Eigentlich hatten die drei geplant, den Geynyen zwischen China und Tibet über eine neue Route zu besteigen.
Walter Nones im "Stern"-Interview: "Wir wollten eine neue Route ausprobieren. Aber China gab uns wegen der Lage in Tibet keine Erlaubnis. Also wurde es der Nanga Parbat. Den Aufstieg über die Rhakiot-Wand hatte noch keiner gewagt."
Am 14.07. starteten Karl Unterkicher, Walter Nones und Simon Kehrer ihren Aufstieg. Tags darauf stürzte Unterkicher in eine Gletscherspalte und verstarb .
Kehrer: "Als ich Karls Gesicht sah, wusste ich, dass nichts mehr zu machen ist"@(zwischenHeadlineTag)>
Simon Kehrer erzählt von von dem Moment als es passierte: "Ich rief: 'Karl pass auf!' Plötzlich war er weg. Einfach weg. Er stand wohl auf einem riesigen Eisblock, der einfach weggebrochen ist. Dass so ein Monstrum wegbricht, passiert so gut wie nie. Da ist ein Sechser im Lotto wahrscheinlicher."
Kehrer wollte sich so schnell wie möglich zu dem Verunglückten abseilen. Problem: Die drei hatten nur ein Seil dabei. Und das war mit Karl Unterkicher in der Gletscherspalte verschwunden.
Daher musste improvisiert werden: "Ich hatte die Idee, unsere Seilschlaufen aufzuschneiden und aneinanderzuknoten." Kehrer seilte sich dann ab: "Das ging nur quälend langsam, weil ich jeden dieser verdammten Knoten durch den Karabiner quetschen musste."
Unten angekommen fehlte zunächst jede Spur von Unterkicher, wie weiter Kehrer berichtet: "Ich wollte schon aufgeben, doch dann habe ich mit dem Eispickel systematisch weiter im Schnee gestochert. Zwei, drei Meter vor mir spürte ich auf einmal etwas Weiches und habe mit bloßen Händen weitergeschaufelt. Erst kam sein Rucksack zum Vorschein - und darunter lag Karl. Als ich Karls Gesicht gesehen habe, wusste ich, dass da nichts mehr zu machen ist. Er sah irgendwie glücklich aus. So wie ich ihn kannte. Glücklich, ja."
Der "Stern" fragt, ob sich Kehrer in diesem Moment schuldig gefühlt habe. Antwort: "Ich habe gedacht: 'Hätten wir doch zwei Seile mitgenommen. Dann wäre ich schneller bei ihm gewesen, dann hätte ich vielleicht noch was tun können. Wir hatten das vorher diskutiert, aber waren uns dann einig: zu viel Gewicht."
In den folgenden Tagen ließen Nones und Kehrer die Gedanken an den toten Freund nicht los.
Zwei Nächte verbrachten sie in unmittelbarer Nähe der Unfallstelle: "Mitten in der Nacht", erzählt Nones, "schien es uns beiden, als pfiffe draußen jemand. Als schleiche da jemand ums Zelt. Wir sind gleich hinausgestürzt, aber da war nichts."
Nones: "Der Tote hätte auch ich sein können"@(zwischenHeadlineTag)>
Am 18.07. stiegen sie weiter über die Rhakiot-Wand auf, da ihnen der Rückweg versperrt war. Am 20.07. verließen sie die Wand und begannen den Abstieg über die Buhl-Route. Dort wurden die beiden schließlich am 24.07. gegen 12:00 Uhr mittags von einem Hubschrauber ausgeflogen.
Dass die beiden nun wieder zu Hause im Kreise ihrer Liebsten sind, während Karl Unterkicher für immer in der Gletscherspalte am Nanga Parbat bleiben wird, erfüllt sie mit großer Trauer. Schuldgefühle wollen sie sich jedoch nicht einreden lassen, wie Walter Nones erzählt: "Dass meine kleinen Söhne ihren Vater umarmen konnten und Karls Kinder nicht, das ist sehr bitter. Das hat Karl ja in seinem Tagebuch geschrieben: 'Wir sind geboren, und eines Tages werden wir sterben. Dazwischen liegt das Leben. Wir sind in Gottes Hand, wenn er ruft, dann müssen wir gehen.'
Aber es ist Teil des Schicksals, auf das wir keinen Einfluss haben. Wir waren gut trainiert, hatten alles sorgfältig geplant. Deshalb will ich mir keine Schuldgefühle einreden lassen. Der Tote hätte auch ich sein können."
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