Sicher auf Bergtour

So gehen Sie sicher im Schrofengelände

"Unbequeme Querungen auf Kies und Schutt im Schrofengelände. Quasi weglose Tour mit anspruchsvollen Schrofenstellen im I. Grad. Ruppiges Gelände und auch ernsthafte Hindernisse an ausgesetzten Schrofen." Solche Sätze kennst du sicher aus so mancher Tourenbeschreibung – und sie klingen auf den ersten Blick nicht gerade einladend – oder? Dabei können Touren über Schrofenhänge durchaus Spaß machen – wenn du weißt, wie du dich dort verhältst. Wir erklären dir, wie du schrofige Passagen erkennst und was du dort beachten musst.

Sicher Gehen & Absteigen im Schrofengelände
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Was sind Schrofen?

Schrofen heißen mancherorts tatsächlich auch Schroffen. Ein passender Name, denn Schrofengelände ist immer steil, oft weglos und meist unangenehm zu gehen – ziemlich schroff eben. Schrofen bezeichnen mit Gras und Felsen oder Geröll durchsetztes steiles Gelände. Je nach Situation ist es mehr ein felsdurchsetzter Grashang oder eher ein grasbewachsener Fels.

Da dieses Gelände so unangenehm zu gehen ist, findest du dort teilweise auch (draht-)seilversicherte Abschnitte. Richtige Wege können hier nur schwer angelegt und erhalten werden. Daher sind Routen durch Schrofengelände oft nur spärlich mit farbigen Punkten markiert – deutliche Wege oder Wegweiser suchst du in der Regel vergeblich.

Bekannte "Schrofentouren" sind zum Beispiel die markante Arnspitze im Wetterstein oder der wilde Treffauer im Kaisergebirge. Manche Berge verdanken diesem besonderen Gelände sogar ihren Namen, wie der Wamperte Schrofen in den Miemingern oder der Sorgschrofen im Allgäu.

Kann ich Schrofengelände in der Landkarte sehen?

Auch die Schwierigkeitsskalen der Bergwege nennen Schrofengelände: So sind in der sechsstufigen Schweizer Bergwegeklassifizierung schrofige Passagen mit mindestens Schwierigkeit T3 = anspruchsvolles Bergwandern bewertet. Auf Routen im Schwierigkeitsgrad T6 findet man laut den Schweizern nicht selten heikles Schrofengelände. In der in Bayern üblichen Klassifizierung werden Touren durch Schrofengelände mindestens als mittelschwer (rot) bewertet.

Kann ich Schrofengelände in der Landkarte sehen? Jein. Es gibt zumindest kein eigenes Symbol und keine eigene Farbe für Schrofen. Du kannst aber aus der Definition (steil, fels- und grasdurchsetzt) ableiten, wo Schrofengelände in der Karte zu finden sein kann.

Nämlich dort, wo die Höhenlinien sehr eng sind (= steiles Gelände) und das Gelände zwischen Fels (weiß mit schwarzen Höhenlinien) und Latschen (braun/grün mit braunen Höhenlinien) abwechselt. Ob deine Route dann wirklich durch Schrofengelände geht, siehst du aber erst vor Ort oder eben in der Tourenbeschreibung.

<p>Der Übergang zwischen „Gehen“ und „Klettern“ ist in Schrofen oft fließend.  </p>

Der Übergang zwischen „Gehen“ und „Klettern“ ist in Schrofen oft fließend. 

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Wie minimiere ich das Risiko im Schrofengelände?

Im Schrofengelände ist Kontrolle alles. Unkontrolliertes Springen, unsichere Schritte oder Stolpern sind hier fehl am Platze. Im Gegensatz zum weglosen Gelände bedeuten Schrofen häufig Absturzgefahr. Und im Gegensatz zum Klettern ist man hier (meist) nicht gesichert. Deshalb sollten sich Anfänger oder besonders Unsichere auch in diesem Gelände langsam an ihre Grenzen herantasten.

Bei einer Tour durchs Schrofengelände solltest du immer auf folgende typische Gefahren achten: Wie wir gelernt haben, sind Schrofenhänge steil – ein Ausrutschen, zum Beispiel auf Abschnitten mit feuchtem Gras, kann hier buchstäblich fatale Folgen haben. Zum Risikomanagement gehört dabei auch der Blick auf den Wetterbericht: Wenn es an den Tagen vor der Tour viel geregnet hat oder es (Nacht-) Frost gibt, ist im Schrofengelände Vorsicht geboten!

Auch Stolpern solltest du in diesem Gelände vermeiden. Das heißt: Geh konzen­triert und achte darauf, wo du hintrittst. Prüfe in Passagen mit lockerem Geröll, ob deine Tritte fest sind. Nutze im Zweifel Stöcke und/oder deine Hände, um dich abzustützen und festzuhalten. Dabei ist es wichtig, dass du so weit wie möglich aufrecht gehst. Denn wenn du dich in Querungen zum Hang lehnst oder in leichter Rücklage absteigst, verlagerst du deinen Körperschwerpunkt – und rutschst schneller weg.

