Familien-Abenteuer im Gebirge

Nacht am Berg: Mit Kindern auf Hütten

Die Übernachtung auf einer Berghütte hat für Kinder einen ganz speziellen Reiz. Wenn sie abends über den Wolken stehen können, es nachts überall knarzt und sie am morgen mitten in den Wolken aufwachen, bevor diese sich verziehen, erleben auch Kinder die Berge noch ein Stück abenteuerlicher.

Nacht am Berg: Mit Kindern auf Hütten
© Imago / Photocase

"Die Zimmer sind schon ein bisschen klein in diesem Hotel", merkt Clara, sechs Jahre, kritisch an. Sie hat mit ihren Eltern gerade das erste Mal ihr Zimmer in einer Berghütte bezogen. Das vermeintliche "Hotel" ist die Rastkogelhütte im Zillertal auf 2124 Metern, und ihr Zimmer hat immerhin nur vier Betten. Die Familie hat es für sich allein. Dass das auf einer Berghütte fast schon Luxus ist, weil man oft nur Platz im Matratzenlager findet, hat sie gerade erst gelernt.

<p>Die erste Nacht auf einer Berghütte bleibt unvergesslich.</p>

Die erste Nacht auf einer Berghütte bleibt unvergesslich.

© Imago / Aurora

Angekommen auf dem Wanderparkplatz hatten suchende Blicke die Runde gemacht: Wo ist unser Hotel? Das Hotel aber ist eine Hütte und dorthin kann man meist nicht mit dem Auto fahren. Man muss sie erwandern, mit Rucksack und Familiengepäck für zwei Tage. Ein wenig skeptisch marschierten die Kinder dann also los über einen von Alpenrosen gesäumten Pfad. Mit jeder Kurve und jedem Hügel wuchs die Spannung, wann sich die Hütte wohl zeigen würde. Bis sie endlich ins Blickfeld gelangte. Sofort stieg das Lauftempo.

Bergwandern allein ist für Kinder oft schon spannend genug. Bergwandern mit Hüttenübernachtung aber ist ein echtes Abenteuer, das man am liebsten mit anderen Kindern teilt. Nur hinaufsteigen und am Berg bleiben können, wenn alle anderen wieder ins Tal absteigen und sich in den Rückreisestau einreihen; sich in aller Ruhe in der Natur austoben, statt hektisch an den Rückweg erinnert zu werden; die Abendstimmung erleben ebenso wie die frühen Morgenstunden, wenn die Gipfel in der tief stehenden Sonne noch lange Schatten werfen – all das sorgt für bleibende Erinnerungen.

Erlebnisraum Hütte

Mal ganz abgesehen vom Erlebnisraum, den die Hütte selbst bietet. Zahlreiche Berghütten haben sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben. Das sind sie vor allem dann, wenn sie auch für Kinder und mit entsprechendem Gepäck leicht zugänglich sind, eine gewisse Anzahl kleinerer Zimmer statt Lager zu bieten haben und die Lage der Hütte für Kinder keine unmittelbaren Gefahren birgt, wie z.B. Absturzgefahr. 

Vielleicht ein kleiner Spielplatz, ein Bach oder Tümpel, sowie weitläufige Spielwiesen und ungefährliche Gipfeltouren in der Umgebung – das bieten zum beispielsweise die Alpenvereinshütten mit dem Gütesiegel "Mit Kindern auf Hütten".

<p>Auf ein ein neues Abenteuer.</p>

Auf ein ein neues Abenteuer.

© Ute Watzl
<p>Sojer's "Ausstiegsriss", zu finden in ALPIN 05/2018.</p>

Sojer's "Ausstiegsriss", zu finden in ALPIN 05/2018.

Für die Aussicht ins Tal oder auf die umliegenden Gipfel und das Panorama dahinter haben die Kinder meist keinen Blick. Die stürmen die Zimmer, erklimmen statt der Gipfel die oberen Etagen der Doppelstockbetten. Für eine Weile gibt es nichts Spannenderes, als das eigene und das Zimmer der Freunde zu erkunden. Und wenn die Hütte ausgewiesen familienfreundlich ist, gibt es auch ein Spielzimmer, das es noch zu entdecken gilt.

