"Wir alle mussten viele Hindernisse überwinden."

Erstes schwarzes Everest-Expeditionsteam

Die Everest-Saison steht in den Startlöchern. In diesem Jahr gibt es erstmals eine Expedition, an der nur schwarze Bergsteiger:innen teilnehmen. Ihr Ziel ist nicht nur ein sportlicher Erfolg.

Erste schwarze Expedition auf den Mount Everest.
© Full Circle Everest Team

Die Sommerbesteigungen am höchsten Berg der Welt beginnen. Eine Vielzahl von Teams sind bereits auf dem Weg ins Basislager oder dort angekommen. Sobald sich die Bergsteiger:innen akklimatisiert haben und sich ein Wetterfenster für die Besteigung des Mount Everest öffnet, startet die Gipfeljagd von der Südseite.

<p>Ein Teil des elfköpfigen "Full Circle Everest Teams".</p>

Ein Teil des elfköpfigen "Full Circle Everest Teams".

© Full Circle Everest Team

Eine Premiere ist die erste ausschließlich schwarze Expedition. Das elfköpfige "Full Circle Everest Team" unter der Führung des 58-jährigen US-Alpinisten Phil Henderson befindet sich bereits im Basecamp und will nicht nur einen sportlichen Meilenstein erreichen. Ziel ist es vor allem, den Blick für die im Alpinismus stark unterrepräsentierte schwarze Bevölkerung zu schärfen.

Traurige Bilanz: bislang nur neun Schwarze auf dem Mount Everest

"Bis heute haben rund 10.000 Menschen den höchsten Berg der Erde bestiegen", schreibt Henderson, dessen Team sich bereits im Basislager auf 5400 Meter Höhe befindet, dem Spiegel per Mail. "Doch nur neun davon waren Schwarze, etwa aus Südafrika, Tansania und Jamaika. Die erste schwarze Amerikanerin auf dem Gipfel war Sophia Danenberg 2006."

2013 bestieg Henderson als zweiter Afroamerikaner den Denali in Alaska, 2018 leitete er eine rein afroamerikanische Expedition auf den Kilimandscharo. Am Everest versuchte er sich bereits 2012 mit einer US-amerikanischen Mannschaft, musste aber wegen eines Lungenödems auf den Gipfel verzichten. Drei Mitglieder seines aktuellen Teams sind Frauen.

Expeditionen am Mount Everest: "Adventure Gap" im Alpinismus

In den USA ist der geringe Anteil schwarzer Menschen im Alpinismus schon längst Thema. Der US-amerikanische Journalist James Edwards Mills prägte hierfür den Begriff "Adventure Gap" – Abenteuerlücke. Mills führt das Fehlen schwarzer Athleth:innen vor allem auf die bis heute vorhandene sozioökonomische Benachteiligung als Folge des Rassismus zurück.

Zudem sei die Natur in den USA immer den Weißen vorbehalten gewesen. Für sie sei die Wildnis ein Ort der Erholung gewesen – für die Schwarzen dagegen oft ein Ort der Angst. Etwa, weil während der Rassentrennung in den USA immer wieder Schwarze in Nationalparks ermordet wurden. Aber auch mangelnde wirtschaftliche Möglichkeiten seien ein besonders wichtiger Faktor für den geringen Anteil schwarzer Menschen im Bergsport, ergänzt Alpinist Henderson.

Umbenennung rassistischer Kletterrouten

Über Rassismus im Alpinismus wird seit der "Black Lives Matter"-Bewegung diskutiert. Das betrifft besonders die Namen von Kletterrouten – auch in Europa. So wird nicht nur in einschlägigen US-Foren die Umbenennung der "N*-Wall" im kalifornischen Owens Valley gefordert. Auch um den "N* mit dem Knackarsch" im Frankenjura oder die Sportkletterwand "Bimboland" im Klettergebiet Kochel am See entbrannten Debatten.

Der höchste Berg der Welt in Bildern:

Auch in den Expeditionskadern des Deutschen Alpenvereins gibt es bislang keine schwarzen Sportler:innen. Natürlich sei der höchste Gipfel der Erde das Ziel der Expedition in diesem Jahr, so Phil Henderson: "Wir alle mussten viele Hindernisse überwinden, um an diesen Punkt zu gelangen. Jetzt möchten wir, dass die Menschen erfahren, dass es diesen Aufwand wert war. Und es so für die nächste Generation leichter machen."

Mount Everest: lediglich 250 erteilte Genehmigungen

Die Chancen stehen gut, dass die "Full Circle Everest Expedition" im Mai erfolgreich sein wird. Mit lediglich rund 250 Genehmigungen werden deutlich weniger ausländische Bergsteiger:innen am Everest sein als im vergangenen Jahr oder auch in der Katastrophensaison 2019, in der zahlreiche Aspirant:innen aufgrund eines Staus am Berg starben.

Berichten zufolge mussten die Sherpas, die den Weg zum Gipfel vorbereiten, im gefürchteten Khumbu-Eisbruch diesmal nur vier Leitern, statt wie sonst bis zu mehreren Dutzend legen. Der Übergang könnte deshalb ungewöhnlich leicht sein.

Auch Covid-19-Erkrankungen seien anders als im vergangenen Jahr, als das Virus auf der nepalesischen Seite des Everest wütete, bisher weniger Thema. Verbreitet sei nur der übliche "Khumbu Cough", gereizte Atemwege ausgelöst durch die Höhe.

Zahlen und Fakten zum Mount Everest:

1 Kommentar

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berlinn

Sicher, das 2019 zahlreiche Aspiranten nur aufgrund des Staus starben?