Gutes Schuhwerk ist übrigens Voraussetzung für sicheres Gehen im Schrofengelände. Feste Zustiegsschuhe oder knöchelhohe Bergschuhe sind ideal für Schrofen. Mit Turnschuhen hast du hier nichts verloren. Für Panoramafotos oder den Ratsch mit dem Tourenpartner sollte in diesem Gelände immer Zeit bis zur nächsten Pause sein.

Wer mit Gruppen unterwegs ist: Bei ganz wilden Schrofentouren können ein kurzes Seil und ggf. (Leicht-)Gurte im Rucksack nicht schaden. Damit kannst du heikle Passagen mit einem Fixseil entschärfen oder eine Felsstufe gesichert überwinden. Immer vorausgesetzt, dass es Möglichkeiten für Fixpunkte gibt und du weißt, wie du diese anbringst …

Ideale Begleiter fürs Schrofengelände stellen wir euch in unserem aktuellen Test vor:

Routenwahl & Wegfindung beim Gehen im schrofigen Terrain

Wichtiger als der Blick auf die Karte ist aber der Blick ins echte Gelände. Am besten machst du dir bereits vor einer Schrofenpassage einen Überblick: Wo sehe ich (noch) Markierungen? Falls nicht, wo könnte eine gute Route verlaufen? Du gehst zum Beispiel leichter auf blankem Fels als in Passagen mit "Rollsplit", also kleinteiligem Geröll auf Felsplatten.

Es ist sicherer, auf einem Rücken und nicht in der Mitte einer Rinne zu gehen: So bist du im Fall von Steinschlag aus der Schusslinie. Kurze Kletterpassagen im I. oder II. Grad machen oft den Reiz von Schrofentouren aus. Es kann aber auch sinnvoll oder nötig sein, solche Felsstufen zu umgehen. Bedenke dabei, dass Abklettern meist schwieriger ist als Hochklettern.

Ähnlich wie beim Gehen in weglosem Gelände ist auch im Schrofengelände die Routenwahl immens wichtig. Da es sich hier meist um steiles Gelände handelt, ist die Gefahr von Steinschlag oder Absturz ungleich höher. Zudem sind auf vielen Karten die Schrofen nur noch in Form von Schraffierungen zu erkennen.

Somit ist eine gute Orientierung mit der Karte oft nicht mehr möglich. Deshalb ist jede Information über den Wegverlauf oder die Richtung wichtig, wenn der Verlauf nicht eindeutig ist (wie auf Rücken oder Graten). Seien es entgegenkommende Bergsteiger, die man fragt, markante Wegpunkte oder Angaben vom Hüttenwirt: Alles zählt.

Und wenn die Möglichkeit besteht, schau dir das Gelände von der Ferne gut an und lege eine mögliche Route fest. Merke dir schon so viele markante Punkte wie möglich!

Wie steige ich sicher im steilen Gelände auf?

Im Schrofengelände ist alles anders. Serpentinen im Aufstieg sind nur noch dann sinnvoll, wenn das Gelände den Weg vorgibt. Ansonsten gilt es, den Weg mit dem geringsten Gefahrenfaktor zu wählen. Zweites Kriterium: die Bequemlichkeit.

Wo komme ich am einfachsten, besten und schnellsten hinauf? Festes Blockwerk ist besser als loser, steiler Schotter. Homogenes Gelände besser als ständig wechselnder Untergrund. Oft ist der schnurgerade Weg der beste.

Ganz wichtig: Langsam gehen! Versuche, deinen Rhythmus zu finden, und zwar einen Rhythmus, den du auch längere Zeit durchhalten kannst. Denn: Erst kurze Stellen schnell zurückzulegen, um dann wieder nach Luft ringend stehenzubleiben, ist unökonomisch.

Wie steige ich im Schrofengelände sicher ab?

Schrofen sind unfallträchtig. Das ist wahrscheinlich deshalb so, weil der Übergang zwischen dem ungesicherten Berggehen und dem gesicherten Klettern fließend ist. Im Aufstieg wirst du dich kaum je überfordert fühlen.

Doch dann kann ein Riegel kommen, den du ohne Sicherungsmittel nicht überwinden kannst. Also ist Rückzug angesagt. Dann der erste Blick ins Tal und – oh Schreck – wie schaffe ich das bloß? Also schon beim Aufstieg an den sicheren Abstieg denken.

Marke besonders delikat: Sicherer Abstieg im Schrofengelände fordert Erfahrung. Es gilt zu erkennen: Wo komme ich gefahrlos hinunter, wo geht es weiter, was geht am einfachsten? Auch für den Abstieg gilt: Meist ist es geradeaus hinunter besser als in (zwanghaften) Serpentinen zu gehen. Das Gelände gibt den Weg vor.

