Durchdacht, robust und (ultra)leicht!

Leichte Rucksäcke im Praxis-Check

Oft geht ein niedriges Gewicht bei Produkten zulasten einer langen Lebensdauer. Nicht so bei diesen vier Leichtrucksäcken, die wir für Sie ausgesucht haben.

Leichte Rucksäcke, Test, Produkttest, Minimalistische Rucksäcke, Alpinrucksäcke, Praxis-Check, Arcteryx Alpha FL, Exped Black Ice 30, Ferrino Radical 30, Montane Hyper Tour 38
© Birgit Gelder

Einen leichten Rucksack zu bauen, scheint ganz leicht. Man nehme ein leichtes Material, specke den Rucksack komplett ab und fertig ist das Leichtmodell. Funktionieren muss er dann aber auch noch. Doch wofür funktionieren?

Alleine beim Eigengewicht vom Rucksack kann man schnell ein Kilo Gewicht einsparen. Das ist eine Menge. Wenn man auch bei der restlichen Ausrüstung auf das Gewicht achtet, hat man schnell ein paar Kilo zusammen. Eine alpine Klettertour mit Übernachtung auf der Hütte und darüber hinaus mit leichtem Seil, leichter Hartware, leichter Bekleidung und leichtem Rucksack kann erstaunlich wenig Gewicht mit sich bringen.

<p>Der Arc’teryx Alpha FL hat keine Lageverstellriemen an den Trägern, was aber nicht nötig ist.</p>

Der Arc’teryx Alpha FL hat keine Lageverstellriemen an den Trägern, was aber nicht nötig ist.

© Birgit Gelder

Und in vielen Fällen heißt wenig Gewicht auch ein geringeres Packmaß. Ein 30-Liter-Rucksack reicht dann für das oben beschriebene Programm voll und ganz aus.

Beim Hüttenzustieg hat man damit etwas weniger Komfort (keine Rückenpolster und "Air-Channels" zur Belüftung am Rückensystem), dafür ist man dann beim Klettern gut aufgestellt mit einem kompakten und leichten Rucksack, in dem die Zustiegsschuhe, die Ersatzbekleidung, die Notfallausrüstung und etwas zu Essen gut Platz finden. Und für den Abstieg wieder die komplette Kletterausrüstung.

Komfort oder nicht

Die Grundfrage ist doch die: Wie viel Komfort ist bei einem maximal acht bis zehn Kilo schweren Rucksack notwendig? Braucht es einen Hüftgurt mit gigantischen Polstern? Braucht es ein ausgeklügeltes Tragesystem?

Bei schweren Lasten unbedingt, aber bei acht Kilo? Wer also bereit ist, auf diesen (unnötigen?) Komfort zu verzichten, erreicht mehr Komfort durch leichteres Gewicht. Alles klar?

<p>Exped: Innen weiß – so findet man seine Sachen schneller, weil es heller ist.</p>

Exped: Innen weiß – so findet man seine Sachen schneller, weil es heller ist.

© Birgit Gelder

Doch zurück zu den Rucksack-Modellen. Auf dem Papier sind einige Rucksäcke superleicht. Auf Basis der Herstellerangaben haben wir einige Modelle geordert. Wenn man dann aber die eigene Waage bemüht und vor allem die Volumenangaben der Hersteller nachmisst, ist leicht auf einmal nicht mehr so leicht. Wir haben unsere Grenze bei einem Gewichtsindex von 25 Gramm pro Liter (nachgemessenem) Volumen gezogen.

Das ist eh schon recht "großzügig". Und schwups, waren zwei Modelle aus dem Testfeld schonmal draußen. Der Haglöfs Roc Helios 25 ist ein robuster und leichter Rucksack, aber mit (nur) 19 Litern Volumen und einem Gewicht von 600 Gramm eben nicht mehr superleicht.

Ähnlich ging es uns beim Millet Pro Lighter 22. Schaut man sich diese beiden Modelle einmal genau an, verwundert das auch nicht. Beide bieten doch ein recht hohes Maß an Komfort und Ausstattung.

Was muss sein?

