwacht nicht kennt, dem ist es ohnehin egal. Der Schaden dürfte also marginal sein.

Matthias K.

Naja typisch örr… Bergrettung passt anscheinend nicht ins linke framing.

PeterW

ARD und ZDF machen weder gute Dokumentationen noch Unterhaltung. Beides dient ausschließlich der Vermittlung politischer Botschaften.