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Schutzhütten erhalten oder aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben? Was ist eure Meinung?

Die Alpenvereinssektion Berchtesgaden sieht sich zunehmend im Rahmen des Betriebs der Schutzhütten mit einer Fülle von verwaltungsrechtlichen Vorschriften belastet, die den Betrieb wirtschaftlich nahezu unmöglich machen. ALPIN hat mit Daniel Hrassky von der DAV Sektion Berchtesgaden gesprochen.

Viel Zeit und Geld wird in den Erhalt der Schutzhütten und Wege investiert.
© IMAGO / Volker Preußer

ALPIN: Wer ist verantwortlich für die Auflagen, die den Hütten gemacht werden?

Durch die föderale Struktur ist als oberste Behörde das Umweltministerium und die Regierung von Oberbayern (Baumaßnahmen) zuständig. Als untergeordnete Behörden sind das Wasserwirtschaftsamt (Abwasserklärung), die untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes und die Nationalparkverwaltung zuständig. Als eigene Behörde mischt hier auch noch das Luftamt Südbayern (Hubschrauberlandeplätze) mit.

ALPIN: Daniel, wie sehen die Auflagen der Behörden, die euch das Leben schwer machen, genau aus?

Bauarbeiten und Versorgungsflüge unserer Hütten dürfen nur mehr zwischen 1. August und 31. Oktober durchgeführt werden (Lärmschutz für Raufußhühner). Und das obwohl wir besonders sensible Bereiche ohnehin umfliegen: So vermeiden wir den Bereich um den Adlerhorst an den Hachelköpfen und halten uns strikt an das Hubschrauberkonzept des Nationalparks Berchtesgaden. Allein das verursacht bereits ca. 2000 – 3000 Euro jährlich an zusätzlichen Kosten für Wirt und Sektion.

Für die Abwasserrechtliche Genehmigung für das Kärlingerhaus sind künftig nicht mehr nur die bisher geforderten Werte beim gereinigten Abwasser nachzuweisen, sondern auch eine Verringerung der Phosphor- und Stickstoff-Emissionen. Das ist aber nur mittels aufwendiger technischer Anlagen oder chemischer Verfahren möglich. Die Kosten dafür sind enorm.

ALPIN: Wer schließt das Watzmann-Ostwandlager?

Niemand, aber es kann auch unter den bestehenden vertraglichen Voraussetzungen nicht mehr ehrenamtlich betrieben werden: Es ist akut sanierungsbedürftig. Dabei ist es im Eigentum des Staates, das staatliche Hochbauamt verweigert aber nach Auskunft der Nationalparkverwaltung den baulichen Unterhalt zu tragen. Und das, obwohl gemäß aktueller Rechtsprechung Dach und Fach grundsätzlich in Verantwortung des Eigentümers liegt. Auf Nachfrage beim Hochbauamt stellte sich aber heraus, dass man sehr wohl die Sanierung übernehmen würde.

Hier könnte man vermuten, dass damit eine Absicht verfolgt wird: Durch die Verhinderung der legalen Übernachtungsmöglichkeit auf der Halbinsel Bartholomä würde man die Ostwand nur noch für sehr wenige sehr konditionsstarke begehbar machen und so über Umwege eine Begrenzung der Besucher erreichen. Hierzu passt auch der vom Chef der Nationalparkverwaltung bereits mehrfach geäußerte Ausspruch: "Ich möchte in der Kernzone des Parks den Einfluss des Menschen auf ein Minimum reduzieren“. Auf die Bitte der Konkretisierung, gab es jedoch noch nie eine Antwort.

ALPIN: Was haben die Auflagen für Konsequenzen?

Zunächst einmal eine massive Erhöhung der Kosten für die Sektion, was in letzter Instanz eine Schließung der Schutzhütten bedeutet. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der ausschließlich von Ehrenamtlichen geleitet wird, welche dies aus Überzeugung und in ihrer Freizeit machen. Wir erwirtschaften bereits jetzt schon keinen Gewinn, sondern reinvestieren Überschüsse in die Erneuerung der Hütten, mit dem klaren Ziel einen CO2-neutralen Betrieb zu erreichen.

Die Schließung würde bedeuten:

  • Wildes campen und biwakieren.

  • Keine geordnete Müllentsorgung, also eine wesentliche Zunahme der Vermüllung unserer Berglandschaft.

  • Wegfall der Besucherlenkung.

  • Erhöhte Brandgefahr durch wilde Kochstellen.