<p>Ein taloffener Abstieg hat entscheidende Vorteile: Man sieht das Zielgelände ein und ist wesentlich schneller unterwegs.</p>

Ein taloffener Abstieg hat entscheidende Vorteile: Man sieht das Zielgelände ein und ist wesentlich schneller unterwegs.

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Taloffen (mit Gesicht zum Tal) absteigen, kostet Überwindung, ist aber effizienter. Man hat das "Zielgelände" vor sich und deutlich bessere Übersicht als beim Rückwärts-Abklettern. Erst wenn es annähernd senkrecht wird, ist rückwärts die bessere Wahl.

In Rinnen kann man durch Spreizen und Stützen hervorragend schnell und auch sicher Höhen überwinden. Aber auch das geht nur taloffen.

Diese Technik müsst ihr im steilen Gras und Schotter beherrschen

Die Technik im Misch-Gelände setzt sich zusammen aus Elementen des Gehens und des Kletterns. Die Füße sollten so lange wie möglich auf Reibung stehen, nur selten gibt eine Schuhkante besseren Halt. Auch hier gilt: Kleine Schritte halten fit. Riesige Schritte ermüden und sind meist ungünstig für das Gleichgewicht.

Aufrecht bleiben. Hinsetzen oder sich zum Hang lehnen bewirkt (fast immer) das Gegenteil dessen, was man erreichen will. Außer bei sehr hohen Stufen. Da kann kurzes Abhocken die schnellste und einfachste Methode sein. Aufrecht hat man die stabilste Position und den meisten Druck (und damit Halt) auf den Sohlen.

Sind die Tritte horizontal weit voneinander entfernt, hilft oftmals schnelles Hin- und Herwippen zwischen diesen Tritten. Griffe sollten nicht nach außen belastet werden, sondern möglichst senkrecht nach unten. Dies reduziert die Gefahr, dass Griffe ausbrechen. Meist reicht schon Abstützen mit den Händen. Wer an Griffen ziehen muss, macht häufig zu große Schritte. Gleiches gilt für die Tritte: Möglichst nah am Schwerpunkt belasten.

Mit diesen 10 Tipps vom DAV seid ihr auf eurer nächsten Wandertour sicher unterwegs:

Was sind die Gefahren im Schrofengelände?

Steinschlag ist eine ständige Bedrohung, gerade wenn man in der Gruppe geht oder wenn viele Personen am Berg unterwegs sind. Auch rollende Steine, die nicht frei fallen, können üble Folgen haben. Deshalb bei vertikalem Aufstieg möglichst nahe beieinander bleiben, bei horizontalem Wegverlauf die gefährdeten Zonen einzeln queren. Ganz wichtig ist es auch, die gesamte Lage zu erkennen. Wo droht ein Absturz? Wie sicher gehe ich? Wie sicher gehen die anderen Gruppenmitglieder?

Steinschlag und Erosion haben auch Auswirkungen auf die Wegfindung: In der Karte als markierte Wege eingezeichnete Routen werden zwar regelmäßig von zuständigen Stellen überprüft. Dennoch kann Steinschlag Markierungen an andere Stellen transportieren oder zuschütten. Das ist auch der Grund, warum es im Schrofengelände selten ausgetretene Pfade gibt, allenfalls Wegspuren mit vereinzelten Markierungen.

<p>Typische Schrofen: weglos und immer steiler werdend.</p>

Typische Schrofen: weglos und immer steiler werdend.

© Annemarie Zeller

Daher ist es wichtig, dass du dich im Vorfeld über deine Route informierst: Wo läuft die Route laut Karte? Was steht in der Tourenbeschreibung? Gerade für längere Schrofenpassagen ist es sehr nützlich, einen GPX-Track und Offlinekarten dabeizuhaben. Und: Nicht jede steile Stelle kann gesichert werden. Werden Gruppenmitglieder unsicher, hilft nur eins: umkehren.

Muss ich beim Gehen im weglosen Gelände auf Naturschutz achten?

Abschließend noch ein Wort zum Naturschutz: Selbst wenn es schwer vorstellbar ist, auch steile, karge Schrofenhänge sind Lebensort von Pflanzen und Tieren. Sie haben dort ein hartes Leben: Pflanzen brauchen zum Teil Jahre, um sich auf Geröllhalden oder an Windkanten anzusiedeln. Tiere und Insekten haben im Steilgelände nur wenige Bereiche, in den sie Schutz suchen können.

Bedenke dies, wenn du dich auf "Schrofentouren" außerhalb von offiziell ausgeschilderten Routen bewegst. Außerdem sind weglose Abenteuer in Naturschutzgebieten oder eigene Routen in Schongebieten tabu. Schrofen sind vielleicht schroff, aber ein spannendes, abwechslungsreiches Gelände für geübte Bergsteiger.

Text von Olaf Perwitzschky, Annemarie Zeller

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