Doch sind die echten Leichtmodelle dann Folterinstrumente? Überraschenderweise gar nicht. Exemplarisch seien hier die (sich sehr ähnelnden) Modelle von Arc’teryx (Alpha FL) und Exped (Black Ice 30) genannt. Beide haben kein Rückensystem, sondern einfach einen geraden Rücken. Dieser ist nach innen mit einer recht festen und stabilen (aber superleichten) Rückenplatte abgedeckt, sodass der Inhalt des Rucksacks nicht am Rücken drückt.

Überraschenderweise tragen sich die Modelle ziemlich angenehm. Klar, dort wo der Rucksack aufliegt, schwitzt man. Aber tut man das bei den meisten Rückenpolstern nicht auch? Und die Ausstattung? Die Liste ist kurz! Es gibt bei beiden Modellen ein sehr kleines und flaches Fach für Dokumente oder Geld, ein paar Schlaufen, an denen man noch etwas befestigen kann, einen nicht gepolsterten Hüftgurt und einen Brustriemen.

Geschlossen wird der Rucksack mittels Rolltop. Fertig! Das Hauptfach ist ein großes Loch, in das man seine Sachen hineinstopft. Aber beide Modelle sind extrem robust und wasserdicht! Ein sehr interessantes Kriterium.

Der Hyper Tour 38 von Montane geht einen etwas anderen Weg. Montane wählt als Außenmaterial Cuben Fiber, das extrem leicht und doch sehr robust (und auch sehr teuer) ist. Aufgrund der Größe hat der Hyper Tour eine leichte Hüftgurt-Polsterung und auch am Rücken gibt es sehr reduzierte Polster.

<p>Das Volumen des Ferrino Radical 30 lässt sich vom Hüftgurt aus variieren. Dadurch sitzt der Rucksack immer satt am Rücken.</p>

Das Volumen des Ferrino Radical 30 lässt sich vom Hüftgurt aus variieren. Dadurch sitzt der Rucksack immer satt am Rücken.

© Birgit Gelder

Innen im Rücken steckt eine (Not-) Isomatte, die für die Polsterung zum Hauptfach sorgt, die man aber auch herausnehmen kann. Auch der Hyper Tour ist wasserdicht, lediglich der Ausgang für den Schlauch vom Trinksystem ist nicht abgedeckt (was funktionell aber kein Problem ist). Mit einem Gewicht von 12,9 Gramm pro Liter Volumen (in abgespeckter Version) ist der Hyper Tour ein sensationell leichter Rucksack für Spezialisten.

Dyneema-Material

Der letzte Rucksack in dem Reigen kommt von Ferrino. Ursprünglich wurde der Radical 30 für ein paar Athleten in kleiner Stückzahl gefertigt. Nachdem das Leichtmodell aus Dyneema-Material (aus dem Segelbau oder von Bandschlingen bekannt) aber sensationell gut ankam, hat sich Ferrino entschlossen, den Rucksack ins Serien-Sortiment aufzunehmen.

Der Radical hat kaum Polster am Rücken, beim Packen muss man schon sehr sorgfältig agieren. Dafür ist er mit einem Gewichtsindex von 16,2 Gramm auch nochmal leichter als der Arc’teryx.

Das Schöne an all diesen Rucksäcken: Im Gegensatz zu vielen anderen Ultraleicht-Produkten erkauft man sich hier nicht wenig Gewicht dadurch, dass die Produkte keine lange Lebensdauer haben. Im Gegenteil: Alle Modelle sind sehr robust, drei sogar wasserdicht. Man bezahlt das geringe Gewicht mit einem verminderten Komfort. Aber dafür gilt: Wer weiß, was er tut, ist damit garantiert in vielen Lagen sehr gut beraten.

Ihnen ist Gewicht doch nicht so wichtig? Dann werden Sie bei den Tagesrücksäcken fündig.

Text von Olaf Perwitzschky

1 Kommentar

Kommentar schreiben
Hagar

Unbedingt eine Überlegung wert ist auch der 30 L Worksack von CiloGear in der Guide-Variante!

Sehr leicht (komplett "stripbar"), variabel, sehr komfortabel auch bei Überladung und 1a Verarbeitung. Zudem gross für das angegebene Volumen. Ideal für MSL.

Einziger Nachteil: Lieferung ab Werk in Oregon/USA nach Bestellung. Dauert und es kommen Fracht und Zoll obendrauf! Trotzdem eine Empfehlung!