Längster Eisenbahntunnel weltweit

Einmal ganz unten durch

Exklusives Erlebnis: mit dem "Gottardino"-Sonderzug den neuen Gotthard-Basistunnel besichtigen, bevor ab Dezember die Züge hindurchrasen. ALPIN-Chefredakteur Bene Benedikt hat es ausprobiert.

Schweiz, Gotthard, Gottardino, Tunnel, Eisenbahn, Eisenbahntunnel, Vierwaldstätter See, Tessin
© Benedikt

Pionier für einen Tag? Klar, Pionier sein wollen wir doch eigentlich alle! Erst recht mit Rückfahrkarte. Und die schließt dieses Abenteuer ein. Es beginnt in der Schweiz, zu Füßen des Gotthard, in Flüelen am Vierwaldstätter See (oder genauer: Urner See) oder in Biasca im Tessin.

Das sind ungefähr die beiden Endpunkte des neuen Gotthard-Basistunnels. Er wurde im Juni feierlich eröffnet, aber der normale Zugverkehr wird erst im Dezember aufgenommen. Bis dahin verkehren Versuchszüge und ein Sonderzug namens Gottardino.

Er bringt die Möchtegern-Pioniere in den Berg, 240 auf einen Schlag. Und ja, es gibt Pioniere Erster und Zweiter Klasse. Ein Erlebnis ist es allemal: Gottardino-Mineralwasser steht am Platz bereit, eine kleine Broschüre und auch den Pionierpass bekommen alle, ein kleines rotes Büchlein, das fast genauso aussieht wie der amtliche Schweizer Reisepass.

<p>Stolzer Pionier mit Pionierpass: ALPIN-Chefredakteur Bene Benedikt an Bord des Sonderzugs "Gottardino". </p>

Stolzer Pionier mit Pionierpass: ALPIN-Chefredakteur Bene Benedikt an Bord des Sonderzugs "Gottardino".

© Benedikt

Und wie dieser ist es durchnummeriert. Aktuell mit einer Nummer in den hohen Dreißigtausendern, darunter steht die Gesamtauflage von 45.000. Aber die Nachfrage ist so groß, dass es bei so wenigen Pionieren wohl nicht bleiben wird. Noch gibt es im November freie Plätze – wer Ambitionen hat, muss sich beeilen.

Sie kommen aus der ganzen Schweiz und aus ganz Europa, und natürlich sind die Ansagen im Zug viersprachig – gendermäßig korrekt sind allerdings nur die französischen: Pionnière und Pionnier klingt einfach superb!

Wobei die wenigsten Pionier-Passagiere eigens der Gottardino-Fahrt wegen angereist sein dürften, die meisten verbinden sie mit einer Zugfahrt durch die Schweiz oder einem Aufenthalt in den Kantonen Uri oder Tessin. Was auch Sinn macht - die Schweiz ist zu schön, um nur an- und abzureisen!

Der Gotthard-Basistunnel ist 57 Kilometer lang und damit der längste Eisenbahntunnel der Welt, drei Kilometer länger als der Seikan-Tunnel, der bisherige Rekordhalter, der unter dem Meer die japanischen Inseln Honshu und Hokkaido verbindet.

Zwei gewaltige Röhren wurden ab 1999 in den Berg gebohrt und gesprengt. Aber was heißt in "den Berg": Der Tunnel führt durch vielerlei Gesteinszonen, die teilweise recht aufwändig gesichert werden mussten.

Die Röhren haben einen Außendurchmesser von 9,2 Metern, von denen knapp acht Meter sichtbar sind. Sie liegen rund 40 Meter auseinander und sind durch viele Querstollen verbunden. Zwei davon wurden mit großem Aufwand als "Multifunktionsstellen" mit eigener Klimatisierung ausgebaut:

Dort können die Züge im Notfall in die andere Röhre geleitet werden und in der Multifunktionsstelle Sedrun befindet sich die kleine Ausstellung zu Entstehung und Bau des Basistunnels.

<p>Kunst am Bau oder einfach ordentliche Schweizer Installation? </p>

Kunst am Bau oder einfach ordentliche Schweizer Installation?

© Bene Benedikt

Blechtüten als "Fernrohre" geben den Blick "frei" auf Andermatt, 922 Meter höher, oder Sedrun, genau über den Köpfen der Pioniere. Schwer umlagert ist die Stempelstelle, wo ein großer Stempel in den "Pionierpass" gedrückt werden darf.

Neben dem Kontrollstempel des Zugbegleiters prangt dann, groß und rot, das Ehrenzeichen "Ich bin ein Pionier“ im Pass. Auch viersprachig natürlich. Eine fünfte Sprache war kurz vor dem Halt im Tunnel zu hören:

Sedrun liegt in Graubünden, damit befindet sich auch die gleichnamige Multifunktionsstelle auf (unter?) Bündner Territorium und folglich werden die Pioniere auf Rätoromanisch begrüßt.

Die Ausstellung gibt eine Fülle an gut aufbereiteten Informationen, die Zugbegleiter erklären bereitwillig jedes Detail, ein Film feiert das Jahrhundertbauwerk … und dann ist auch bald die Dreiviertelstunde um, es geht wieder zurück in den Zug, wo erstaunlicherweise die meisten Mit-Pioniere schon wieder auf ihren Plätzen sitzen, und schnell wieder hinaus ans Tageslicht.

Der Gottardino verkehrt noch bis 27. November, wer noch einen Platz mit Pionierpass ergattern will, muss sich beeilen. Die Fahrt mit dem Gottardino kostet zusammen mit der "klassischen" Bergfahrt über die Gotthard-Route in der ersten Klasse 139 Franken, in der zweiten Klasse 119 Franken.

Text von Bene Benedikt

0 Kommentare

Kommentar schreiben