Kletter-Know-how vom Bergführer

Wie spare ich Material bei Mehrseillängenrouten?

Sicher unterwegs sein oder lieber möglichst kein Material am Stand zurücklassen? Die Sicherheit beim Klettern sollte immer Priorität vor materialtechnischen Überlegungen haben! Dennoch verrät ALPIN Test-Chef und Bergführer Olaf praktische Tipps zum "Materialsparen".

Wie spare ich Material bei Mehrseillängenrouten?
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Wie kann ich es anstellen, dass ich nicht an jedem Standplatz Material opfern muss?

Frage von G. Riedler, per Mail: Ich klettere gern Mehrseillängenrouten, am liebsten mit gebohrten Standplätzen. Es kann ja durchaus mal nötig sein, dass man über diese Route auch abseilen muss (Wetterumschwung etc.).

Nicht immer sind am Stand die Bohrhaken miteinander verbunden. Wie kann ich es anstellen, dass ich nicht an jedem Standplatz Material opfern muss?

Sicher unterwegs sein oder lieber möglichst kein Material am Stand zurücklassen?

Antwort von Olaf: In solch einem Fall stellt sich die Frage: Was ist dir wichtiger? Sicher unterwegs sein oder lieber möglichst kein Material am Stand zurücklassen? 

Wenn du auf keinen Fall Material opfern willst, würde ich die erste Person abseilen lassen und die Belastung auf den Haken geben, der günstiger positioniert ist. Den zweiten Haken würde ich dann zu diesem in Reihe schalten.

Der letzte Abseil­ende muss dann halt an dem einen Haken abseilen und die "Hintersicherung" abbauen. Sicherer ist es natürlich, eine Schlinge oder auch nur ein Stück Reepschnur zu opfern.

Wenn du um die Problematik weißt, nimm doch immer eine 8-Millimeter-Reepschnur mit (oder ein Stück von einem alten Halb- oder Zwillingsseil), ca. 120 cm lang und an den Enden verknotet. Auch ein Messer ist in solchen Fällen sehr hilfreich. Damit solltest du für zwei Standplätze auskommen. 

Ich lasse inzwischen lieber mal etwas Material am Stand, als unnötiges Risiko einzugehen. 

Wenn nötig und sinnvoll, lasse ich auch ­einen Karabiner am Stand zurück. Ich habe dazu immer einen alten Karabiner dabei (an dem die Schuhe hängen). Denn je nach Hakenform (Bohrhaken mit "scharfkantiger" Hakenlasche oder geklebter Verbundanker) ist auch das Abseilen an den dünnen Hakenlaschen nicht unbedingt optimal. 

Mehr Fragen von Lesern und Usern sowie die Antworten von Olaf findet Ihr unter: alpin.de/olaf

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Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und Eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter der allseits bekannten Rubrik "Olaf klärt das schon!".

Text von Olaf Perwitzschky

2 Kommentare

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Olaf Perwitzschky

Hallo Heinz,

die Option mit dem Seilstück ist ja nur eine (und die letzte) beschriebene Option. Zuerst beschreibe ich ja genau die Version, die du auch beschreibst.

Und ja nachdem, wie alt die Bohrhaken sind und wie sie positioniert sind, ist das auf jeden Fall eine Option. Viele Kletterer, die Routen einrichten, machen das ja so, dass zwei Fixpunkte mit einem Seilstück verbunden werden. Das dient ja nach Absicherung und Routenverlauf natürlich auch dazu, den Stand besser zu sehen/zu finden. Und wenn ein altes Seil drin hängt, ist diese Verbindung wie ich meine immer noch besser als keine Verbindung der Fixpunkte.

Viele Grüße, Olaf

Langerheinz

Lieber Olaf, manchmal verstehe ich Dich einfach nicht - z.B. dein Tipp mit einem alten Zwillingseil verbinden. Dann haben wir doch über kurz oder lang nur Schrott an den Abseilständen, und jeder fädelt dann noch etwas dazu und spätestens der etwas weniger versierte Kletterer hat dann ein Problem. Mann kann den Bohrhaken testen mit einem verkanteten Karabiner zu drehen versuchen, wenn das passt hält der Bohrhaken den Zweitabseilenden, wenn dieser nicht irgendwelche Pendelübungen vollführt. Auch die neue Bohrhakenbroschüre für Deutschland wird nach meiner Info von nur einem Umlenker ausgehen. Deine restlichen Aussagen passen ja. Berg frei Heinz Buchmann