Über den Wolken

Draußen wartet das eine oder andere Abenteuer. Aber das muss warten bis zum nächsten Tag, denn 22 Uhr ist Hüttenruhe, 7.30 Uhr gibt’s Frühstück, ausschlafen ist nicht. So gibt die Wirtin deutlich zu verstehen. "Mama, die sind aber streng hier", flüstert der Vierjährige. Der Hüttenalltag auf 2000 Metern ist gut durchgetaktet und lässt wenig Spielraum für Sonderwünsche der Gäste. Der nächste Morgen beginnt trüb. 

"Mama, Deine Berge sind weg", stellt der Sohn mit seinen vier Jahren beim Blick aus dem Fenster fest. Und zeigt auf eine Wand aus Grau. Dass er diesen Nebel hier oben von der Stadt aus gewöhnlich als Wolke wahrnimmt und er jetzt in genau so einer sitzt, übersteigt noch sein Vorstellungsvermögen.

<p>Spielen bei der Holzalm bis zum Sonnenuntergang</p>

Spielen bei der Holzalm bis zum Sonnenuntergang

© Ute Watzl

Dann aber reißt es auf und das Gipfelkreuz am nahegelegenen Kreuzjoch (2336 m) lockt. Übermütig läuft manch einer los. Was es bedeutet, "Kräfte einzuteilen" – es macht wenig Sinn, Kindern das zu erklären. Bei den ersten Murmeltierhöhlen wird sowieso pausiert. Kleine Tümpel laden zum Molche-Fangen ein, Geröllgärten zum Kraxeln. Noch eine Kraxeleinlage und das Kreuz ist erreicht. Die Belohnung gibt es in Gestalt eines wachsamen dicken Murmeltiers unterhalb des Gipfels.

Gipfel in Reichweite

Kind und Tier betrachten einander neugierig, bis sich der pelzige Geselle in seine Höhle trollt. Und was die Kleinen hier oben mitten im Hochsommer nicht erwartet hätten: Schnee! Das kleine Schneefeld dient Rutschübungen und einer ausgelassenen Schneeballschlacht. Und so vergehen fünf Stunden bis zur Rückkehr – für eine Wanderung, die im Normalfall mit zwei Stunden ausgeschrieben ist.

<p>Aufwachen am Berg</p>

Aufwachen am Berg

© Ute Watzl

Schläft man oben auf einer Hütte, ist es bis zum Gipfel nicht mehr weit. So kommen das Gipfelkreuz und die alpine Abenteuerwelt auch für Kinder in Reichweite, ganz ohne Seilbahn und Massentourismus. 

Dass man dafür seine Ansprüche in Sachen Komfort etwas herunterschrauben muss, dass es keine (kostenlose) Warmwasser-Dusche gibt, Steckdosen fürs Smartphone nicht im eigenen Zimmer genauso wenig wie Toilette und Dusche – das alles stört, wenn überhaupt, nur die Eltern und nicht die Kinder. Die brauchen nur das Abenteuer, auch ohne vier Sterne, Spa und Familiensuite.

<p>Urige Zimmer und gemütliche Betten auf der Holzalm</p>

Urige Zimmer und gemütliche Betten auf der Holzalm

© Ute Watzl

Gut zu wissen

Welche Alpenvereinshütten besonders gut auf Familien eingestellt sind, findet ihr zum Beispiel auf der Seite des DAV.

Text von Ute Watzl

1 Kommentar

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Erich Kriegler

Gerade in der heutigen Zeit sollte man völlig darauf verzichten, Kinder mit auf Hütten zu nehmen. Warum? Wie der Studienabbrecher Ziemiak jüngst getwittert hat: "Nicht immer nur an sich, sondern auch an andere denken! Es ist nicht zu viel verlangt. Die Pandemie ist nicht vorbei." Die kleinen Superspreader erfüllen nämlich keinesfalls die hygienischen Mindeststandards...