  • Vermehrter Einsatz der Bergrettung und damit auch der Hubschrauberflüge.

  • Erhöhtes Auftreten von vermissten Bergwanderern.

  • Verstärkter Einsatz von Kontrollkräften wird nötig.

ALPIN: Haben andere DAV-Sektionen ähnliche Probleme?

Ja, wir hören z. B. von den Sektionen im Allgäu von ähnlichen Problemen, auch wenn die Regierung von Schwaben hier ein pragmatischeres Vorgehen an den Tag legt. Grundsätzlich gibt es aber im bayerischen Alpenraum nur eine Handvoll Hütten, welche so abgelegen sind wie unsere Wasseralm oder das Kärlingerhaus. Hütten, welche über Fahrwege ver- und entsorgt werden können, haben diese Probleme nicht, da z. B. die Abwässer hier problemlos mittels Tanklaster entsorgt werden können. Auch Baufahrzeuge können diese Hütten leicht erreichen.

ALPIN: Wie kann man verhindern, dass eure Schutzhütten nicht geschlossen werden müssen?

Die Auflagen und Bescheide sollten vor der Erstellung in einer Runde mit den Protagonisten vor Ort diskutiert und entschieden werden. Vor allem sollten nicht die Vorgaben und Verordnungen, welche im Tal durchaus sinnvoll sind, auf entlegene Schutzhütten übertragen werden. Zusätzlich wäre es begrüßenswert, wenn eine Runde von Experten eine Richtlinie speziell für Schutzhütten erarbeiten würde.

<p>Auflagen erschweren die ehrenamtliche Arbeit vieler Sektionen, wie hier am Schneibsteinhaus.</p>

Auflagen erschweren die ehrenamtliche Arbeit vieler Sektionen, wie hier am Schneibsteinhaus.

© DAV Sektion Berchtesgaden

Als Naturschutzverband versuchen wir sowieso, und das nicht nur aus Kostengründen, sondern besonders aus Naturschutzgründen, Hubschrauberflüge auf das geringste Maß zu reduzieren. Bei all unseren Baumaßnahmen geht es nicht um Erweiterungsmaßnahmen, sondern um Auflagen von Amtswegen sowie einer Verringerung des CO2-Ausstoßes. Wir verkleinern die Nächtigungskapazitäten bereits proaktiv, um dadurch Verbesserungen zu erreichen. Es war schon immer ein Anliegen des DAV, dass Hütten auf dem neuesten Stand der Technik umweltgerecht betrieben werden.

Der DAV und hier gerade wir als Sektion Berchtesgaden sind seit jeher Vorreiter, was den Naturschutz um das Gebiet von Königssee und Watzmann anbelangt. Zudem waren wir maßgeblich daran beteiligt, die sogenannte Naturschutzwacht (jetzt Bergwacht) in ihren Reihen zu installieren. Dies zeigt besonders, dass der DAV nicht nur Bergsteigerverband, sondern zugleich Naturschutzverband war und ist.

Zahlen und Fakten rund um grüne Hütten lest in ihr in unserem SchlauBERGer: Grüne Hütten:

Unsere Schutzhäuser sind natur- und umweltschutzrechtlich alle auf dem neuesten Stand. Wir gehörten zu denjenigen die als Erste Fotovoltaikanlagen mit Batteriespeichern, pflanzenölbetriebene Blockheizkraftwerke oder Reservierungssysteme zur Besucherlenkung betrieben haben. Auch was die Abwassertechnik von Kleinkläranlagen als Insellösungen anbelangt, sind wir Vorreiter in vielen Bereichen. Dadurch haben die Schutzhütten betreibenden DAV Sektionen den Weg für diejenigen Technologien geebnet, die jetzt gegen den Klimawandel verwendet werden.

Uns liegt der Erhalt der Bergwelt und der Natur besonders am Herzen, denn "Wir lieben die Berge, wir schützen die Natur!“ ist nicht nur ein Marketingspruch für uns, sondern eine Herzensangelegenheit.

ALPIN-Kontrovers: Tod der Schutzhütten?

Die Abstimmung ist abgeschlossen. Das Ergebnis unserer Kontrovers-Umfrage haben wir hier für euch zusammengestellt.

