Online-Extra zum großen Interview in ALPIN 03/2008

"Bergsteiger sind starke Individualisten"

Unter Christian Boningtons Leitung geland 1975 zum ersten Mal die Durchsteigung der Südwestwand des Mount Everest. Der vielseitige Kletterer hat im Interview mit ALPIN-Redakteur Dirk von Nayhauß zu vielen Fragen Farbe bekannt. Auf alpin.de präsentieren wir Ihnen bereits jetzt exklusiv spannende Antworten von Christian Bonington.

"Bergsteiger sind starke Individualisten"
Chris Bonington. Foto: Von Nayhauss.
Chris Bonington. Foto: Von Nayhauss.

ALPIN: Bekannt wurden Sie vor allem als Leiter der großen Expeditionen an der Annapurna-Südwand und der Everest- Südwestwand. Am Everest hatten Sie 16 Bergsteiger und 60 Sherpa-Hochträger dabei.

Bonington: Ich bin Pragmatiker: In den 70er-Jahren schien dies der einzige Weg zu sein, diese gigantischen Wände zu durchsteigen. Aber insgesamt habe ich nur drei derart große Expeditionen geleitet, und bei keiner von ihnen habe ich selbst den Gipfel erreicht, sondern nur einige Bergsteiger meines Teams.

ALPIN: Warum haben Sie es dann überhaupt gemacht?

Bonington: Ich gehe gerne Berge und Wände an, bei denen ein Erfolg nahezu unmöglich erscheint. Es war eine sehr interessante Herausforderung, diese großen Expeditionen zu führen, die Logistik zu organisieren. Aber wenn man die pure Freude am Klettern erleben will, ist ein kleines, flexibles Team am besten.

ALPIN: Hat es Ihnen Spaß gemacht, diese großen Expeditionen zu leiten?

Bonington: Das ist keine Freude, das ist unglaublich schwer. Bergsteiger sind starke Individualisten: Es ist schwierig, mit ihnen ein funktionierendes Team zu bilden. Alle wussten ja, dass nur wenige die Chance auf den Gipfel haben würden. Infos, Daten, Fakten zu Sir Chris Bonington ALPIN: Wie haben sie es geschafft, dass sie das akzeptieren?

Bonington: Du brauchst vorher einen klaren Plan und musst diesen Plan dem Team darlegen. Du musst dir die Mitglieder vorher genau aussuchen und Sorge tragen, dass sie sich in die vorgesehene Teamstruktur einfügen - was dann nicht allen leicht gefallen ist, natürlich gab es Reibereien. Du brauchst vor allem den Respekt des Teams und das Vertrauen, dass unter deiner Leitung das große, gemeinsame Ziel erreichbar ist. Dann können die meisten auch Entscheidungen akzeptieren, die ihnen eigentlich nicht gefallen.

"Ich gehe gerne Berge und Wände an, bei denen ein Erfolg nahezu unmöglich erscheint." Foto: Archiv Bonington.
"Ich gehe gerne Berge und Wände an, bei denen ein Erfolg nahezu unmöglich erscheint." Foto: Archiv Bonington.

ALPIN: Wie viele erreichten 1975 den Gipfel des Mount Everest?

Bonington: Vier waren oben, ein fünfter, Mick Burke, kam in der Gipfelregion um, vermutlich ist er durch eine Schneewechte gebrochen. Wäre nicht ein Sturm aufgekommen, wäre Mick nicht gestorben - sicher hätten es zehn Leute durch die Südwestwand bis nach oben geschafft.

ALPIN: Sie selbst kamen damals auch nicht mehr rauf.

Bonington: So war es eben, der Erfolg der gesamten Expedition war mir am wichtigsten.

ALPIN: Wussten Doug Scott und Dougal Haston von Anbeginn, dass sie als erste eine Chance bekommen sollten?

Bonington: Nein, das hatte ich für mich behalten. Sie haben es vielleicht vermutet, aber sie wussten es nicht.

ALPIN: Hatten Sie den anderen gegenüber ein schlechtes Gewissen?

Bonington: Nein, im Leben hat nun mal nicht jeder die gleichen Chancen. Du suchst dir die besten Leute, um dein Ziel zu erreichen, das ist überall so. Und als Leiter einer Expedition musst du rationale Entscheidungen treffen. Nick Estcourt war einer meiner besten Freunde, aber ich hätte es nicht zugelassen, dass unsere Freundschaft meine taktischen Überlegungen beeinflusst.

Das gesamte Interview lesen Sie in ALPIN 03/2008! Infos, Daten, Fakten zu Sir Chris Bonington Weitere Online-Extras der Interviewserie extrem ehrlich: