Alpinunfallstatistik für den Bergsommer 2020 veröffentlicht

Österreich: Starker Anstieg bei Bergunfällen

Das Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit hat die Alpinunfallstatistik für den Bergsommer 2020 vorgelegt. Wir veröffentlichen Auszüge daraus.

Österreich: Starker Anstieg bei Bergunfällen
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Spricht das Kuratorium für Alpine Sicherheit von Verunfallten, bezieht es sich auf die Gesamtzahl an Toten, Verletzten und unverletzten Personen. Diese liegt für den Erfassungszeitraum [01. Mai - 30. September] bei insgesamt 3.862. Verletzt haben sich 2.527 Personen. Unverletzt geborgen wurden 1.213. 

Blickt man auf den Mittelwert der vergangenen zehn Jahre – Gesamt-Verunfallte: 2.940, Verletzte: 1.887, unverletzt Geborgene: 909 – ist die Zunahme vor allem bei unverletzt geborgenen deutlich.

<p>Bergretter aus Tirol und Südtirol bei einer Übung am Stubaier Gletscher im August 2020.</p>

Bergretter aus Tirol und Südtirol bei einer Übung am Stubaier Gletscher im August 2020.

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Unfallrate bei Einheimischen am höchsten

51% der im Sommer 2020 verunfallten Bergsteiger waren österreichische Staatsbürger. Mit Blick auf die Durchschnittswerte der vergangenen zehn Jahre, verzeichnet das Kuratorium für Alpine Sicherheit eine Zunahme von 5% bei den Einheimischen. Auf die Österreicher folgen mit 37% die deutschen Nachbarn, die es ab Juni 2020, nach Aufhebung der Reisebeschränkungen, in die österreichischen Berge zog. Bei den tödlich verunfallten Personen entfallen 55% auf Österreich und ca. ein Drittel auf Deutschland.

Die Zahlen belegen, dass es vielerorts an Knowhow und Können mangelt. Die 1.213 unverletzt geborgenen Personen befanden sich meist in Situationen, in denen sie blockiert waren. Wenn die physische oder psychische Leistungsgrenze erreicht wird, weil die Bergtour mehr abverlangt als erwartet, wird ein alpiner Notruf abgesetzt. Im Sommer 2020 liegt der Anteil der unverletzt geborgenen Bergsteiger bei 32%. Eine Ausnahme ist der Monat Juni. Hier liegt der Anteil mit 35% ein wenig höher.

Die Hälfte der Verunfallten waren Wanderer

Sturz, Stolpern und Ausgleiten sind mit 75% die Hauptunfallursachen beim Bergwandern. Bei den tödlichen Unfällen dominiert weiterhin das Herz-Kreislaufversagen mit 34% als Ursache; 26% der Personen stürzten ab, 22% stolperten, stürzten oder glitten aus. Bei den unverletzt geborgenen Personen stellten Verirren und Versteigen mit 39% sowie Erschöpfung mit 16% den Hauptgrund für das Absetzen eines Notrufs dar.

27% mehr unverletzt geborgene Personen im Klettersteig

"Der Hauptgrund zur Absetzung eines Notrufs im Sommer 2020 bei den 107 Unverletzten auf Klettersteigen ist laut den Auswertungen mit 62% die Erschöpfung", sagt Peter Paal, der Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit. Das ist eine Zunahme um 10% im Vergleichmit dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre. Insgesamt kamen bei der Disziplin Klettern 10 Personen umsLeben, davon 5 beim Begehen eines Klettersteigs. In Summe sind in Österreich 412 Personen beim Kletternverunfallt, davon 187 Personen auf Klettersteigen.

Trendsport Mountainbiken führt zu mehr Unfällen und mehr Toten

Die Alpinunfallstatistik verzeichnet eine Zunahme der beim Mountainbiken verunfallten Personen über die vergangenen zehn Jahre hinweg. Im Sommer 2020 verunfallten 837 Personen mit dem Bergrad. Zehn Mountainbiker verunglückten tödlich. Die steigenden Unfallzahlen dürften bei dieser boomenden Outdoor-Sportart vermutlich die direkte Folge von mehr Mountainbikern sein, die in Österreichs Bergen unterwegs sind, so Peter Paal.

Positive Entwicklung bei der Anzahl tödlicher Alpinunfälle in Tirol

34 Alpintote im genannten Erfassungszeitraum registriert das drittgrößte Bundesland Österreichs. Trotzder Unfallzunahme um 40% gibt es 30 weniger Tote durch Alpinunfälle als im Vorjahr 2019. Major Viktor Horvath, Leiter der Alpinpolizei Tirol, zu den Ursachen für Alpinunfälle im Sommer 2020: 

"Das Wetter spielte im alpinen Unfallgeschehen eine wichtige Rolle: vormittags Schönwetterperioden, nachmittags Wechsel auf Schlechtwetter mit sehr durchwachsenen Verhältnissen. Dieser Faktor wurde im Zusammenhang mitalpinen Unternehmungen in den Tiroler Bergen häufigunterschätzt.“ 

Hinzu kommt, dass vermehrt Personen, die nicht ausreichend informiert sind und ihre Leistungsowie die äußeren Gegebenheiten falsch einschätzen, im Sommer 2020 Bergtouren unternahmen.

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