35 Kommentare

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alamkoeln

Bin selber DAV-Mitglied. Die Beiträge können bei weitem nicht die Kosten für Erhalt der Bergwanderwege, Klettersteige, Betgsteige und Hütten und Schutzhütten decken. Wenn die Pächter der Berghütten keinen Gewinn machen können, wovon sollen sie leben? Auch wenn sie im Winter noch in einem anderen Job arbeiten können. Die Alpenvereinshütten können von jedem genutzt werden, sind vor allem wichtig bei Wetterumschwüngen und der Begehung von Weitwanderwegen. Sie bieten nicht nur immer mehr Komfort wzB eine heiße Dusche, sondern sind auch wichtige Begegnungsstätten.Die Coronazeiten habe bei vielen zur Rückbesinnung zur Natur geführt. Die Hütten müssen erhalten, renoviert und offen gehalten werden für alle!

Anonymer Benutzer

Allen Luxus auf den Hütten abschaffen, einfaches Essen, kein Gepäcktransport, keine Privatzimmer, keine Duschen ... Das wäre Besucherlenkung, Einsparung an Hubschrauberflügen und Abwasser ...
In Frankreich kann man an vielen Hütten, ob Alpenverein oder privat, biwakieren. Auch das wilde biwakieren ist erlaubt (nicht zelten). Ich habe hier noch nie nennenswerten Müll in den Bergen gefunden. Müll sieht man eher im Umkreis von Hütten in den Ostalpen, besonders wenn da eine Seilbahn rauf geht.

Jürgen 0512

Meiner Meinung nach sollten die Vorschriften von den Verfassern auf Praxistauglichkeit vor Ort und vor Einführung getestet werden. Das hilft allen Beteiligten!

GipfelHoax

Aus der Satzung des DAV:

d) Förderung des Erhaltens und Betreibens von Hüttenstandorten und Hütten der
Sektionen sowie das Erhalten und Betreiben von eigenen Hütten als Stützpunkte zur
Ausübung des Bergsteigens und der alpinen Sportarten sowie des Erhaltens von
Wegen;

Noch Fragen?

Gamsbart

Die Sektion sollte sich bei solchen Tönen von einem e.V. (gemeinnützig) in einen w.V. (wirtschaftlich handelnd) wandeln! Bitte entsprechende Satzungsänderung nicht vergessen!

Anonymer Benutzer

Als Mountainbiker kenne ich den Pranger nur allzu gut und fühlte mich vom DAV nie gut vertreten. Nun steht der DAV auf einmal in anderer Position. Es wundert nicht, dass viele Menschen so Nationalparks skeptisch gegenüber stehen und diese, wie am Beispiel Siebengebirge, auch verhindern. Seitens der Nationalparks sollte man den Menschen vielmehr mit einbeziehen und Natur erlernbar machen.

Thomas

Weniger Hütten bedeuten auch weniger („All inclusive“-) Touristen, was meiner Meinung nach allem zu Gute kommt.
Den Rest, der auch bereit ist auf den Komfort einer (modernen) Hütte zu verzichten, sollte das nicht einschränken.

Nico

Schutzhütten waren immer ein Ort der Zuflucht und vielleicht auch Rettung. Immer gut zu wissen, dass es sie gibt. Niemand hat damit etwas verdienen wollen. Bitte für alle erhalten

Tom

Der DAV und auch die benachbarten Alpenvereine sind die mitgliedsstärksten Vereine Deutschland und europaweit. Die Einnahmen allein aus Mitgliedsbeiträge umfaßt zweistellige Millionenbeträge. Die Aktiven der Sektionen arbeiten unentgeltlich. Die Alpenhütten werden bereits seit vielen Jahren wie Hotels betrieben mit enormen Pachteinnahmen. Hier kann und muss der DAV auch das Geld in die Hand nehmen, wie jeder Hotelier. Es sind im Alpenraum nur eine handvoll Alpenhütten die kostenintensiv über Hubschrauber oder ähnlichem versorgt werden müssen. Eine Schande eigentlich, dass so ein mächtiger Verein hier klagt.

Anonymer Benutzer

Die Nachteile einer Schließung der Hütten wurden ja schon erörtert. Es ist eine Frechheit, so schwierige Auflagen vorzugeben. Der Nationalpark schränkt genug ein. Im Nationalpark Berchtesgaden darf auf vielen Wegen auch nicht mit dem Rad gefahren werden. Aber natürlich bringt ein Bus sämtliche Touristen mit dem „Almerlebnis -Bus“ in die Berge. Da kann man nur den Kopf schütteln. Das Kärlingerhaus ist eine tolle Hütte, auf der ich auch schon einige Male war. Es wäre so schade, wenn sie schließen müsste.

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